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Leere Versprechen – Warum private Garantien in der Altersvorsorge bei näherer Betrachtung keinen Wert haben

Niels Nauhauser hat uns den folgenden Beitrag über die VGSD-Arbeitsgruppe Rentenpflicht zur Verfügung gestellt.

Nauhauser ist Abteilungsleiter des Fachbereichs Altersvorsorge, Banken, Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Nach Bankausbildung und BWL Studium an der Universität Mannheim war er bei der Unternehmensberatung McKinsey im Bereich Research tätig.

Autor: Niels Nauhauser ist bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg als Abteilungsleiter u.a. für das Thema Altersvorsorge verantwortlich

Seit 2004 ist er bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beschäftigt, zunächst als Berater und als Referent. Daneben war er in der Lehre unter anderem als Dozent an der Frankfurt School of Finance und an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg aktiv. Zusammen mit Werner Bareis hat er im Jahr 2008 das „Lexikon der Finanzirrtümer – teure Fehler und wie man sie vermeidet“ veröffentlicht.

 

Warum private Garantien in der Altersvorsorge bei näherer Betrachtung keinen Wert haben

Die Altersvorsorge soll sicher sein, richtig? Bloß kein Risiko! Schließlich brauchst Du das Geld im Rentenalter zum Leben. Das soll auch ein großer Vorteil bei der Riester-Rente sein, denn hier hat der Gesetzgeber extra Vorschriften für eine hohe Sicherheit erlassen. Die Anbieter von Riester-Verträgen müssen garantieren, dass die geförderten Beiträge und die Zulagen ohne Verluste für eine Rente zur Verfügung stehen. Wenn ein privater Versicherer auch noch garantiert, Dir sicher mindestens 1,25% Zinsen zu zahlen, umso besser.

Faktische Halbierung der Kaufkraft

Solche Garantien überzeugen allerdings nur auf den ersten Blick. Sie sind bei näherer Betrachtung für die Altersvorsorge weder notwendig noch entscheidungsrelevant. Entscheidend ist nicht, dass der eine Euro, den Du heute einzahlst, in 40 Jahren noch da ist. Stattdessen kommt es darauf an, was Du Dir für eine spätere Rente aus der privaten Altersvorsorge kaufen kannst. Eine Kapitalerhaltsgarantie blendet den Kaufkraftverlust Deiner Sparbeiträge aufgrund von Preissteigerungen komplett aus. Eine solche Garantie erweckt den Anschein einer Sicherheit, die sie nicht bieten kann. So führt beispielsweise bereits eine Inflationsrate von 1,75 Prozent dazu, dass die nominale Kapitalerhaltsgarantie eines Anlagebetrages nach 40 Jahren faktisch einer Halbierung der Kaufkraft des Anlagebetrages gleichkommt. Dann kannst Du Dir also 40 Jahre später nur die Hälfte von der ersparten Anlagesumme kaufen. Eine sichere Anlage ist das gewiss nicht.

Kreative Berater

Selbst die Garantie eines bestimmten Zinssatzes (Garantiezins) ist bei näherer Betrachtung nicht unbedingt verlässlich. Denn die Höhe der Erträge der Kapitalmärkte ist gerade auf lange Sicht ohnehin eine ungewisse Größe. Was passiert, wenn private Anbieter Garantien geben, die sie später nicht einhalten können oder wollen, erleben wir von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg seit einigen Jahren in unserer Beratungspraxis. Bausparkassen, die Bausparverträge mit hohen Guthabenzinsen und attraktiven Bonuszinsen vor langer Zeit verkauft haben, wollen diese Verträge nun mit allen Mitteln loswerden. Da werden Vertreter losgeschickt, um die Verträge umzustellen und geltende Geschäftsbedingungen werden plötzlich besonders kreativ zugunsten der Bausparkasse ausgelegt, damit keine Bonuszinsen gezahlt werden müssen. Sogar das Gesetz wird neu ausgelegt, um Kündigungsansprüche zu begründen, von denen vertraglich nie die Rede war.

Langfristige Zinsgarantien können nicht erfüllt werden

Vor zwei Jahren musste eigens ein neues Gesetz erlassen werden zur Stabilisierung der Lebensversicherer. Ergebnis: Altkunden bekommen weniger ausgezahlt, das Geld wird gebraucht, um Garantien in den nächsten Jahren noch bezahlen zu können. Diese Fälle zeichnen den Anfang einer Entwicklung vor, die darauf zurückzuführen ist, dass Zinsgarantien von privaten Anbietern bei langfristigen Sparverträgen nicht erfüllt werden können, wenn die Kapitalmärkte die Erträge nicht hergeben. Ein solcher Garantiezins wäre für Dich als Sparer nur dann wirklich wertvoll, wenn das tatsächliche Zinsniveau im Durchschnitt des Anlagezeitraums deutlich unterhalb des garantierten Zinssatzes liegt.

Beispiel: Dir hat man 2 Prozent Zinsen pro Jahr garantiert und am Markt gibt es dauerhaft mit relativ sicheren Wertpapieren nur 1 Prozent. In einem solchen Szenario aber, wenn Versicherer Zinsen garantieren, die sie am Markt nicht erwirtschaften können, ist die Garantie nicht sehr lange werthaltig, weil die Unternehmen nicht endlos für diese Verluste geradestehen können. Schon heute lässt § 314 Versicherungsaufsichtsgesetz zu, dass „die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen“ kann.

Es gibt keine Kapitalanlage ohne Risiko, aber das ist kein Problem

Damit ist ein Garantiezins nicht so entscheidungsrelevant, wie viele das heute meinen. Er ist auch längst nicht so verlässlich, wie es seitens der Branche suggeriert wird. Klar ist: Die tatsächlichen Erträge aus jeder Kapitalanlage hängen grundsätzlich und vor allem von dem Risiko ab, das der Anleger mit seiner Kapitalanlage trägt. Je mehr Risiko der Anleger trägt desto höher sollte er dafür entlohnt werden. Das sagen nicht nur Theoretiker aus der Finanzmarktforschung, das haben sie auch in vielen Studien belegt.

Ist das Risiko also ein Problem? Nein, es ist vielmehr die Bedingung für gute Renditechancen, zumindest wenn man es richtig angeht. Es ist also in der Kapitalanlage vollkommen unvermeidlich! Es gibt keine Kapitalanlage ohne Risiko. Durch die Streuung der Risiken auf verschiedene Anlageklassen und auf noch mehr verschiedene Herausgeber von Anlageinstrumenten können Ausfall- oder Verlustrisiken auf Wertschwankungsrisiken reduziert werden. Nur eine sehr breite Streuung schließt langfristig auch real Wertverluste aus. So war das zumindest in den letzten 200 Jahren. Die Streuung ist der Schlüssel zur Sicherheit wie auch zur Rendite, die Garantie eines Anbieters auf dem Papier ist bedeutungslos.

Was heißt das nun für meine Altersvorsorge?

Dieser Artikel beschäftigt sich nur mit dem Thema Garantien. Wie Du die Planung Deiner Altersvorsorge am besten angehst, welche Produkte dafür in Frage kommen und von welchen Du besser Abstand nimmst, kannst Du hier bei der Verbraucherzentrale nachlesen.

Was heißt das nun für die politische Entwicklung?

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg setzt sich seit einigen Jahren für die Einführung eines staatlich organisierten Vorsorgefonds ein, der die Klientelpolitik in der Altersvorsorge zu Gunsten der Finanzlobby beendet. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen die Möglichkeit erhalten, über einen breit diversifizierten und kostengünstigen Vermögensaufbau für ihr Alter vorzusorgen. Mehr dazu findest Du hier.

Unsere Arbeitsgruppe Rentenpflicht verfolgt laufend (u.a. in einer eigenen tagesaktuellen Presseschau) die Diskussion zum Thema Rentenpflicht. Parallel arbeiten wir an einem Positionspapier und weiteren Maßnahmen. Bitte unterstütze uns durch deine Mitgliedschaft im VGSD und/oder durch Mitarbeit in der Arbeitsgruppe.

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