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Was machst Du am 19. März 2016? – Elke Köpping

Diese Frage stellen wir anlässlich des equal pay day verschiedenen Mitgliedern. Heute: Elke Koepping, 44 Jahre alt, Sprecherin (Voice Over) und Texterin aus Berlin.

Die Kreativunternehmerin ist seit 13 Jahren selbständig und gründete zusammen mit ihrem Teamkollegen Sascha Riecken 2014 die Firma „die audiografen“ für Voice Over und Sounddesign. VGSD-Mitgliedern ist sie als Moderatorin und Co-Moderatorin zahlreicher Telkos bekannt. Bis 2014 war sie der Auffassung, dass  der Equal Pay Day sie gar nichts anginge.

Elke Köpping

VGSD: Was machst Du am 19. März 2016?

Elke Köpping: Ich bin Teil des Kabarett-Duos „Die MIME*sissies“ und bin gemeinsam mit meiner Kabarett-Partnerin Cornelia Fleck ihm Rahmen des Münchener Aktionsbündnisses zum Equal Pay Day für Aktionen auf dem Marienplatz gebucht. In diesem Jahr wird eine besondere Münchener Tradition aufgegriffen: das traditionelle Geldbeutelwaschen im Fischbrunnen. Üblicherweise demonstrieren der Bürgermeister und Stadtkämmerer damit die leeren Kassen der Stadt vor Beginn des neuen Geschäftsjahrs. Symbolisch soll so neues Geld via Bund und Land ins Stadtsäckel gespült werden.

Dreharbeiten EPD-Dreh für Watch-Salon

Das Aktionsbündnis greift dies zum Equal Pay Day auf und kehrt die Forderung um: der 19. März ist der 79. Tag des Jahres. Bis zu diesem Zeitpunkt haben Frauen wegen eines statistisch gesehen geringeren Verdienstes von 22 % gegenüber Männern – in Bayern sind es sogar 25 % – komplett umsonst gearbeitet. Ab dem 19. März kommt in diesem Jahr symbolisch also überhaupt erst Geld in ihre Haushaltskasse. Frauen werden aufgefordert, ihre leeren Geldbeutel zu spülen, um so auf ihre chronisch leereren Kassen hinzuweisen.

Verkleidet als Appel und Ei

Wir MIME*sissies führen nach den obligatorischen Reden der Honoratiorinnen einen Aktionszug zum Fischbrunnen an, wo wir ein Liedchen trällern und dann das Geldbeutelwaschen anschieben. Übrigens sind wir verkleidet als Appel und Ei, in der Hoffnung, dass das genauso witzig rüberkommt, wie wir uns das im Moment so vorstellen.

Frauen arbeiten in den sogenannten „traditionellen Frauenberufen“ häufig nur „für einen Appel und ein Ei“, etwa in der Pflege und in der Erziehung. Das ist einer der Gründe für die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern. Diese Arbeit ist wichtig für unsere Gesellschaft, sie sollte besser wertgeschätzt und damit höher honoriert werden. Das mit „Appel und Ei“ haben wir wörtlich genommen.

Abgesehen davon findet wie schon im letzten Jahr wieder die #Bartgeld-Fotoaktion statt. Übrigens können Frauen – und sehr gerne auch Männer! – schon jetzt bei der Twitter-Aktion mitmachen: Bart ankleben, Foto machen, posten unter #Bartgeld #EqualPayDay. Damit fordern wir: Bargeld statt Bartgeld!

Wann? - 15 bis 17 Uhr

Wo? - Marienplatz, München

Flyer mit weiteren Infos

VGSD: Seit wann engagierst Du Dich im Rahmen des equal pay day?

Elke: Ehrlich gesagt erst seit dem Jahreswechsel 2014/15, als wir vom Journalistinnenbund angefragt wurden, einen witzigen Video-Clip zur #Bartgeld-Aktion zu drehen. Ich habe jahrelang immer gedacht: „Naja, ich als Freiberuflerin und Künstlerin, mich betrifft das doch gar nicht. Das ist doch nur was für Angestellte. Ich krebse doch so oder so rum.“ Und natürlich war ich auch wie immer mit 1000 Projekten gleichzeitig beschäftigt, so dass für ein darüber hinausgehendes politisches Engagement bei mir gar nicht so wahnsinnig viel Zeit bleibt.

Verstecktes Honorargefälle, zum Teil hausgemacht

VGSD: Werden nach deiner Erfahrung selbstständige Frauen auch schlechter bezahlt oder ist die Ungleichbehandlung hier geringer als bei Angestellten?

Antwort: Ich denke, es gibt auch hier ein verstecktes Honorargefälle, das zum Teil hausgemacht ist: Frauen sind in ihren Honorarforderungen weniger selbstsicher und werden seltener für Führungspositionen angefragt, bewegen sich daher in niedrigeren Einkommensklassen. Die Künstlersozialkasse hat eine Statistik für das Jahr 2015 veröffentlicht, nach der ihre weiblichen Mitglieder rund 4000 Euro unter dem jährlichen Durchschnittseinkommen der männlichen lagen.

Das ist übrigens auch in den darstellenden Künsten ein Thema, das z.B. den RegieseurInnen-Zusammenschluss ProQuote-Regie sehr stark umtreibt. Es gibt nur sehr wenige Regisseurinnen bei Film, Fernsehen oder Theater im Verhältnis zur Überzahl der männlichen Kollegen. Ganz zu schweigen von Intendantinnen, Geschäftsführerinnen etc. Auch männliche Schauspieler können im Film- und Fernsehbereich wesentlich höhere Gagen aushandeln und sind z. B. auf dem Theater viel gefragter als Frauen. Was Außenstehende oft gar nicht so bemerken: die klassischen Theaterstücke enthalten wesentlich mehr Männer- als Frauenrollen.

Auch in unserer Branche nehmen Frauen häufiger Auszeiten vom Job für die Kindererziehung oder reduzieren die wöchentliche Arbeitszeit, das ist nicht anders als bei Angestellten. Sie befinden sich dabei als Selbständige aber in einer wesentlich prekäreren Situation. Ich habe übrigens das Gefühl, dass die Ungleichbehandlung hier sogar noch größer ist als in anderen Teilen der Arbeitswelt. Wie wir an den öffentlichen Debatten um die Diversität der Oscar-Verleihungen merken, wird die Welt von Theater, Film und Fernsehen von männlichen Jurys und Besetzungsentscheidern dominiert, die Projekten von Frauen sehr geringe Wertschätzung entgegenbringen. Das schlägt sich auch in unserem Portemonnaie nieder.

Quote und vorher festgelegte Preisliste sind Lösungsansätze

VGSD: Wie lässt sich das Gefälle verringern, kann die Politik dazu einen wirksamen Beitrag leisten, der sich nicht darin erschöpft, die Bürokratie weiter aufzublasen?

Elke: Ja, ich bin eine große Verfechterin der Quote. Auch wenn sich anfangs auf beiden Seiten schwergetan wird: 30% sind das Minimum und aus meiner Sicht lange nicht genug. Im Job sollten gleichberechtigte Karrieremöglichkeiten für Frauen bestehen. Das ist erst möglich, wenn ein gewisser Gewöhnungseffekt eintritt und alle feststellen: ja, Du lieber Himmel, ist ja gar nicht so schlecht, mehr mit Frauen zusammen zu arbeiten. Schließlich stellen wir die Hälfte der Gesellschaft. Also wollen wir auch genauso gleichberechtigt daran teilhaben. Ich verstehe gar nicht, wie irgendjemand auf die Idee kommen könnte, dass das nicht völlig normal ist.

VGSD: Hast Du einen guten Tipp: Was kann man als Einzelne konkret tun um höhere bzw. gleiche Honorare zu erzielen?

Elke: Meine Lösung ist z.B. eine festgelegte Preisliste für meine Jobs als Sprecherin. Ich orientiere mich an berlinweit üblichen Werten für meine Tagessätze. Und kann dann ruhigen Gewissens diese Preise nennen, wenn danach gefragt wird. Ich laufe so nicht Gefahr, meiner Angst nachzugeben, dass ich den Auftrag vielleicht wegen eines zu hohen Preises nicht bekomme. Es steht ja schwarz auf weiß in dieser Preisliste. Das lässt mich wesentlich entspannter verhandeln. Auch für meine Projekte als Texterin in der freien Wirtschaft handhabe ich das so, dass ich vordefinierte Tagessätze habe. Die werden zwar an Firmen- und Projektgröße noch angepasst, aber ich verkaufe mich nicht mehr unter Wert.

Veranstaltungstipp

Das Kabarett-Duos „Die MIME*sissies“ mit Elke Köpping und Cornelia Fleck tritt auch im Rahmen von „Blickpunkt Spot“ am 11.04.2016 in München auf:

  • Wo? - Im "Vereinsheim", Occamstr. 8, 80802 München (Schwabing)
  • Wann? - Start: 19.30 Uhr, Eintritt: 8 Euro

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