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Netzwerktag für Selbstständige mit Barcamp am 14. + 15. Oktober 2024
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Diese Anliegen habt ihr uns für den morgigen Termin bei Andrea Nahles mitgegeben

Als wir vor einer Woche über die Einladung zu einem Kamingespräch bei Andrea Nahles berichtet haben, hatten wir Euch eingeladen, uns in Form eines Kommentars eure Wünsche und Anliegen als „Reisegepäck“ mitzugeben. Rund 30, teils sehr ausführliche Kommentare sind zusammengekommen, wir haben sie im Rahmen der Vorbereitung des morgigen Termins aufmerksam gelesen und fassen die wichtigsten Punkte  im Folgenden zusammen.

Unser Reisegepäck nach Berlin ist mit Argumenten gut gefüllt

Rentenversicherungspflicht

Die meisten Kommentatoren wünschen sich eine freie Wahl der Altersvorsorge, „keine Zwangseinweisung in die DRV“. Wo sich Kommentatoren mit einer Rentenversicherungspflicht abfinden könnten, machten sie dies davon abhängig, dass zwingend auch Beamte einbezogen werden.

Der am häufigsten genannte Punkt zu der von Andrea Nahles geplanten Rentenversicherungspflicht: Bestehende Altersvorsorge darf nicht gefährdet werden. Ansonsten werden diejenigen bestraft, die versucht alles korrekt gemacht und für ihr Alter vorgesorgt haben. Auf Unverständnis würde auch stoßen, wenn die eigens für Selbstständige geschaffene Rürup-Rente nicht als Altersvorsorge anerkannt würde.

Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass die Selbstständigen langfristige Verpflichtungen eingegangen sind und ihre Beiträge oder Immobilienkredite weiter bedienen müssen. Sollte eine Versicherungspflicht kommen, sollen zudem alle bei Inkrafttreten über 50 Jährigen, besser alle über 45 ausgenommen werden, da für sie die Zeit nicht reicht, um in der DRV eine ausreichend hohe Rente aufzubauen, wenn sie bisher auf andere Formen der Vorsorge gesetzt haben.

Betont wurde von vielen, dass sich die Rentenversicherungsbeiträge an der finanziellen Leistungsfähigkeit (sprich am Gewinn) orientieren müssen und die Beitragshöhe sich bei Einkommensschwankungen mit geringem bürokratischem Aufwand anpassen lassen sollte. Auf keinen Fall dürfe es wie bei der Krankenversicherung hohe Mindestbeiträge geben. Ansonsten würden viele arbeitslos werden und in Grundsicherung geraten – und zwar jetzt und nicht erst im Alter. Auch müssten die Beiträge in vollem Umfang steuerlich anerkannt werden.

Auf jeden Fall müsse verhindert werden, dass die Einführung einer Rentenpflicht von der DRV missbraucht wird, um eine flächendeckende Prüfung der neuen Mitglieder in Hinblick auf Scheinselbstständigkeit oder Rentenversicherungspflicht durchzuführen, um Nachzahlungen von Auftraggebern zu generieren. Die Einführung müsse mit diesbezüglich mit einer „Anmestie“ verbunden werden.

Scheinselbstständigkeit

Mindestens ebenso viele Kommentare wie zur Rentenpflicht gab es zum Thema Scheinselbstständigkeit: Wir sollten hier nicht mehr von Rechtsunsicherheit sprechen, meine ein Kommentator, sondern von Behördenwillkür.

Viele berichteten, dass sie aufgrund der Unsicherheit mit massiven Auftragsverlusten zu kämpfen haben, die ihnen Existenzängste bereiten und zu einer deutlichen Verschlechterung ihrer Altersvorsorge führen.

Allgemeines Unverständnis herrscht darüber, dass es der Politik nicht gelingt, eine klare Regelung zu schaffen. Dafür wurden immer wieder die Honorar- bzw. Einkommenshöhe als Positivkriterium genannt, auch auf die Anzahl der Kunden wurde mehrfach Bezug genommen. Auf Unverständnis stößt auch bei vielen, dass die Politik zunächst ihre Existenzgründung  gefordert und gefördert hat und ihnen nach erfolgreichem Aufbau nun ihre Selbstständigkeit praktisch unmöglich macht. Dabei gäbe es für über 50 Jährige oft keine bessere Alternative zu einer Selbstständigkeit. Mehrere sagten, dass die DRV-Praxis praktisch auf ein Verbot der Selbstständigkeit hinauslaufe.

Nur noch Werkverträge zu erlauben - wie das de facto durch die DRV-Praxis heute vielfach der Fall ist - ginge an der Arbeitswirklichkeit vorbei. Angesichts komplexer Projekte müssten weiterhin auch Dienstverträge und eine Bezahlung nach Stunden oder Tagen möglich bleiben.

Statt dessen würden bisher gut bezahlte und gut für ihr Alter vorsorgende Selbstständige in Zeitarbeit gedrängt. Zeitarbeitsfirmen seien die großen Gewinner dieser Entwicklung. Auftraggeber und Auftragnehmer hätten nur Nachteile. Profitieren würden auch ausländische Dienstleister und Selbstständige, da Projekte zunehmend ins Ausland verlagert würden.

Krankenversicherungsbeiträge

In einem Papier, das bisher allerdings noch nicht beschlossenen wurde, verbindet die SPD-Bundestagsfraktion die Forderung nach einer Rentenversicherungspflicht für Selbstständige mit der nach einer Absenkung der Mindestbeiträge zur Krankenversicherung. Eine solche Absenkung wird in zahlreichen Kommentaren gefordert, denn eine Gleichbehandlung mit Angestellten an dieser Stelle ist Voraussetzung für eine verbesserte Altersvorsorge.

In mehreren Kommentaren wurde darauf hingewiesen, dass das Problem damit allerdings nur zur zum Teil gelöst ist: Rund die Hälfte der Selbstständigen hat sich – teils aufgrund der hohen GKV-Beiträge – privat krankenversichert, profitiert also nicht von der Absenkung. Auch die privat Versicherten müssten also entlastet werden oder die Möglichkeit zur Rückkehr in die GKV erhalten.

Öffentliche Hand als Auftraggeber

Politiker mokieren sich oft über unzureichende Honorare in der Privatwirtschaft. Tatsächlich ist es aber häufig der Staat selbst, der durch niedrige Honorare, Pauschalsätze pro Kopf (z.B. bei Integrationslehrern) oder eine nur am niedrigsten Angebotspreis ausgerichtete Ausschreibungspraxis dafür sorgt, dass direkt oder über Auftragnehmern beschäftigte Selbstständige sehr wenig verdienen.

Aber auch beim Thema Scheinselbstständigkeit geht der Staat nicht immer mit gutem Beispiel voran. So wurden wir gebeten, die Ministerin einmal nach der Beschäftigung von IT- und andern Freelancern beim BMAS und der ihm unterstellten Bundesagentur für Arbeit zu fragen. Die Ministerien, die Bundesagentur und sogar die Deutsche Rentenversicherung (!) beschäftigen gerüchteweise Selbstständige in einer Form, die bei privaten Unternehmen wohl als scheinselbstständig verfolgt würde. Es darf aber nicht sein, dass für den Staat andere Regeln gelten als für die Bürger.

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