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Nachfolge durch Share- oder besser Asset-Deal? – Dr. Stefan Borchert antwortet

Antje aus Bocholt hat die Chance, als Meisterin die Handwerks-GmbH ihres Chefs zu übernehmen. Sie hat uns folgende Frage gestellt:

"Der Steuerberater hat mich vor die Wahl zwischen Share- bzw. Asset-Deal gestellt. Worin bestehen die Unterschiede? Worauf muss ich bei der Entscheidung achten?

VGSD-Mitglied Stefan Borchert berät seit 2004 Gründer/innen wie auch etablierte Unternehmen

Und wer haftet, sollte es - wie in unserer Branche nie ausgeschlossen - zu Nachforderungen wegen Baumängeln kommen, mit denen ich selbst gar nichts zu tun habe?"

Der Gründungs- und Unternehmensberater Dr. Stefan Borchert antwortet

Im Gegensatz zum Einzelunternehmen, bei dem der Erwerb von Unternehmenteilen nur als Asset-Deal ("Einzelwirtschaftsgüterkauf") möglich ist, haben Sie bei Gesellschaften wie einer GmbH die beiden vom Steuerberater genannten Erwerbsformen zur Auswahl und können die Nachfolge entsprechend gestalten.

Asset-Deal beinhaltet mehr unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten

Einerseits besteht die Möglichkeit des „Asset Deal“, also des Kaufs einzelner Vermögensteile wie Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Kfz aus dem Anlagevermögen des Unternehmens, während dessen rechtlicher Rahmen, also der Gesellschaftsmantel wie GmbH, KG oder GbR fortbesteht und separat verkauft oder liquidiert wird.

Durch den Einzelwirtschaftsgüterkauf aus der Aktivseite der Unternehmensbilanz folgt in der Regel keine Weiterbeschäftigung der vorhandenen Mitarbeiter und auch keine Übernahme der Verbindlichkeiten des bisherigen durch das neu zu gründende Unternehmen. Sollen Mitarbeiter mit in das neue Unternehmen wechseln, bedarf es der Kündigung der alten und des Abschlusses neuer Anstellungsverträge.

Die Rechtssprechung zieht im Einzelfall den Umfang der übernommenen Vermögensteile und eventueller Mitarbeiter für die Bejahung eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB mit der daraus rechtlich folgenden Weiterbeschäftigung der gesamten Belegschaft heran.

Du solltest deshalb anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen, um eine beim Asset-Deal ja ungewollte Haftung für ausstehende Gehalts- und Sozialversicherungs-Verbindlichkeiten des Veräußerers nicht doch auf dein neues Unternehmen zu übertragen.

Somit kannst du bei einem Asset-Deal über den Ausschluß von Verbindlichkeiten und die Bewertung der Anlagegüter sowie des übrigen Firmenwertes die wertmäßige Höhe des insgesamt zu tragenden Kaufpreises wesentlich beeinflussen.

Share Deal erhält das bestehende Unternehmen in der Kaufphase

Als zweite Form des Erwerbs eines bestehenden Unternehmens umfasst der „Share Deal“ den Kauf von Geschäftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft (Aktien, GmbH-Anteile) oder von (einigen oder allen) Gesellschaftsanteilen an einer Personengesellschaft (GbR, OHG, KG). Hierdurch wird der Erwerber Anteilseigner an der Gesellschaft und erhält die mit der Beteiligung verbundenen Rechte und Pflichten, da sowohl das Aktivvermögen als eben auch die Passiva inklusive der Verbindlichkeiten und des abgeleiteten Firmen- oder Geschäftswerts anteilsgemäß übertragen werden.

Damit erfolgt automatisch auch die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter im Sinne eines Betriebsüberganges nach § 613a BGB, der Erwerber wird also neuer „Arbeitgeber“, welcher auch für bestehende Gehalts- und Sozialversicherungsverbindlichkeiten des Veräußerers haftet. Insbesondere „Share Deals“ bedürfen einer umfangreich-analytischen Unternehmensbewertung, um alle kaufpreisbestimmenden Faktoren wie Unternehmenssituation, Marktstellung, Marktentwicklung, Auftragslage, Finanzierungslage, Produkt-/ Leistungsportfolio, Ressourcen und Risiken zu erfassen.

Wo liegen die Risiken bzw. wo liegt der eigentliche Wert des Unternehmens?

Gerade wenn in deinem Fall unsicher ist, ob das zu übernehmende Unternehmen offene oder vor allem verdeckte Risiken („stille Lasten“, z.B. aus der Mängelhaftung von erledigten Bauaufträgen) aufweist bzw. aufweisen könnte, empfiehlt sich der Asset-Deal.

Der Share Deal wäre für dich umso angebrachter, je mehr werthaltige immaterielle Vermögensbestandteile wie umfangreicher Kundenstamm, -beziehungen und Projekte bzw. Patente, welche bei mittelständischen Unternehmen oft von einzelnen Mitarbeitern abhängen sowie steuerliche Aspekte wie Verlustvorträge eine Rolle spielen. Denn diese sind i.d.R. mit der bisherigen Gesellschaft als Trägerin der Rechte bzw. Ansprüche, aber auch der Pflichten und Verbindlichkeiten verbunden. Unabhängig von ihm sind sie nur schwierig bzw. gar nicht auf ein neues Unternehmen zu übertragen.

Dipl.-Kfm. Dr. Stefan Borchert ist seit 2004 freiberuflicher Unternehmensberater und begleitet sowohl Gründerinnen und Gründer als auch etablierte Unternehmen. Seine Beratungsschwerpunkte liegen in der strategischen Geschäftsplanung zu Gründungs- und Wachstumsalternativen wie dem Franchising, in der Finanzierung und Mitarbeiterbeteiligung.

Zum Branchenprofil von Dr. Stefan Borchert

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