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So denkt das Arbeitsamt Den Gesprächspartner besser verstehen, denn Einfühlungsvermögen zahlt sich aus

Wer die Zielsetzung versteht, die das Arbeitsamt mit Gründungszuschuss und Einstiegsgeld erreichen möchte, und andererseits die Befürchtungen in Bezug auf Missbrauch, der wird die Fragen und Entscheidungen der Arbeitsagentur wesentlich besser nachvollziehen und beeinflussen können.

Wer die Zielsetzung der Arbeitsagentur versteht, kann deren Entscheidung besser beeinflussen.

Was das Arbeitsamt mit der Gründungsförderung erreichen will

  • Ziel des Arbeitsamts ist es zunächst einmal, die Arbeitslosigkeit dauerhaft zu überwinden.
  • Dazu muss gewährleistet sein, dass durch die Selbstständigkeit der Lebensunterhalt dauerhaft sichergestellt ist: Ein deutlich niedrigerer Verdienst des Selbstständigen im Vergleich zu seinem vorherigen Verdienst als Angestellter wird ihn ansonsten auf kurz oder lang dazu bewegen, die Selbstständigkeit wieder aufzugeben. Deshalb erwarten die fachkundigen Stelle einen Geschäftsplan, der realistischerweise zu einem ausreichend hohen kalkulatorischen Unternehmerlohn führt.
  • Zugleich muss die soziale Absicherung möglich sein. Ein Existenzgründer, der niedrige Umsätze durch Verzicht auf den Aufbau einer Altersvorsorge ausgleicht, kann später zur Belastung für den Staat werden. Deshalb und aus Fürsorge-Gesichtspunkten achten die fachkundige Stelle und die Arbeitsagentur darauf, dass bei der Schätzung des Unternehmerlohns auch in ausreichendem Maße die Ausgaben für soziale Absicherung berücksichtigt sind. Ob die Einkünfte auch tatsächlich in ausreichendem Maße als Altersvorsorge angelegt werden, bleibt allerdings der Verantwortung des Einzelnen überlassen.
  • Schließlich soll das Risiko, dass die Einkünfte sich gar nicht in dem geplanten Umfang realisieren lassen, durch eine fachkundige Prüfung reduziert werden. Denn ein Scheitern der Existenzgründung kann ebenfalls zur Rückkehr in die Arbeitslosigkeit führen. Ein Scheitern ist dabei bereits eine große Planabweichung, die dazu führt, dass Lebensunterhalt und soziale Absicherung nicht gedeckt werden können.
  • Ein weiteres Ziel der Förderung ist sicherlich auch die Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Existenzgründer, insbesondere von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Das Arbeitsamt hat hier aber völlig andere Erwartungen als die Stellen, die Investitionszuschüsse und Fördermittel für die Ansiedlung in einer bestimmten Region vergeben oder gar die Venture Capitalisten aus New Economy-Zeiten. Vorrang hat eine realistische Planung, die glaubwürdig macht, dass zumindest der Antragsteller dauerhaft als Selbstständiger seinen Lebensunterhalt decken kann, auch wenn hierzu zunächst keine oder nur die Zuarbeit von Aushilfen oder freien Mitarbeitern nötig ist.

Was für das Arbeitsamt ein rotes Tuch ist!

  • Zunächst einmal besteht die Befürchtung, die beschriebenen Ziele zu verfehlen, indem unrealistische Vorhaben oder ungeeignete Personen gefördert werden. Deswegen kann vom Gründer die Darlegung seiner persönlichen Eignung gefordert werden.
  • Vermieden werden sollen natürlich auch Missbrauch und Mitnahmeeffekte aller Art. Hierzu zählen Personen, die mit dem Gründungszuschuss lediglich den Bezugszeitraum verlängern oder die monatlichen Zahlungen erhöhen wollen, ohne ernsthaft eine längerfristige Selbstständigkeit anzustreben.
  • Mitnahmeeffekte fürchtet das Arbeitsamt auch bei Personen, die ohnehin bereits selbstständig tätig sind und die vorhandene Selbstständigkeit durch Gründungszuschuss fördern lassen wollen sowie bei der Übernahme bestehender, gut gehender Betriebe. Trotzdem kann der Übergang von einer neben- zu einer hauptberuflichen Selbstständigkeit gefördert werden. Entscheidend ist, dass die Einnahmen nicht von Anfang an ausreichen, um den Lebensunterhalt zu decken. Die Förderungvon Betriebsübernahmen wurde mit Einführung des Gründungszuschusses deutlich erleichtert: Jetzt wird berücksichtigt, dass für die Übernahme ein Kaufpreis zu entrichten ist und der Käufer selbst dann ein erhebliches Risiko trägt, wenn er laut Plan von Anfang von den Betriebsüberschüssen seinen Lebensunterhalt decken kann.
  • Sehr deutlich wird schon durch die entsprechenden Fragen in den Formularen die Sorge des Arbeitsamts, Gründungszuschuss an Scheinselbstständige zu bewilligen, da dadurch ein vom Gesetzgeber nicht erwünschte Umwandlung sozialversicherungspflichtiger in sozialversicherungsfreie Tätigkeiten auch noch finanziell gefördert würde.
  • Schließlich besteht auch die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen durch das Gründungszuschuss: Die von Arbeitsagenturen geförderten Existenzgründer haben einen finanziellen Vorteil gegenüber den nicht geförderten Existenzgründern bzw. Selbstständigen und können diese ggf. unterbieten. Das ist ein wichtiger Grund dafür, dass der Existenzgründerzuschuss bzw. das Gründungszuschuss nicht als Einnahme in dem Zahlenteil des Unternehmenskonzepts berücksichtigt werden sollte. Ansonsten würde - so die Befürchtung - die Berücksichtigung der Förderung möglicherweise zu einer aggressiveren Preiskalkulation führen.
  • Eine weitere potentielle Auswirkung des Gründungszuschusses auf den Wettbewerb ist die Senkung von Eintrittsbarrieren und damit der Profitabilität in bestimmten Branchen. Diese Bedenken formulieren insb. die in Form von Kammern organisierten Berufszweige, die eine erhöhte Zahl von "Neueinsteigern" in ihrem jeweiligen Bereich fürchten und damit einen durch den staatlichen Eingriff verschärften Wettbewerb.

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