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Verschärfte KSK-Prüfungen belasten Verhältnis zu Auftraggebern

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat letztes Jahr begonnen, auch bei kleinen und kleinsten Unternehmen sehr streng zu prüfen, ob Künstlersozialabgaben abgeführt wurden. Bei den normalen Betriebsprüfungen wird seitdem die Vorlage einer entsprechenden Meldung (ggf. Nullmeldung) verlangt.

VGSD-Mitglied Norbert Fasching ist Redakteur, Texter und Lektor

Zusätzlich werden auf Basis der Ausgangsrechnungen von durch die KSK selbst geprüften Künstlern und Publizisten Kontrollmitteilungen erstellt und dann Auftraggeber gezielt geprüft. Die Auftragnehmer haben darauf keinen Einfluss, trotzdem kann dadurch ihr Verhältnis zu den Auftraggebern belastet werden und es kann zu Umsatzeinbußen kommen.

Unser Interviewpartner: VGSD-Community-Mitglied Norbert Fasching aus Gärtringen ist 52 Jahre alt und arbeitet seit 15 Jahren freiberuflich als Redakteur, Texter und Lektor. Zu seinem Aufgaben-Portfolio zählen u.a. Kochbücher, Sachbücher, Experimentierkästen, Jahresberichte, Pressearbeit, Online-Content, Copytexte und die komplette Unternehmenskommunikation.

Seine Auftraggeber sind in der Regel Verlage, Agenturen und die Kommunikationsabteilungen mittelständischer Unternehmen. Als freier Redakteur und Lektor war er von Anfang an über die KSK versichert.

Rentenversicherung prüft strenger und verlangt Nachzahlungen für das laufende und für letzte vier Jahre.

VGSD: Kunden von Dir sind von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in Hinblick auf die KSK-Abgabe geprüft worden und müssen hohe Nachzahlungen leisten. – Seit wann finden diese viel strengeren Prüfungen statt und was passiert da genau?

Norbert Fasching: Ich habe den Eindruck, dass gerade in diesem Jahr verstärkt Betriebsprüfungen hier in der Region Stuttgart stattfinden. Die Betriebe müssen dabei alle Rechnungen für kreative Dienstleistungen der letzten fünf Jahre (ab 2015) offenlegen. Die Prüfer der DRV ziehen alle „Kreativ“-Aufträge aus den Büchern.

VGSD: Was sind die Konsequenzen für die Auftraggeber? Müssen die nachträglich Bußgelder bezahlen?

Norbert: Falls die Betriebe bislang keine oder eine zu niedrige jährliche KSK-Abgabe abgeführt haben, wird nun die Nachzahlung von 5,2% auf den Nettobetrag der Honorare der letzten fünf Jahre fällig. Das können dann gerne mal fünfstellige Beträge werden.

Durch namentliche Zuordnung werden Auftragnehmer als Verursacher der  Betriebsprüfung wahrgenommen.

VGSD: Welche Konsequenzen hat das für Dich und Deine Kollegen? Wie wirken sich die Kontrollmitteilungen auf das Verhältnis zum Auftraggeber aus?

Norbert: Durch die direkte namentliche Zuordnung der fälligen Nachzahlungen zu den von mir erbrachten Dienstleistungen werde ich trotz der eigentlich pauschalen Fälligkeit der KSK-Abgabe bei meinen Auftraggebern als „die Ursache“ für diese Nachzahlung und alle Unannehmlichkeiten durch die peinliche Überprüfung wahrgenommen. – Das macht das b2b-Verhältnis  nicht einfacher, es führt nämlich zu einer Abkühlung der Beziehungen und meistens zu einem Rückgang bei den Aufträgen, weil künftig weniger nach „draußen“ vergeben wird.

VGSD: Du hast erzählt, dass ein Kollege überlegt, eine GmbH zu gründen? Warum? (Vergleiche hierzu den Beitrag Künstlersozialabgabe sparen durch GmbH-Gründung?)

Norbert: Ja, der hatte eine inhabergeführte Werbeagentur und muss aktuell einen hohen Betrag an die Rentenkasse bzw. KSK nachzahlen. Weil alle Kapitalgesellschaften bei den Honoraren von der KSK-Abgabe freigestellt sind, kann diese Umfirmierung im Einzelfall Sinn machen. Allerdings könnte am Ende des Jahres trotzdem eine KSK-Abgabe für den angestellten GmbH-Geschäftsführer und Kreativdirektor fällig werden. Außerdem muss er eventuell Gewerbesteuer bezahlen und hat sicherlich auch höhere Steuerberatungskosten.

Große Verwerter werden anders behandelt als kleinere Auftraggeber.

VGSD: Die Abgabe scheint vor allem kleinere Unternehmen zu treffen. Große Verwerter (z.B. Verlage) scheinen damit kein Problem zu haben. Woran liegt das?

Norbert: Große Agenturen, Medienhäuser, Galerien und Verlage zahlen die KSK-Abgabe als jährliche Pauschale. Dort werden also nicht die einzelnen Aufträge sondern andere Kennzahlen für die Berechnung der Abgabe herangezogen.

VGSD: Es gibt ja auch den Fall, dass man selbst nicht in die KSK darf, der Auftraggeber aber trotzdem Abgaben leisten muss, man also quasi einen Wettbewerbsnachteil hat. Kannst Du dafür ein Beispiel nennen?

Norbert: Die Abgabe ist ja unabhängig davon fällig, ob ein Kreativer selbst in der KSK versichert ist oder nicht. Stellt ein Agentur-Chef, der als Grafiker eigene Aufträge abwickelt und selbst gar nicht KSK-versichert ist, einem Kunden seine Honorare für Layouts oder Werbemittel in Rechnung, dann sind das trotzdem KSK-pflichtige Aufträge, die vom Auftraggeber angemeldet und bezahlt werden müssen.

Was passiert, wenn Künstler und Publizisten selbst geprüft werden?

VGSD: Du selbst als KSK-Versicherter bist auch schon von der KSK bzw. Rentenversicherung geprüft worden. -- Was passiert da?

Norbert: Da werden die Steuerunterlagen (Gewinn-/Verlustrechnungen) der letzten fünf Jahre auf Übereinstimmung mit den Jahresmeldungen an die KSK überprüft. Ich gebe wie jeder KSK-Versicherte für jedes Jahr im Voraus meinen zu erwartenden Betriebsgewinn fürs nächste Jahr an. Auf dieser Basis wird die Höhe meiner monatlichen Sozialversicherungsbeiträge errechnet und eingezogen.

Falls ich dann tatsächlich mehr oder weniger verdiene, bin ich angehalten, solche Veränderungen im Jahresverlauf nachzumelden. Damit keine „Mondzahlen“ eingesetzt werden, lässt die KSK die Meldungen mit den tatsächlichen Gewinnen durch Stichproben bei den Versicherten abgleichen. Ich musste dazu die letzten fünf Jahresbilanzen per Post einreichen und einen Fragebogen ausfüllen.

VGSD: Abgabepflichtig sind Honorare auf künstlerische und publizistische Leistungen. Die reine Schlusskorrektur auf Rechtschreibfehler z.B. zählt nicht als künstlerisch. Kannst Du Beispiele dafür nennen, was (nicht) abgabepflichtig ist und ist das noch zeitgemäß?

Norbert: Es gibt da einen Katalog an Berufsfeldern in den vier künstlerischen Bereichen "Wort", "Musik", "darstellende und bildende Kunst" (Design). Für diese Berufe sind Tätigkeitsbeispiele hinterlegt, mit denen die Zugehörigkeit zum kreativen Berufsfeld "Künstler oder Publizist" von Seite der KSK nachgeprüft werden kann.

Für mich bedeutet das unter anderem, dass ich zwar auch nicht-kreative Aufträge (etwa Korrekturlesen) annehmen darf. Der überwiegende Teil meiner Tätigkeit muss aber aus Kreativaufträgen im Bereich Text bestehen, damit ich meine KSK-Zugehörigkeit auch künftig zu Recht behalte.

Die Aufnahme in die KSK ist eng an diese Vorgaben im Berufskatalog gebunden, sie soll ja auch ausschließlich die künstlerischen Berufe absichern. Mit den Neuen Medien hat allerdings eine rasante Weiterentwicklung der Berufsfelder eingesetzt, wodurch die Abgrenzung zwischen kreativen und nicht-kreativen Tätigkeiten im Einzelfall immer wieder einmal neu definiert werden muss.

Die Folgen der Maßnahmen wurden nicht bedacht.

VGSD: Was ist Dein Fazit? -- Was hätte der Gesetzgeber bzw. die Rentenversicherung anders machen sollen?

Norbert: Ich halte eine pauschale KSK-Abgabe für transparenter und gerechter. Man hätte auch eine Art „Kreativ-Steuer“ als Anteil der Umsatzsteuer definieren können.

Das jetzige Verfahren wühlt den Markt auf, schafft eine Missstimmung in der Kreativbranche und schädigt genau diejenigen, die ja eigentlich von der KSK profitieren sollten, nämlich die Freiberufler und Kleinunternehmer, die meist sowieso nicht zu den Großverdienern zählen und die bisher froh waren, dass sie durch die KSK eine sozialverträgliche Grundabsicherung erhalten.

Durch das Prüfverfahren wurde lediglich die Einnahmenseite der KSK kurzfristig verbessert, die langfristigen Effekte könnten für die Sozialkassen möglicherweise aber viel teurer werden, falls es in der Folge vermehrt zu Betriebsinsolvenzen und Erwerbslosigkeit in diesem Sektor kommt.

In meinen Augen hat das Ministerium bei der Änderung der Zuständigkeiten für die KSK die Folge der Maßnahmen nicht bis zu Ende gedacht.

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