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Controlling-Instrumente für kleine Unternehmen? - Birgit Baum antwortet

Zusammen mit einer Partnerin betreibt Stefanie aus Berlin ein kleines IT-Unternehmen.

Sie hat uns folgende Frage getellt: „Gerne würden wir besser planen, um die Entwicklung von Umsätzen, Kosten und vor allem Liquidität etwas genauer vorhersehen zu können.

VGSD-Mitglied Birgit Baum hat schon zahlreiche Gründer bei der Beantragung eines Bankkredits begleitet

Welche Steuerungsinstrumente bietet dazu das Controlling für kleine Unternehmen? Wie wendet man sie in der Praxis an?“

Die Berliner Gründungs- und Unternehmensberaterin Birgit Baum antwortet:

Mittels Controlling wertest du deine Ist-Daten aus und schreibst diese für Planungszwecke fort. Die benötigte Datenbasis schaffst du, indem du deine Buchhaltung monatlich oder quartalsweise auf den neuesten Stand bringst. Die Daten wertest du dann entweder direkt im Buchhaltungsprogramm aus oder exportierst sie nach Excel.

Alternativ bieten auch Onlinebankingprogramme Analyse-, Auswertungs- und Exportmöglichkeiten, allerdings nur für die bargeldlosen Zahlungen und leider meist in Form vorgegebener Berichte, die nicht unbedingt deinen Informationsanforderungen entsprechen. Du siehst schon: Ein Export nach Excel bietet in der Regel die besten Auswertungsmöglichkeiten und empfiehlt sich gerade für kleinere Unternehmen.

Auswertung der Ist-Zahlen: Monats- oder Quartalsanalyse

Der erste Schritt besteht darin, monatlich oder quartalsweise Auswertungen vorzunehmen, um einen möglichst aktuellen Überblick der Geschäftsentwicklung zu gewinnen.

Die Monats- oder Quartalsanalyse, die auf reinen Ist-Werten beruht, sollte sich an deinem Informationsbedarf orientieren. Welche Fragen hast du an deine geschäftlichen Zahlen:

  • Interessieren dich die Umsätze zum Beispiel nur in Summe oder möchtest du wissen, wie einzelne Produkte, Dienstleistungen oder Projekte zum Gesamtumsatz beigetragen haben?
  • Warum sind die Raumkosten so hoch und wie setzen diese sich zusammen?
  • Was steckt genau hinter den „sonstigen Betriebskosten“?

Diesen individuellen Informationsbedarf sollten Analysen und Planungen beantworten und deshalb unternehmens-individuell aufgebaut werden. Dazu kann es nötig sein, in der Buchhaltung die Unterteilung und Zuordnung der Umsatz- und Kostenarten zu verfeinern oder zusätzliche Angaben zu erfassen – aber dieser Aufwand lohnt sich. Falls du die Buchhaltung nicht selbst machst, stimme sich dazu mit deinem Steuerbüro ab.

Jahresplanung: Planen und regelmäßig Abweichungen auf Grund gehen

Ein zweiter Schritt könnte eine Jahresplanung sein, in der du für die verschiedenen Umsatz- und Kostenarten monats- oder quartalsweise Planzahlen fortschreibst, um diesen dann später die Ist-Werte gegenüber zu stellen. Das Ergebnis nennt man Plan-Ist-Abweichungsanalyse.

Du gehst dabei den Abweichungen auf den Grund: Kommt der Umsatz vielleicht erst im nächsten Monat, z.B. weil ein Projekt später als geplant gestartet ist oder weil der Kunde nicht pünktlich gezahlt hat? Sind die Ist-Werbekosten höher als die Plankosten, weil eine Werbemaßnahme vorgezogen wurde oder waren die Anzeigen deutlich teurer als geplant?

Hinter jeder Zahl stecken Geschäftsvorgänge. Ich sage daher: "die Zahlen leben". Denn alles mit dem zu tun, was im Unternehmen passiert - oder eben auch nicht. Daher lassen sich über Analysen wichtige Fragestellungen beantworten und Erkenntnisse gewinnen – um auf dieser Basis dann erforderliche (Korrektur-)Maßnahmen einzuleiten.

Liquiditätsplanung: Den Kontostand voraussagen

Aus der Jahresplanung kannst du unmittelbar eine Liquiditätsplanung ableiten bzw. erstellen lassen. Sie bildet die tatsächlichen bzw. zu erwartenden Zahlungsströme ab. Die zentrale Frage hierbei ist: Wie viele unmittelbar verfügbare finanzielle Mittel stehen dem Unternehmen tatsächlich am Monatsende zur Verfügung?

Dazu werden u.a. Zahlungsverschiebungen gegenüber den Planwerten berücksichtigt, z.B. Ratenzahlungen nach Projektfortschritt oder generelle Zahlungsverschiebungen, weil das Zahlungsziel für deine Rechnungen bei 45 Tagen liegt. Des Weiteren werden Investitionen und Umsatzsteuerzahlungen, Gewerbesteuerzahlungen oder Tilgungsleistungen für Kredite dargestellt und in Bezug auf den geschäftlichen Kontostand betrachtet.

Forecast: Unterjährige Aktualisierung der Jahreplanung

Um festzustellen, ob die geplante Entwicklung gemäß Jahresplanung mit der tatsächlichen Geschäftsentwicklung Schritt hält, lässt sich unterjährig ein Forecast erstellen. Sinnvoll ist dies meist nach 4-6 Monaten.

Wie bei der Plan-Ist-Analyse stellst du die dann bekannten Ist-Zahlen den geplanten Umsätzen und Kosten und damit auch dem ursprünglich geplanten Gewinn gegenüber. Mit Sicherheit ist einiges anders gekommen als bei der Erstellung des Plans erwartet hatten. Hast du z.B. einen zusätzlichen größeren Auftrag gewinnen können, der deine Umsätze über das Jahr gesehen erhöht, so macht es Sinn, die Jahresplanung über einen so genannten Forecast anzupassen. Anderenfalls würden jeden Monat (in diesem Falle positive) Abweichungen auftauchen, die jedes Mal die gleiche Erklärung hätten, was den Blick für andere unerwartete Abweichungen verstellen könnte.

Einmal eingeführt, lassen sich die vier oben dargestellten Controllinginstrumente in kleinen Unternehmen mit wenig Aufwand fortschreiben und führen zu einer besseren Informationsbasis und damit auch zu erfolgreicherem unternehmerischem Handeln. Bei der Einführung und anfänglichen Nutzung kann die Einbeziehung eines Beraters Zeit sparen und Sicherheit geben.

Birgit Baum ist Wirtschaftsingenieurin und war für verschiedene Unternehmen in München und Berlin tätig, zuletzt als Bereichscontrollerin beim Fernsehsender Sat.1. Seit mehr als zehn Jahren berät sie Unternehmen sowie Gründerinnen und Gründer zu den Themen Existenzgründung, Finanzierung, Controlling, Organisation und Nachfolge.

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