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Lesetipp Kompass-Programm Neue Fortbildungsmöglichkeiten für Selbstständige ab Juni

Mit Kompass will die Bundesregierung Selbstständige fördern und weiterbilden. Was zuerst nach dem Ansatz einer Arbeitsagentur klingt, könnte für manche von euch einen Versuch wert sein: Immerhin werden fast alle Kosten übernommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten. 

Teilnehmer/innen machen sich auf einem Workshop Notizen.

Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat leider noch immer eine recht einseitige Vorstellung von selbstständiger Arbeit: Das Narrativ "prekär und unsicher" schwingt bei Ausrichtung und Fokus des neuen Kompass-Programms ("Kompakte Hilfe für Soloselbstständige"), das am 1. Juni bundesweit startet, fast durchgehend mit. "Im Zentrum des Kompass-Programms steht die Sicherung und Förderung der Bestandsfestigkeit solo-selbstständiger Tätigkeit. Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie sowie sich immer schneller wandelnder Marktsituationen soll es darum gehen, Solo-Selbstständige dabei zu unterstützen, ihr Geschäftsmodell möglichst anpassungs- und widerstandsfähig zu gestalten", antwortet das BMAS auf VGSD-Anfrage. "In Betracht kommen insbesondere Weiterbildungen in den Themenbereichen Digitalisierung und Kommunikation sowie die Förderung betriebswirtschaftlicher Fähigkeiten."

Der offizielle Start des Kompass-Programms hat sich auf den 17.7.23 verzögert, doch auch zu diesem Zeitpunkt sind noch wichtige Fragen ungeklärt und die Liste der Kompass-Anlaufstellen des BMAS enthält keine Kontaktdaten der zuständigen Ansprechpartner bei diesen Stellen. Wir haben in einem neuen Beitrag für euch zusammengestellt, was inzwischen bekannt ist und haben die VGSD-Liste der Kompass-Ansprechpartner zusammengestellt, die die Kontaktdaten bzw. den direkten Link zu ihnen enthält.

Noch deutlicher wird die Bundesregierung auf der Website des Europäischen Sozialfonds, der das Programm initiiert hat. Hier heißt es: "Unsicherheit und Angst vor Verschuldung oder Insolvenz sind ständige Begleiter [für Selbstständige]. Neben den nötigen zeitlichen und personellen Ressourcen fehlt es den Betroffenen oftmals auch an grundlegenden Kenntnissen, um sich krisenfest und gegenüber der Konkurrenz wettbewerbsfähig aufzustellen." Dieses negative Framing lehnt der VGSD natürlich ab, weil die allermeisten Selbstständigen ihren Beruf lieben und ihn gerne und auskömmlich betreiben. Studien zeigen zudem, dass Selbstständige häufig Motor für Innovationen sind und neue Herausforderungen – wie zum Beispiel die Digitalisierung - besonders schnell meistern.

Nichtsdestotrotz begrüßen wir als Verband diese neue Initiative. Wir haben die Förderrichtlinien aufmerksam studiert und offene Fragen mit dem BMAS geklärt. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten. 

Was genau ist Kompass?

Kompass ist ein Pilotprogramm, das Interessierten einen niedrigschwelligen, unbürokratischen Zugang zu Qualifizierungen und Weiterbildungen bieten soll. Konzipiert wurde das Programm unter anderem in Kooperation mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sowie dem Bundesverband der Freien Berufe (BFB). Wer mitmachen möchte, erhält einen sogenannten Qualifizierungsscheck direkt im Anschluss an ein erfolgreiches kostenloses Erstberatungsgespräch. Die Solo-Selbstständigen können sich hiermit direkt an den ausgewählten Anbieter wenden und die Qualifizierung durchführen. Insgesamt bleiben ihnen sechs Monate zwischen der Ausstellung des Schecks und der Durchführung der Qualifizierung. Die Antragstellung erfolgt zusammen mit der Abrechnung nach absolvierter Qualifizierung.

Wer soll gefördert werden und welche Kosten werden übernommen?

Zielgruppe sind Solo-Selbstständige mit maximal einem Vollzeitäquivalent an Beschäftigten. Teilzeitkräfte und Minijobber/innen sind bei der Berechnung des Vollzeitäquivalents anteilig zu berücksichtigen. Die Förderung besteht in der Zahlung eines Zuschusses: Gefördert werden Qualifizierungen und Weiterbildungen mit einer Mindestdauer von 20 Stunden und bis zu einem maximalen Betrag von 5000 Euro (ausschließlich der Mehrwertsteuer). Mehrkosten sind von den Antragsteller/innen selbst zu tragen. Nebenkosten, wie zum Beispiel Fahrt- und Übernachtungskosten, werden nicht übernommen

Wie viele Antragsstellen gibt es? Wie kann ich diese finden?

Beratung und Orientierung erfolgen durch die Anlaufstellen selbst, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See (DRV KBS) sowie die Abteilung VIGruEF4 im BMAS. Insgesamt soll es 34 Anlaufstellen geben, die durch unabhängige, externe Gutachter ausgewählt wurden, schreibt das BMAS. Eine Übersicht aller Träger soll "zeitnah" unter www.esfplus.de/kompass verfügbar sein. 

Wie hoch ist das Fördervolumen insgesamt?

Das Kompass-Programm wird kofinanziert durch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF Plus). Aus diesem stehen dem Bund in der Förderperiode 2021-2027 insgesamt ca. 2,2 Milliarden Euro für verschiedene Förderprogramme zur Verfügung. Wie viel darauf auf Kompass entfallen, wollte uns das BMAS nicht mitteilen. 

Schreibt das BMAS die Art der Fortbildung für Selbstständige vor?

Nein. "Aufgrund der Vielfalt der in Deutschland ausgeübten und durch Kompass unterstützten solo-selbstständigen Tätigkeiten ist es nicht möglich, pauschale Empfehlungen auszusprechen. Vielmehr wird eine passgenau auf das jeweilige Geschäftsmodell zugeschnittene Beratung und Empfehlung durch die Anlaufstellen erfolgen, sodass die Solo-Selbstständigen die für sie richtige Qualifizierung finden. Dabei handelt es sich um Kompetenzen, die sich in Studien und nach der Erfahrung der Anlaufstellen als besonders hilfreich erwiesen haben."

Werden auch Teilzeit-Selbstständige gefördert?

Ja. Förderfähig sind nach Punkt 3.2 der Förderrichtlinie alle Solo-Selbstständigen, die ihre Tätigkeit im Haupterwerb betreiben. Dies setzt (lediglich) voraus, dass sie ihr Einkommen überwiegend aus ihrer selbstständigen Tätigkeit erhalten, also mindestens zu 51 Prozent. Mehrere ausgeübte selbstständige Tätigkeiten werden zum Zwecke dieser Berechnung zusammengefasst. Eine Vollzeit-Tätigkeit ist damit nicht erforderlich.

Ist ein Monitoring der Weiterbildungsmaßnahmen geplant?

Das BMAS plant ein umfassendes Monitoring und eventuell eine Fortsetzung des Programmes über 2026 hinaus. Die Anlaufstellen sind verpflichtet, die Programmergebnisse zu dokumentieren und auszuwerten, Best-Practice-Beispiele zu identifizieren und so die Weiterentwicklung des Programms zu unterstützen. Zusätzlich ist ein enger fachlicher Austausch mit den Anlaufstellen geplant, zum Beispiel im Rahmen von Netzwerktreffen. 

Wie lautet das Fazit des VGSD?

Das Programm hat auf den ersten Blick den Charme einer Arbeitsagentur. Auf den zweiten aber kann das Programm eine echte Chance für Selbstständige sein, die ihr Geschäftsmodell anpassen oder neu aufbauen möchten. Positiv sind ganz sicher die Höhe der Förderungen und die Wahlfreiheit zu bewerten. Dabei kommt es allerdings auf die tatsächliche Durchführung an. Hier bleiben noch viele Fragen offen. Wir würden uns freuen, wenn ihr euch an dem Programm beteiligt und eure Erfahrungen teilt, wenn es denn soweit ist, dass man Anträge stellen kann... 

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