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Experten-Talk

Online-Konferenz mit Experten, Betroffenen, Verbänden und Politikern
Aktivrente ohne Selbstständige – verfassungswidrig und wirtschaftspolitisch fragwürdig?

642 Teilnehmer
Mitschnitt vom 19. November 2025
12 mal Mitschnitt angesehen

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Diese Fragen wurden beantwortet

  1. Die Bundesregierung stellt Solo-Selbstständige seit vielen Jahren als prekär und von Altersarmut bedroht dar. Jetzt schließt sie ihren Hinzuverdienst im Alter von der Aktivrente aus mit der Begründung, sie bräuchten keinen Anreiz, würden oder müssten ohnehin weiterarbeiten. Schließlich wird behauptet, Selbstständige arbeiteten nicht aktiv. Solo-Selbstständige haben aber auch im Alter niemand, der für sie die Arbeit erledigt. Sind diese Begründungen nicht zynisch?
  2. Der Ausschluss der Selbstständigen wird begründet mit fehlenden Beiträgen in die Sozialversicherungen, dabei sind viele Selbstständige pflichtversichert in der Rentenversicherung. Das ist ein besonders offensichtlicher Widerspruch, kommt die Regierung damit in Karlsruhe durch?
  3. Der Finanzausschuss des Bundesrats hat gefordert, dass zumindest die Selbstständigen von der Aktivrente profitieren sollten, die pflichtweise oder freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen. Wie bewerten Sie diesen Vorschlag?
  4. Auch selbstständige Freiberufler/innen, die in berufsständische Versorgungswerken für ihr Alter vorsorgen, sind von der Aktivrente ausgeschlossen. Angestellte Freiberufler/innen, die in die gleichen berufsständischen Versorgungswerke einzahlen, werden offenbar von der Aktivrente profitieren. Wie lässt sich das rechtfertigen?
  5. Der Steuervorteil von monatlich 504 bis 919 Euro ist extrem hoch. Welche Rolle spielt die Höhe des Ungleichbehandlung für die Verfassungsmäßigkeit?
  6. Der Gesetzentwurf zur Aktivrente enthält – das kritisieren viele Verbände - keine Angabe zur Zahl der erwarteten zusätzlichen Arbeitsverhältnisse. In den Medien ist von 25.000 die Rede. Das würde bedeuten, dass für jedes neu geschaffene Arbeitsverhältnis Steuerausfälle von 35.600 Euro entstehen würde, eineinhalb mal so viel wie die 24.000 Euro Bruttogehalt, die pro Arbeitsverhältnis wahrscheinlich erwirtschaftet werden. Welche Rolle hat die Wirksamkeit einer Maßnahme auf ihre rechtliche Bewertung?
  7. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags schrieb, dass die geplante Aktivrente verfassungsgemäß sein könne, wenn der Gesetzgeber "ihre Eignung und Erforderlichkeit für überragende Gemeinwohlziele" darlegen kann. Mit derselben Argumentation wurden Selbstständige in der Corona-Zeit Sonderopfer aufgebürdet. Ist diese Häufung von Sonderopfern relevant für die verfassungsmäßige Einschätzung?
  8. Sind die aktuellen Begründungen im Gesetz verfassungsrechtlich ausreichend, um die Ungleichbehandlung von Selbstständigen zu rechtfertigen? Werden Sie vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben?
  9. Welche Wege gibt es, das Aktivrentengesetz durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen? Welches ist der schnellste Weg?
  10. Wäre es sinnvoll in Artikel 3 Grundgesetz auch die Gleichbehandlung unabhängig von der Erwerbsformen aufzunehmen? Welche Erfolgschancen und Hindernisse sehen Sie für eine solche Forderung?
  11. Teilen Sie die Sorge, dass die offensichtliche Diskriminierung von Selbstständigen ihr Wahlverhalten beeinflusst und sie von den Parteien der Mitte entfremden könnte? Die AfD ist die Partei, die Ungleichbehandlung im Bundestag und in den Medien am offensivsten benennt. Bisher haben Selbstständige überproportional FDP, Union und Grüne gewählt. Wird sich das ändern?
  12. Der Bundesverband der Personalmanager/innen hat darauf hingewiesen, dass es arbeitsrechtliche Änderungen nicht zur Anstellung von Rentner/innen kommen wird. Das Risiko längerer Erkrankungen macht eine Anstellung für die Arbeitgeber unkalkulierbar. Es ist deshalb im Rentenalter oft schwierig, eine Anstellung zu finden. Bisher konnte man auf eine Selbstständigkeit ausweichen. Nun tritt zur Altersdiskriminierung (ich erhalte altersbedingt keine Anstellung mehr) eine staatliche Diskriminierung hinzu. Ist das ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?
  13. Wird das Gesetz nicht einfach dazu führen, dass bisher selbstständige Arbeit steuerlich gesehen in abhängige Beschäftigung umgewandelt wird, also quasi Scheinanstellungen geschaffen werden? Wie hoch schätzen Sie den Steuerberatungs- und rechtlichen Aufwand dafür ein?
  14. Die Politiker insbesondere der Union begründen den Ausschluss der Selbstständigen damit, dass ihre Einbeziehung noch viele praktische Fragen aufwerfen würde, die man so schnell nicht lösen könnte. Welche praktischen Probleme sehen Sie bei der Einbeziehung von Selbstständigen?
  15. Oft ist auch die Rede von Missbrauch, den es bei Selbstständigen geben könne? Welche Missbrauchsmöglichkeiten gibt es, die durch den Ausschluss der Selbstständigen verhindert werden?
  16. Was halten Sie von der Forderung, die Aktivrente für Selbstständige in einem Jahr, zum 1.1.2027 einzuführen?
  17. Den Selbstständigen wird durch die Aktivrente erst einmal nichts genommen, sie zahlen nicht mehr Steuern als bisher. Allerdings werden Angestellte auf offensichtliche Weise finanziell bevorzugt. Welchen Einfluss auf die Motivation der Selbstständigen zum Weiterarbeiten im Alter wird das haben?
  18. Wie erklären Sie sich, dass im Rentenalter der Anteil der Selbstständigen an den Erwerbstätigen so stark zunimmt? Hängt das auch mit der Art der Tätigkeit zusammen (Weitergabe von Erfahrung und Wissen durch Coaching, Training, Schreiben von Fachartikeln, Beratung)? Oder wollen einfach viele im Alter selbstbestimmt entsprechend der eigenen Werte arbeiten?
  19. Was ist einfacher: Selbstständige zur Weiter- und Mehrarbeit im Alter zu bewegen oder Angestellte? (Ich meine hier eigentlich die Bereitschaft, im Alter selbstständig bzw. abhängig beschäftigt weiterzuarbeiten?
  20. Welchen Effekt – im Sinne von zusätzlich geleisteten Arbeitsstunden oder Vollzeitäquivalenten – erwarten Sie durch die Aktivrente in Hinblick auf abhängige Beschäftigung im Alter? Wie hoch wäre der Effekt wohl auf selbstständige Tätigkeit im Alter?
  21. Wo sehen Sie das größere demographische Problem – bei Angestellten oder bei Selbstständigen? Gibt es in Bezug auf Selbstständige auch einen Fachkräftemangel, z.B. Nachfolgersuche?
  22. Die Auswirkungen der Aktivrente sollen in zwei Jahren evaluiert werden. Dafür plant die Regierung zwei weitere Jahre ein (2028/29). Dann will sie darüber entscheiden, ob auch Selbstständige einbezogen werden sollen. Wie sehen Sie die Chance, dass Selbstständige dann einbezogen werden und ab welchem Zeitpunkt realistischerweise?
  23. Halten Sie eine Evaluationsdauer von zwei Jahren für nötig? Was könnte man im Vorfeld tun, um die Evaluation zu beschleunigen?
  24. Aufgrund besserer Gesundheit und höherer Lebenserwartung arbeiten auch ohne Aktivrente immer mehr Menschen im Alter weiter. Zugleich werden beim Ausschluss von Selbstständigen von der Aktivrente viele in eine Anstellung wechseln oder ihre Tätigkeit entsprechend gestalten. Wie können Wissenschaftler bei einer Evaluation zwischen diesen Effekten differenzieren?
  25. Wäre es im Sinne eines wissenschaftlichen Realexperiments besser, die Aktivrente sowohl für Einkommen aus abhängiger als auch selbstständiger Tätigkeit zuzulassen und dann die Effekte zu vergleichen?
  26. Eine weitere Begründung für die Schlechterbehandlung von Selbstständigen ist, diese würden ja von vielfältigen anderen Maßnahmen der Regierung profitieren, zum Beispiel schnelleren Abschreibungen oder Begrenzung der Energiekosten. Wie bewerten sie das?

Experten

Cornelia Belz Cornelia Belz Cornelia Belz bringt über 20 Jahre Erfahrung aus führenden Positionen im IT-Marketing und Consulting mit – u.a. bei WANG Laboratories und Olivetti, wo sie unter anderem innovative Lösungen im Bereich Office Automation und Neue Medien verantwortete. 1999 machte sie sich mit ihrer EQ LTS Unternehmensberatung für Marketing und Vertrieb selbstständig. Als langjährig erfahrene Angestellte und heutige Unternehmerin verbindet sie beide Perspektiven – ein spannender Blickwinkel auch mit Blick auf die aktuelle Diskussion um die Aktivrente.
Prof. Dr. Gregor Kirchhof Prof. Dr. Gregor Kirchhof Prof. Dr. Gregor Kirchhof LL.M. ist Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Steuerrecht an der Universität Augsburg und Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Steuerrecht.
Dr. Oliver Stettes Dr. Oliver Stettes Dr. Oliver Stettes ist Leiter des Themencluster "Arbeitswelt und Tarifpolitik" beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln). Er hat in Köln VWL studiert und in Würzburg promoviert.
Sascha Müller Sascha Müller Sascha Müller MdB ist Finanzexperte der Grünen und Obmann seiner Fraktion im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages. Dort arbeitet er an zentralen Fragen der Steuer- und Abgabenpolitik sowie an der finanziellen Ausgestaltung staatlicher Systeme. Mit langjähriger politischer Erfahrung und klarer wirtschaftlicher Schwerpunktsetzung bringt er wertvolle Perspektiven für unsere Diskussion zur Aktivrente ein.

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