Die VGSD Queerbeet-Sitzung am 05.05.2025 thematisierte den gesellschaftlichen Druck und die psychischen Belastungen von queeren Selbstständigen und Gründer*innen. Marc Sommer hielt einen Vortrag über die Herausforderungen, mit denen queere Menschen in der Arbeitswelt konfrontiert sind.
Inhalt des Vortrags von Marc Sommer
Einleitung: Marc Sommer betonte, dass die Zahl der Selbstständigen und Gründer/innen in Deutschland stetig wächst und Diversität ein wichtiger Faktor für Innovation ist. Gleichzeitig sind queere Menschen weiterhin mit Diskriminierung, Stigmatisierung und gesellschaftlichem Druck konfrontiert, was sich auf die berufliche Selbstständigkeit und das Gründen auswirken kann.
Definitionen und Kontext: Marc Sommer definierte zentrale Begriffe wie „queer“, „Selbstständigkeit und Gründung“ sowie „gesellschaftlicher Druck“ und „psychische Belastungen“. Er skizzierte den ambivalenten soziopolitischen Kontext in Deutschland, der einerseits Fortschritte in der rechtlichen Gleichstellung zeigt, andererseits aber weiterhin von Diskriminierung und queerfeindlichen Haltungen geprägt ist.
Forschungsstand und Ergebnisse: Marc Sommer präsentierte den aktuellen Forschungsstand zu den Herausforderungen queerer Selbstständiger und Gründer/innen, der sich auf verwandte Forschungsbereiche und erste spezifische Studien stützt. Er ging auf folgende Punkte ein:
Diskriminierungserfahrungen im beruflichen Kontext: Queere Menschen erfahren im Arbeitsleben häufiger Diskriminierung in Form von Ausgrenzung, Vorurteilen, Belästigung und Ungleichbehandlung. Diese Diskriminierung wirkt sich auch auf die Selbstständigkeit aus, z.B. bei der Akquise von Investor/innen oder Kund/innen.
Sichtbarkeit und "Coming-out"-Entscheidungen: Selbstständige und Gründer/innen müssen entscheiden, inwieweit sie ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität öffentlich machen. Dies ist oft mit Unsicherheit und Risiken verbunden, wie der Angst vor negativen Konsequenzen oder dem Stress des „Passing“ (Anpassen an heteronormative Erwartungen).
Netzwerkzugang und Mentoring: Queere Personen haben oft erschwerten Zugang zu Netzwerken aufgrund fehlender Repräsentation, Isolation und Mangel an queeren Mentor/innen.
Psychische Belastungen und Mental Health: Diskriminierung, „Coming-out“-Stress, Isolation und erschwerter Netzwerkzugang führen zu erheblichen psychischen Belastungen wie Angstzuständen, Depressionen und Substanzmissbrauch.
Implikationen und Handlungsbedarf: Sommer leitete aus den Erkenntnissen Implikationen für Politik und Förderung (z.B. Förderprogramme, inklusive Netzwerke), Wirtschaft und Unternehmen (z.B. inklusive Unternehmenskultur) und Forschung (weiterer Forschungsbedarf) ab.
Fazit: Sommer schloss mit dem Fazit, dass gesellschaftlicher Druck und psychische Belastungen reale Faktoren für queere Selbstständige und Gründer/innen sind und gezielte Maßnahmen erforderlich sind, um ein inklusiveres Umfeld zu schaffen.
Berichte der Teilnehmer/innen
Eric lobte den Vortrag und hob die Bedeutung der Unterscheidung zwischen präventiver Arbeit im Coaching und therapeutischer Arbeit hervor. Er fragte nach der spannendsten Erkenntnis für Marc Sommer. Marc Sommer antwortete, dass er es interessant fand, dass queere Menschen emotionaler an ihren Job gebunden sind, was sich in höherer Leistungsbereitschaft äußert.
SaM betonte, dass es eine Korrelation, aber keine Kausalität gebe und es interessant sei, dass Therapeuten/innen wenig Erfahrung mit queeren Menschen haben. SaM, der einen Verein für queere Menschen in Heilbronn leitet, sieht die Selbstständigkeit als einen möglichen Ausweg aus der „Maskerade“ und als Befreiung von vorgegebenen Schablonen der Arbeitnehmer/innen-Welt. Marc Sommer teilte die Auffassung, dass Selbstständigkeit eine Befreiung sein kann und nannte das Beispiel von Schauspieler/innen, die nach Drehtagen Coaching benötigen, um aus ihrer Rolle zu finden, um die Belastung zu verdeutlichen, die durch das ständige „Rolle spielen“ entstehen kann.
Micha äußerte sich zwiespältig über Coaching, da es keine klaren Vorgaben und Qualitätskontrollen an Coaches gibt. Micha betonte, wie wichtig es für Coaches sei, ihre Grenzen zu kennen, und wies darauf hin, dass auch eine Approbation bei Psychotherapeut/innen nicht automatisch die Qualität der Behandlung garantiere.
Agatha informierte über die Finanzierungsmöglichkeiten von Jobcoachings durch die Agentur für Arbeit im Rahmen des §16 SGB II (Sozialgesetzbuch) Ganzheitliche Betreuung. Sie merkte an, dass die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich verbessert werden müsste.
Hannah war zum ersten Mal dabei und zeigte sich begeistert über das Angebot von Queerbeet, das einen wichtigen Austausch für Gründer*innen ermöglicht.
Die Sitzung verdeutlichte die spezifischen Herausforderungen und Belastungen, denen queere Selbstständige und Gründer/innen ausgesetzt sind, und betonte die Notwendigkeit von Unterstützung und Vernetzung.
Der nächste Termin der Queerbeet-Reihe findet am 02.06.2025 von 18:00-19:00 Uhr zum Thema „Marktbegrenzung durch Nischenfokus“ statt.
Text: Marc Sommer
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