Zum Inhalt springen
Netzwerktag für Selbstständige mit Barcamp am 14. + 15. Oktober 2024
Mitglied werden

Selbstständige Frauen verdienen 44 Prozent weniger als selbstständige Männer / KV-Beiträge als wichtiger Grund

Die im April 2017 erschienene Studie „(Solo)-Selbstständigkeit als gleichstellungspolitische Herausforderung" gehört zu den wenigen Untersuchungen, die die Einkommensverhältnisse selbstständiger Frauen näher beleuchten. Anders als bei den abhängigen Beschäftigungsverhältnissen hat die Wissenschaft geschlechtsspezifische Einkommensdifferenzen und andere Ungleichheiten bei Selbstständigen bisher kaum erforscht.

Viele Frauen machen sich nach der Geburt eines Kindes selbstständig – und bekommen angesichts der Abgabenbelastung einen Schock.

VGSD-Mitglied wertete Studie aus

Bianca Gabbey ist VGSD-Mitglied und wurde im Rahmen der Initiative „FrauenUnternehmen” des Bundeswirtschaftsministeriums als Vorbild-Unternehmerin ausgewählt. Bei der Vorbereitung auf eine Diskussionsrunde im Rahmen der Hofgespräche mit Wirtschaftsministerin Zypries hat sie sich intensiv mit den Ergebnissen der Studie beschäftigt. Eine zentrale Aussage der Studie lautet, dass die Einkommenslücke zwischen selbstständigen Männern und Frauen wesentlich höher ist als der so genannte Gender-Pay-Gap bei abhängig Beschäftigten: Die Einkommen selbstständiger Frauen liegen im Durchschnitt um ca. 44 Prozent unter den Einkommen selbstständiger Männer. Die Zahl haben die Autorinnen der Studie anhand der Einkommensteuerstatistik ermittelt. Berücksichtigt haben sie das "Jahresbruttoeinkommen", damit dürften die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gemeint sein. Übrigens: Bei Angestellten beträgt die Einkommenslücke aktuell 21 Prozent.

Zugleich haben Frauen einen erheblichen Anteil an der Zunahme der Anzahl der beruflich Selbstständigen von 2,6 auf fast 4,2 Millionen in den vergangenen gut 20 Jahren. Die Zahl selbstständiger Frauen wuchs um 88 Prozent, die Männer brachten es auf 49 Prozent Zuwachs.

Hohe Abgabenlast bei geringem Einkommen

Ein großer Teil der Solo-Selbstständigen erzielt der Studie zufolge niedrige Einkünfte. Das gilt besonders für selbstständige Frauen. Viele erzielen Nettoeinkünfte, die denen von Beschäftigten im Niedriglohnsektor entsprechen. Außerdem arbeiten sie pro Woche durchschnittlich neun Stunden weniger als männliche Unternehmer. Das geringe Nettoeinkommen von Selbstständigen kann auf die überproportionale Belastung von Geringverdienern durch Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zurückgeführt werden – auf diese Ungerechtigkeit weist der VGSD seit Jahren immer wieder hin. Aktuell läuft eine Petition zum Thema.

Die geringere Arbeitszeit der selbstständig arbeitenden Frauen begründet die Studie mit der Verantwortung, die Frauen für Kinder und Familie tragen. Diese ist oft der Grund, sich für eine selbstständige Tätigkeit in Teilzeit zu entscheiden. Des Weiteren wird der Rückschluss gezogen, dass sich das Arbeitszeitverhältnis umkehrt, wenn der Mann die Hauptverantwortung für Kinder und Haushalt übernimmt. Ein Partner, so hält die Studie fest, ist in der Regel in einem Teilzeit- bzw. in einem prekären Beschäftigungsverhältnis tätig.

Gründerinnen setzen auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Ein Grund, sich für die Selbstständigkeit zu entscheiden, ist die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie. So gründen viele Frauen nach der Geburt Ihres Kindes, um Familie und Beruf flexibler koordinieren zu können. Allerdings unterliegt ihr Einkommen einer Steuer- und Abgabenbelastung von bis zu 60 Prozent. Steuern und insbesondere die Krankenversicherungsbeiträge machen es für Kleinstunternehmer und Kleinstunternehmerinnen oft unmöglich, die finanziellen Mittel für die Altersvorsorge aufzubringen. Und das hat Auswirkungen auf die Altersvorsorge und die zukünftige finanzielle Sicherheit. Aufgrund mangelnder finanzieller Kapazitäten können viele selbstständige Frauen nicht ausreichend für die Rente vorsorgen. So sind insbesondere Frauen im Rentenalter finanziell vom Partner oder von staatlicher Unterstützung abhängig.

Aus Sicht des VGSD ist die in der Studie geforderte Senkung der Mindestbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung überfällig. Damit erhielten auch GeringverdienerInnen finanziellen Spielraum, fürs Alter vorzusorgen. Kritisch sehen wir allerdings Passagen wie die folgende:

Im öffentlichen Diskurs muss die Stabilisierung der GRV [gesetzliche Rentenversicherung, Red.] durch Einzahlung aller deutlich gemacht werden (Stichwort: gesellschaftliche Verantwortung). Es geht hier darum, Regelungen zu finden, die eine Auftraggeberbeteiligung an der Sozialversicherung ermöglichen.

Denn: Die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung lehnt der VGSD ab, die Beteiligung der Auftraggeber halten wir für gut gemeint, letztlich aber kontraproduktiv.

Wie lässt sich die wirtschaftliche Lage selbstständiger Frauen verbessern? Bitte hinterlasse einen Kommentar!

Neuester Hilfreichster Kontroversester
Kommentar schreiben
Abbrechen

Du möchtest Kommentare bearbeiten, voten und über Antworten benachrichtigt werden?

Jetzt kostenlos Community-Mitglied werden

Zum Seitenanfang

#

#
# #