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Lesetipp Anhörung durch Finanzausschuss des Bundestags Acht Sachverständige beantworten Fragen zur Aktivrente

Am Montagnachmittag, 1.12.2025, 16 Uhr hat der Finanzausschuss des Bundestages acht Sachverständige zum Aktivrentengesetz angehört. Alle acht hatten vorab eine schriftliche Stellungnahme eingereicht. Wir haben diese verlinkt, die Fragen der Abgeordneten und Antworten der Sachverständigen zusammengefasst.

Eine gemeinsame Stellungnahme haben letzte Woche auch VGSD und BAGSV abgegeben, basierend auf unserer Stellungnahme an das Bundesfinanzministerium vom Oktober, die wir um weitere Argumente erweitert hatten. Unsere Stellungnahme wurde an alle Mitglieder des Finanzausschusses weitergeleitet.

Wer hat welche Expert/innen eingeladen?

Vier der Sachverständigen hatte die Union eingeladen:

  • Professor Dr. Tabea Bucher-Koenen, HEAD Pensions and Sustainable Financial Markets am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim – Stellungnahme
  • Boris Kurczinski von der Bundessteuerberaterkammer – Stellungnahme
  • Jana Bauer, Geschäftsführerin des Bundesverbands Lohnsteuerhilfevereine e.V. – Stellungnahme sowie 
  • Dr. Rainer Kambeck, Bereichsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) – Stellungnahme

Die SPD durfte zwei Sachverständige einladen:

  • Ingo Schäfer, Referatsleiter Alterssicherung im Bereich Sozialpolitik des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) – Stellungnahme und 
  • Professor Dr. Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg – Stellungnahme
     

Grüne und Linke waren auf je einen Sachverständigen beschränkt:

  • Professor Dr. Martin Brussig von der Universität Duisburg-Essen (Vorschlag: Die Linke) – Stellungnahme und
  • Prof. Dr. Simon Kempny, LL.M (UWE Bristol), Universität Bielefeld (Vorschlag: BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN) – Stellungnahme

Wer bekam die meisten Fragen gestellt? 

Die AfD lud überraschenderweise keine eigenen Sachverständigen ein, befragte stattdessen die von den anderen Parteien eingeladenen Expert/innen und zwar alle, bis auf den Bundesverband Lohnsteuerhilfe.

Auch die CDU stellte an alle Expert/innen Fragen – bis auf Ingo Schäfer vom DGB. Allerdings hatte sie auch jede/n zweite/n Expert/in selbst eingeladen und durfte aufgrund der Größe ihrer Fraktion die meisten Fragen (zehn) stellen, gefolgt von der AfD (sieben).

Die SPD stellte fünf Fragen und zwar – wenn wir richtig gezählt haben - als einzige Partei nur an die beiden von ihr benannten Expert/innen (von DGB und IAB). Auffällig war auch, dass die SPD die ihr zur Verfügung stehende Zeit nicht voll nutzte, keine Nachfragen stellte bzw. die Fragen nicht an andere Experten weitergab. Das war einer der Gründe dafür, dass die Anhörung schon gut zehn Minuten früher als geplant endete. Angelegt war sie auf insgesamt 90 Minuten.

Die Linke stellte neben ihrem eigenen Experten auch eine Fragen an den DGB-Vertreter und die Grünen verteilten ihre drei Fragen auf drei Experten.

Die meisten Fragen (je fünf) bekamen in Summe Professor Weber vom IAB und Boris Kurczinski von der Bundessteuerberaterkammer gestellt, gefolgt von Professor Brussig, dem Experten der Linken und Ingo Schäfer vom DGB.

Wie viele zusätzliche Arbeitskräfte kann die Aktivrente mobilisieren?

Diese erste Frage von MdB Professor Matthias Hiller (CDU) richtete sich an die ZEW-Professorin Tabea Bucher-Koenen. Sie wies zunächst darauf hin, dass sie vor allem zwei wirksame Maßnahmen sieht, mehr Arbeitskräfte zu mobilisieren: Die Anreize zur Frühverrentung zu reduzieren und das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Der Effekt eines steuerlichen Anreizes zur Mehrarbeit sei im Vergleich viel schwieriger abzuschätzen. Wer für die gleiche Arbeit künftig netto mehr Geld erhält, könnte nämlich seine Arbeit auch einschränken, weil er das angestrebte Einkommen früher erreicht. "Einkommenseffekt" nennt das die Wissenschaft - und führt zum Gegenteil der Anreizwirkung, die man sich eigentlich erhofft.

Bei denen, die ohnehin schon im Alter erwerbstätig sind, erwartet sie eher einen Nulleffekt: Sie nehmen das höhere Netto mit, arbeiten deshalb aber nicht mehr. Man kann aber auch andere Effekte in den Vordergrund rücken, deshalb lägen auch die Schätzungen zur Wirkung der Aktivrente weit auseinander. Wichtig sei es bei der geplanten Evaluierung, nicht nur auf die Zahl der im Alter Erwerbstätigen zu schauen, sondern auch auf die Zahl der von ihnen geleisteten Stunden.

Im weiteren Verlauf wird Boris Kurczinski von der Bundessteuerberater auf eine andere Frage hin ergänzen, dass das Meldesystem schon jetzt entsprechend ausgestaltet werden muss, damit dann später die benötigten Angaben zur Verfügung stehen. Wenn dies im Gesetz gut angelegt werde, wäre das die Voraussetzung, um es später evaluieren zu können.

Auf die gleiche Frage antwortet DIHK-Vertreter Dr. Rainer Kambeck, dass es eine klare Evidenz dafür gäbe, dass das Fachkräftepotenzial rückläufig sei, er bewerte deshalb die Aktivrente positiv, sie solle umgesetzt werden. Er habe allerdings ein paar Bedenken – dann läuft aber schon seine Zeit aus, denn pro Fragerunde sind unabhängig von der Zahl der Experten jeweils insgesamt nur fünf Minuten zugelassen.

Was halten Sie von dem halben Steuerfreibetrag, dafür auch für Selbstständige?

Als nächstes ist die AfD dran. Anders als bei der Bundestagsdebatte stellt sie vergleichsweise wenige Fragen zum Ausschluss von Selbstständigen von der Aktivrente. Man hat das Gefühl, sie klopft andere Aspekte der Aktivrente auf deren Empörungspotenzial ab – und die Expert/innen antworten ausweichend, um ihr das Gewünschte nicht zu liefern.

So fragt MdB Gerrit Huy (AfD) den von der SPD als Experten benannten Professor Weber vom IAB, wie er die fiskalischen Auswirkungen des AfD-Antrags einschätzt (12.000 Euro statt 24.000 Euro Freibetrag pro Jahr, dafür Begünstigung auch von Selbstständigen). Weber erklärt, wie Ökonomen die Wirkung von Steuervergünstigungen auf das Arbeitsangebot berechnen: anhand von "Arbeitsangebotselastizitäten", also Erfahrungswerten dazu, zu wie viel Mehrarbeit ein ein Prozent höheres Einkommen führt. Er begründet so, dass die Zahl zusätzlicher Arbeitsplätze durch die Aktivrente ohnehin gering ausfallen wede. Die von der AfD vorgeschlagenen 1.000 Euro Freibetrag seien nicht weit von der Minijobgrenze entfernt, die Kosten, aber auch die Effekte pro Erwerbstätigem niedriger.

IAB schätzt Steuerausfälle auf das Zweieinhalbfache des Gesetzentwurfs

Dann stellt Weber fest, dass nach Schätzungen des IAB – basierend auf den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit – 410.000 Menschen schon jetzt im Alter sozialversicherungspflichtig tätig sind. Das führe allein bei ihnen zu "Mitnahmeeffekten" von 2,2 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist das Zweieinhalbfache der im Gesetzesentwurf geschätzten 890 Millionen Euro Steuerausfall.

Das führt dazu, dass MdB Carsten Brodesser (CDU) später Weber korrigiert: Die 2,2 Milliarden Euro würden Selbstständige mit einschließen, diese seien aber von der Aktivrente ausgeschlossen. Als ihm eine SPD-Abgeordnete später die Möglichkeit zu einer Antwort gibt, stellt Weber richtig: Die 2,2 Milliarden Euro pro Jahr bezögen sich ausschließlich auf sozialversicherungspflichtig Angestellte, mit Selbstständigen würde es entsprechend teurer.

"Da läuft gerade eine sehr erfolgreiche Petition"

MdB Sascha Müller (Grüne) fragt den von ihm eingeladenen Verfassungsrechtler Professor Simon Kempny nach der Vereinbarkeit des Aktivrentengesetzes mit dem Grundgesetz und erwähnt dabei die von uns direkt vor der Anhörung an ihn und zwei weitere MdBs übergebene Petition (Minute 17:27).

Kempny hat schon zuvor auf eine Frage der AfD nach der ungewöhnlichen Höhe des Steuervorteils gesagt, dass es von Verfassungs wegen keine quantitative Grenze gebe. Vielmehr sei zu fragen, wie die 2,2 Milliarden Steuervorteil sich auf die Steuerzahler aufteilen würden. Solche mit höherem steuerpflichtigem Einkommen würden deutlich mehr von der Aktivrente profitieren. Das sei grob sozialstaatswirdrig. In seiner Antwort auf die Frage von Sascha Müller vertieft er diese Antwort und bewertet verschiedene Vergleichsszenarien mit Steuerzahlern unterschiedlichen und gleichen Alters, unterschiedlichen Einkommens usw.

Könnte Aktivrente Anlass sein, das Bruttogehalt von Älteren zu senken?

Dann ist schon wieder die AfD an der Reihe. Sie möchte vom DIHK und DGB wissen, ob die Steuervergünstigung eine Versuchung für Arbeitgeber sein könnte, das Bruttogehalt von Älteren zu reduzieren, netto bliebe ja trotzdem gleich viel oder mehr als bisher übrig.

Dr. Rainer Kambeck (DIHK) sagt, dass die Arbeitgeber verzweifelt Arbeitskräfte suchen würden, es sei unlogisch, dies durch eine Senkung der Gehälter zu konterkarieren. Wissenschaftliche Erkenntnisse gäbe es dazu aber noch keine.

Ingo Schäfer (DGB) weist darauf hin, dass bei der Weiterbeschäftigung von Fachkräften eine Lohnsenkung unüblich bzw. im tarifgebundenen Unternehmen gar nicht möglich sei. Ansonsten sollten die, die eine Fachkraft suchen, für diese bezahlen, sprich: Die Arbeitgeber müssten nur genug bezahlen, dann bekämen sie auch ohne Aktivrente genügend Fachkräfte.

Ist es ok, dass Arbeitgeber weiter Beiträge zahlen, diesen aber keine Leistungen mehr gegenüberstehen?

Die nicht als Sachverständige geladene caritas hatte in ihrer Stellungnahme (Zusammenfassung) an das Bundesfinanzministerium kritisiert, dass die Aktivrente eine Steuervergünstigung sei, die über den Umweg der Sozialversicherungsbeiträge der begünstigten Rentner/innen verdeckt die Rentenversicherung subventioniere, also ohne im Bundeshaushalt sichtbar zu werden.

Tatsächlich verhält es sich so, dass Arbeitgeber und -nehmer sich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge teilen. Die Arbeitgeber zahlen darüber hinaus Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung. Die Arbeitslosenversicherung führt aber bei Rentner/innen zu keinem Anspruch auf Arbeitslosengeld. Und die Rentenversicherung führt nur dann zu höheren Rentenansprüchen, wenn der Arbeitnehmer freiwillig seinen Anteil bezahlt, was aber die allermeisten (bisher) nicht tun.

Es war auch hier die AfD, die mehrfach zu diesem Thema nachfragte: Dr. Rainer Kambeck vom DIHK forderte, die Sozialversicherungspflicht "rauszunehmen", dafür gäbe es keine gute Rechtfertigung. Boris Kurczinski von der Bundessteuerberaterkammer sieht es dagegen als "rechtlich durchhaltbar" an. Schließlich herrschten bei den Minijobs "ähnliche Verhältnisse": Auch hier zahlen die Arbeitgeber z.B. Rentenversicherungsbeiträge, die aber nur dann zu einer höheren Rente führen, wenn der Arbeitnehmer freiwillig auch seine eigenen Beiträge leistet, was nur eine Minderheit tut, obwohl es sich für den Arbeitnehmer rechnet.

Enzo Weber schlägt fixen prozentualen Steuervorteil und Kampagne vor

MdB Frauke Heiligenstadt (SPD) war es, die Professor Weber danach fragte, ob es sinnvoll sei, Selbstständige in die Aktivrente zu integrieren. 

Enzo Weber nutzte diese Frage sowie eine spätere Frage von MdB Florian Dorn (CDU), um zwei Vorschläge zu machen: Mit der Aktivrente würde man Menschen mit niedrigem Einkommen nicht so gut erreichen. Sie zahlen weniger Steuern, deshalb seien Steuerersparnis und Anreizwirkung geringer. Sein Lösungsvorschlag: Lieber allen einen festen Prozentsatz des Einkommens, unabhängig von dessen Höhe, als Zuschuss auszuzahlen. Großes Potenzial sieht Professor Weber zudem in einer Kampagne, um die Möglichkeiten des Zuverdienstes im Alter besser bekannt zu machen. Die Altersgrenze kenne jeder. Viele Rentner/innen wüssten aber nicht, dass man seit Kurzem (eingeführt von Klingbeil-Vorgänger Lindner) beliebig zur Altersrente dazuverdienen kann – und das zudem bald noch steuerlich begünstigt. Mit einer solchen Kampagne könnten deutlich mehr als die wenigen zehntauend zusätzlichen Arbeitsplätze entstehen, die er der Aktivrente für sich allein genommen zutraue.

Ausschluss Selbstständiger: "als ungerecht empfunden ... das liegt natürlich auf der Hand"

Zur Frage nach den Selbstständigen antwortet Professor Weber, dass die Kosten bei ihnen hoch lägen. Der Anteil der Selbstständigen unterhalb der Altersgrenze läge bei 8 Prozent, oberhalb des Rentenalters dann bei 29 Prozent. "Rein fiskalisch würde es sich nicht lohnen, Selbstständige einzubeziehen. Dass das von der Begünstigung bzw. Nichtbegünstigung her dann als ungerecht empfunden wird, das liegt natürlich auch auf der Hand."

Was Enzo Weber hier unseres Erachtens nicht berücksichtigt: Die 29 Prozent Selbstständigen im Alter sind nicht nur Menschen, die zuvor schon selbstständig waren, sondern viele, die sich im Alter erst selbstständig machen. Freiwillig, weil sie sich mehr Freiheit beim Arbeiten wünschen, weil die Selbstständigkeit besser zu ihrer Art von Tätigkeit im Alter passt, teilweise auch unfreiwillig, weil sie kein Arbeitgeber mehr anstellen möchte, etwa aufgrund von Gesundheitsrisiken.

Selbstständige: Da gibt es ein Problem, das sich aber ohnehin nicht lösen lässt

Mit Selbstständigen, so Professor Weber weiter, bekäme man noch ein anderes Problem: passives Gewinneinkommen (gemeint ist Einkommen, das nicht auf eigener Arbeit, sondern der Wertschöpfung von Mitarbeitern beruht) solle von der Aktivrente nicht begünstig werden. Enzo Weber korrigiert sich dann aber direkt und bringt zum Ausdruck, dass diejenigen Selbstständigen mit Mitarbeitern ja ganz einfach passives Gewinneinkommen in ein "aktives" Gehalt umwidmen könnten.

Sprich: Dieser Missbrauch, mit dem der Ausschluss der Selbstständigen insgesamt begründet wird, lässt sich ohnehin nicht verhindern. Den Schaden haben alle anderen Selbstständigen, die selbst arbeiten, zum Beispiel weil sie gar keine Mitarbeitenden beschäftigen. Aber darauf geht Professor Weber leider nicht ein.

Progressionsvorbehalt wäre geboten

MdB Sascha Müller (Grüne) stellt die Frage, ob der vorgesehene Verzicht auf den Progressionsvorhbehalt systemgerecht sei. Der Verzicht auf den Vorbehhalt führt in der Praxis dazu, dass Rentner/innen mit zusätzlichen steuerpflichtigen Alterseinkünften deutlich mehr Steuern sparen können: statt maximal 500 Euro sind es bei ihnen bis zu 920 Euro pro Monat.

Boris Kurcinski von der Bundessteuerberaterkammer zählt verschiedene andere Zuflüsse auf und erklärt, dass diese alle unter dem Progressionsvorbehalt stehen, dieser somit "systemgerechter" wäre. Man sollte sich bei der Steuer bemühen "dass da eine gewisse Linie drin ist". Auch der Lohnsteuerhilfeverein hält den Progressionsvorbehalt "für geboten". 

Altersdiskriminierung: Man muss erst mal eine sozialversicherungspflichtige Anstellung bekommen, um von der Aktivrente zu profitieren

Ingo Schäfer (DGB) berichtet, dass die Neigung der Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern "sehr selektiv" sei. Viele Arbeitnehmer bekämen – auch wenn sie gerne weiterarbeiten wollten – keine Weiterbeschäftigung angeboten. 

Entsprechend hatte zuvor auch Professor Brossig argumentiert: Voraussetzung für die Aktivrente sei, dass die Arbeitgeber eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ermöglichten.

Ansonsten kommt zur Altersdiskriminierung (keine Beschäftigung Älterer) der Ausschluss von der Aktivrente hinzu - wir haben über dieses Problem ausführlich berichtet.

Zweifel an fairer Evaluation – und an Umsetzung von deren Ergebnissen

Auf eine Frage von MdB Doris Achelwilm (Linke) nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis der Aktivrente geht Ingo Schäfer vom DGB auf seine Zweifel an der vom Gesetz nach Ablauf von zwei Jahren vorgesehenen Evaluationsphase ein. Über 300.000 Rentner/innen arbeiteten schon jetzt sozialversicherungspflichtig, jedes Jahr kämen 30.000 weitere hinzu. Ob die Aktivrente diese Zahl wirklich erhöhen würde oder ob ein weiterer Anstieg auch ohne sie zustande gekommen wäre, das sei bei einer solchen Entwicklung empirisch gar nicht messbar. 

Zugleich sieht er ein ähnliches Problem wie schon bei den Minijobs: Selbst bei einer eindeutig negativen Evaluation sei es schwierig, die Aktivrente – einmal eingeführt – wieder abzuschaffen, denn man könne den Menschen nur schwer etwas wegnehmen, was für ihr Nettoeinkommen einen solchen Vorteil bedeute. Das Geld würde statt dessen an anderer Stelle fehlen, wo er größeres Potenzial sehe, vor allem für Maßnahmen, die Menschen während jüngerer Jahre eine Erwerbsbeteiligung ermögliche – und das dann nicht über zwei oder drei Jahre, sondern über Jahrzehnte.

Aktivrente als Weg, Minijobs abzuschaffen?

Professor Weber sieht auf eine Frage von MdB Frauke Heiligenstadt von der SPD dagegen in der Aktivrente eine Möglichkeit, vielleicht die Minijobs zu überwinden: Wenn viele Rentner sich aufgrund der Aktivrente für einen sozialversicherungspflichtigen Job entscheiden, der für sie mit höheren Steuervorteilen verbunden ist, dann käme man ja vielleicht der Abschaffung der Minijobs näher.

Als einer der letzten Fragesteller bittet MdB Heiko Hain (CSU) Professor Tabea Bucher-Koenen vom ZEW, einen Ausblick zu wagen und fragt, ob von der Aktivrente eine Signalwirkung ausgehen könne in Hinblick auf eine längere Erwerbstätigkeit. Bucher-Koenen geht in ihrer Antwort unter anderem auf die empirische Evidenz von Salienzen ein, also darauf, welche Informationen besonders auffällig sind, quasi "hervorspringen". Hain interpretiert dies als Zustimmung auf seine Frage und sagt sinngemäß: Wenn wir alle mitnehmen, dass von der Aktivrente ein positives Signal ausgehe, dann habe er keine weiteren Fragen. (Gelächter im Saal)

Was denkst du?

Hast du dir die Anhörung oder Teile davon angeschaut (Video siehe oben)? Was ist dir dabei noch aufgefallen? Hast du eine Korrektur zu dem was wir geschrieben haben? Wurde deiner Meinung nach angemessen auf den geplanten Ausschluss der Selbstständigen aus der Aktivrente eingegangen? Wir sind gespannt auf deinen Kommentar! 

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