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Gründung eines gemeinsamen Unternehmens – Worüber müssen wir uns klar werden? - Marcus Mencke-Haan antwortet

Falk möchte mit seiner früheren Arbeitskollegin Katharina ein gemeinsames Unternehmen gründen.

Dazu hat er folgende Frage an uns gestellt: „Worüber müssen wir uns klar werden? Was sind die zusätzlichen Herausforderungen gegenüber einer Gründung alleine? Welche Streitpunkte gibt es und wie können wir diese vermeiden?

VGSD-Mitglied und -Regionalgruppensprecher Marcus Mencke-Haan gibt Tipps aus seiner Beratungspraxis

Wir kennen uns schon lange und verstehen uns sehr gut. Wir wollen auf keinen Fall, dass das gemeinsame Unternehmen einen Keil zwischen uns treibt."

Der Gründungs- und Unternehmensberater Marcus Mencke-Haan antwortet

Es ist schon mal super, dass ihr euch diese Frage stellt. Denn sobald mehrere Leute zusammen gründen, gibt es unterschiedliche Erwartungshaltungen, über die man sich im Vorhinein klar werden muss. Die wichtigsten Ergebnisse solltet ihr dann unbedingt schriftlich in einem Gesellschaftsvertrag festhalten. Es geht darum, potenzielle Streitthemen vorab zu regeln – und so Konflikte von vorn herein zu vermeiden.

Egal ob die Firma später gut oder schlecht läuft, am häufigsten streitet man sich über die gerechte Aufteilung des Gewinns und die Frage, was die einzelnen Gesellschafter dazu beigetragen haben. Jeder sieht das natürlich subjektiv und tendiert dazu, den eigenen Anteil zu überschätzen. Deshalb ist es wichtig, sich ausreichend Zeit für Gespräche zu nehmen, die subjektiven Wahrnehmungen und Überzeugungen abzugleichen und miteinander auch über heikle Themen zu sprechen.

Gesellschafter sollten sich alle sechs Monate Zeit für Gespräche nehmen und Ergebnisse dokumentieren

Das solltet ihr vor der Gründung ausführlich tun und solche Gespräche dann regelmäßig – ich empfehle alle sechs Monate – wiederholen. Auch die Ergebnisse dieser Gespräche würde ich auf jeden Fall schriftlich festhalten. Dabei geht es gar nicht so sehr um eine rechtlich perfekte Formulierung, sondern darum, sich später an alles zu erinnern und eine Basis für das jeweils nächste Gespräch zu haben. Im Tagesgeschäft vergisst man sonst schnell das eine oder andere, was wiederum Anlass für Irritationen sein könnte.

Es kann viel Zeit sparen, wenn man bei der Gründung und später, wenn es schwierige Gespräche gibt, einen außenstehenden Dritten hinzuzieht. Wenn ich in dieser Rolle bin, ist meine Hauptaufgabe die Versachlichung der Argumentation. Außerdem stelle ich als Berater sicher, dass alle wichtigen Punkte angesprochen werden und mache Lösungsvorschläge, wie man die wichtigsten Themen konstruktiv und pragmatisch regeln könnte.

Stundenliste und Geschäftsverteilungsplan können zur Versachlichung beitragen

Ein Beitrag zur Versachlichung kann sein, für einen bestimmten Zeitraum eine Stundenliste zu führen. Oft unterschätzt man, wie viel Zeit zum Beispiel die Buchhaltung und der Jahresabschluss kosten. Es kommt aber nicht nur auf die reine Arbeitszeit an, sondern auch auf die Ergebniswirksamkeit. Häufig passiert es auch, dass ein Gesellschafter vom anderen einfordert, effektiver zu arbeiten oder sich mehr um die Akquise zu kümmern. Wenn so etwas offen ausgesprochen wird, ist das aber meist schon der erste Schritt zur Lösung.

Ein anderer Tipp: Einigt euch auf einen Geschäftsverteilungsplan, in dem ihr die Zuständigkeiten regeln: Wer ist für Marketing, wer für Vertrieb zuständig? Wer für Eingangsrechnungen und Buchführung? Wer schreibt Rechnungen und treibt sie ein? Wer sucht Mitarbeiter und wer kümmert sich um die IT?

Erstellt eine Liste mit den relevanten Aufgabenbereichen. Die einzelnenn Aufgaben müssen nicht zu 100% von einem Gesellschafter übernommen werden, Sie können auch eine prozentuale Verteilung vereinbaren oder vermerken, dass ein Großteil durch Mitarbeiter oder Dienstleister abgedeckt wird. Wichtig ist aber, dass einer die Verantwortung für den Bereich trägt. Er muss dafür sorgen, dass Mitgesellschafter, Mitarbeiter usw. ihre Aufgaben erfüllen und nichts „anbrennt“.

Checkliste für Teamgründer

Den Teamgründern, die ich betreue, stelle ich die folgenden Teamgründungs-spezifischen Fragen. Beantwortet diese am besten jeder für sich und sprecht eure Notizen dann gemeinsam durch:

  • Was ist meine persönliche Motivation zur Gründung eines gemeinsamen Unternehmens?
  • Welchen wirtschaftlichen Nutzwert bringt jeder Gesellschafter in das Unternehmen ein?
  • Wird jeder Gesellschafter seine volle Arbeitkraft in das Unternehmen einbringen oder noch zusätzliche Tätigkeiten ausüben (Art und Umfang)?
  • Wie viel monatliche / jährliche Arbeitszeit plant jeder Gesellschafter in welchem Rhythmus und mit welcher Flexibilität für das Unternehmen einzusetzen?
  • Wie viel Einkommen möchte jeder Gesellschafter aus dem Unternehmen mindestens erzielen?
  • Bis wann muss dieses Ziel spätestens erreicht sein und was passiert wenn nicht?
  • In welchem Verhältnis wird der Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet (Häufig entsprechen die Gewinnanteile den Gesellschafteranteilen. Davon kann man aber abweichen, z.B. wenn ein Partner deutlich mehr Arbeitzeit investiert.)
  • Welcher Gesellschafter ist für welche Aufgaben / Unternehmensbereiche verantwortlich?

Zusätzliche Checkliste in Hinblick auf Gesellschaftsvertrag

In Hinblick auf den Gesellschaftsvertrag müsst ihr auch auf die folgenden, teils etwas theoretisch klingenden Fragen eine gemeinsame Regelung finden:

  • Welche Entscheidungen können in dem Verantwortungsbereich ohne Abstimmung getroffen werden? (z.B. alle Entscheidungen mit wirtschaftlichen Folgen bis 2.000 Euro)
  • Sind die Gesellschafter befugt, das Unternehmen auch bei Verträgen mit sich selbst (z.B. Arbeitsvertrag) zu vertreten?
  • Werden Entscheidungen einstimmig gefällt oder ist (bei drei und mehr Gesellschaftern) eine Mehrheit 50, 66 oder 75 Prozent nötig?
  • Zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Bedingungen kann ein Gesellschafter aus dem Unternehmen ausscheiden? Was passiert im Todesfall?
  • Kann ein Gesellschafter seine Anteile einfach an einen Dritten verkaufen oder braucht er dafür die Zustimmung der anderen Gesellschafter?
  • Welche Aufnahmeprozedur gilt bei der Aufnahme eines neuen Gesellschafters?
  • Was passiert bei einem zerrütteten Gesellschafterverhältnis?
  • Unter welchen Bedingungen kann ein Gesellschafter den anderen Gesellschafter vom Unternehmen ausschließen und die Anteile einziehen?

Ich finde es toll, dass ihr euch mit diesen Themen bewusst auseinandersetzen und Antworten finden wollt, die für euch alle akzeptabel sind. Damit schafft ihr ein gutes Fundament für eine erfolgreiche gemeinsame Selbstständigkeit.

Marcus Mencke-Haan ist als erfahrener und zertifizierter Berater in den Bereichen Gründung, Finanzierung und Förderung tätig. Ganz gleich, ob es sich um einen erfolgreich bewilligten Antrag auf Gründungszuschuss, das KfW-Startgeld oder die Suche nach privaten Investoren handelt: Er steht mit Rat und Tat zur Seite und ist aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung bestens vernetzt.

Zum Branchenprofil von Markus Mencke-Haan

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