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Update Martin Schulz setzt auf Parteitag Programmierer und Prekariat gleich und schätzt Zahl der Selbstständigen auf eine Million

(Update vom 11.12.17) Inzwischen hat die SPD auf unseren Beitrag geantwortet und uns vorgeworfen, wir hätten diese „einseitig interpretiert“. Zugleich will man aber auch einen konstruktiven Dialog aufbauen. In unserer Antwort haben wir erklärt, warum die Aussagen von Martin Schulz bei uns und unseren Mitgliedern für so viel Kopfschütteln, Ärger und Wut führen.

Martin Schulz setzt auf Parteitag Programmierer und Prekariat gleich

(Update vom 07.12.17) Der SPD-Bundesparteitag „ist der Startpunkt für die Erneuerung der SPD“, schreibt die Partei auf ihrer Website. Um 11 Uhr begann das Parteitreffen heute mit einem Gottesdienst, mittags hielt der Parteivorsitzende Martin Schulz dann eine programmatische Eröffnungsrede. Dabei kam er auch auf uns Selbstständige zu sprechen.

Was er sagte, führte auf dem Parteitag zu lang anhaltendem Beifall. Bei unseren Mitgliedern dagegen offenbar zu Kopfschütteln: Mehrere haben uns unabhängig voneinander per Mail und Whatsapp auf diese Redepassage aufmerksam gemacht.

Martin Schulz spricht von mehr als einer Million Selbstständigen

Schulz spricht in seiner Rede von einem Trend zur Selbstständigkeit, schon mehr als eine Million Selbstständige gäbe es. – Tatsächlich gibt es aber mehr als vier Millionen Selbstständige, darunter 2,3 Millionen Solo-Selbstständige!

Auch der von ihm beobachtete Trend zur Selbstständigkeit besteht unseren Faktencheck nicht. Unter anderem aufgrund der wenig gründerfreundlichen Politik der letzten Jahre gibt es in Deutschland gerade den umgekehrten Trend: Die Zahl der Selbstständigen nimmt seit Jahren ab, die Zahl der Gründer ist in den letzten acht Jahren sogar dramatisch eingebrochen.

Parteitagsrede von Martin Schulz: Bei Minute 41:50 kommt er auf uns Selbstständige zu sprechen

Programmierer gleich Prekariat?

Im darauffolgenden Satz seiner Rede unterscheidet Schulz dann gute und schlechte Gründer: Zu den erfolgreichen, die eigenverantwortlich für ihr Alter vorsorgen können, zählt er neben Ärzten auch Installateure und Buchhändler. Zu den Prekären, gehören für ihn neben Paketboten und Uber-Fahrern ausgerechnet die Berufsgruppe der Programmierer.

Die Logik dahinter offenbar: Software-Entwickler erhalten ihre Aufträge häufig über Vermittler und Plattformen. Die Plattform-Ökonomie aber wird mit von SPD und Gewerkschaften mit Prekarität gleichgesetzt. Deshalb muss der Staat bei dieser Berufsgruppe dringend eingreifen und sie z.B. zu Einzahlungen in die staatliche Rentenversicherung verpflichten.

Software-Entwickler haben Martin Schulz und sein Redenschreiber offenbar nicht in ihrem erweiterten Bekanntenkreis, denn sonst wüssten sie, dass IT-Selbstständige landauf landab um ihre hohen Stundensätze bei zugleich sehr hoher Auslastung beneidet werden. Sicher auch von vielen Buchhändlern, deren Branche sich seit Jahren in einer schweren Strukturkrise befindet.

Hier unsere Transkription der Redepassage:

„Und gemeinsam müssen wir uns darum kümmern, dass der Trend zur Solo-Selbstständigkeit nicht zu einer weiteren Prekarisierung der Arbeit führt.

Mehr als eine Million Menschen sind heute in Deutschland selbstständig, Tendenz steigend. Nur selbstständig heißt heute nicht mehr Ärztin oder Installateur oder Buchhändler, nein das heißt heute immer häufiger Paketbote, Programmierer oder Fahrerin bei Uber.

Das sind Menschen, die können sich nicht mal so eben aus der Portokassen absichern. Wir müssen uns darum kümmern, dass diese Form der Selbstständigkeit nicht zu einer systematisierten Selbstausbeutung wird. Wir wollen keine App-gesteuerte Dienstbotengesellschaft, Genossinnen und Genossen. Wir wollen, dass die Digitalisierung zu mehr individueller Freiheit führt, zu mehr Chancen, zu mehr selbstbestimmter Lebensgestaltung. (Langer Beifall) Unsere Aufgabe ist es, den Menschen die Sicherheit zu geben, dass es auch morgen noch für sie eine gute Perspektive gibt.“

Martin Schulz war selbst einmal selbstständig

Martin Schulz’ nicht gerade faktenbasierten Aussagen über uns Selbstständige sind um so frustrierender, als Martin Schulz ja einer der wenigen Politiker ist, die selbst einmal selbstständig waren, in seinem Fall als Buchhändler in Würselen („Buchhandlung Schulz“).

Wir meinen: Nur wer die Fakten kennt, wird auch zu den richtigen politischen Schlussfolgerungen kommen und fordern die SPD-Spitze deshalb zu einem echten Dialog mit den Selbstständigenverbänden auf.

Unter diesem Beitrag findest du eine sehr umfangreiche (inzwischen aber für neue Beiträge geschlossene) Diskussion zu diesem Thema. Weiter diskutieren kannst du auf unserer Facebook-Seite sowie auf der YouTube-Seite der SPD zur Parteitagsrede. Deine Meinung ist uns wichtig – bitte bleibe aber sachlich!

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