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Stärker als zuvor - Keren Pickard, Mut-Coach „Das Leben ist zu kurz, um ständig in den Rückspiegel zu schauen!"

Let's do it: Keren Pickard spricht sich und anderen Mut zu. Von Perfektionismus lässt sie sich nicht lähmen

Du beschreitest den Weg des ständigen Lernens, mal mutig und stark, mal zweifelnd und verletzlich - aber gehst immer voran, neugierig und begeisterungsfähig? Umwege und Einbahnstraßen nutzt du im Sinne einer offenen Fehlerkultur als das, was sie sind: als Chancen, etwas Neues zu lernen, und als Gelegenheiten, um an ihnen zu wachsen?

Im vergangenen Jahr haben wir über 50 Geschichten zum Thema  „Warum bist du selbstständig?“ gesammelt – und auf unserer Webseite veröffentlicht. Jetzt wollen wir wissen: Durch welche Umstände bist du „stärker als zuvor“? Unter folgendem Link findest du alle Informationen zu unserer neuen Kampagne: "Stärker als zuvor". Die gebürtige Texanerin Keren Pickard, Mut-Coach und Cheerleaderin für Selbstständige, hat uns auf diese Idee gebracht, die Kampagne mit uns entwickelt - und stellt zum Start ihre eigene Geschichte vor:

Die „geborene Selbstständige“

Ich heiße Keren Pickard und ich bin seit 2002 als Mut-Coach, Kommunikationstrainerin und Speakerin selbstständig. Schon als Kind konnte man an meinem unzerstörbaren Optimismus erkennen, dass ich eventuell selbstständig werden würde. Meine Eltern hatten mich dazu erzogen, sehr unternehmerisch zu sein, und ich genoss es total, Garagenflohmärkte zu organisieren, Rasen zu pflegen und Kinder zu hüten, um an eigenes Geld zu kommen. Ich habe sogar meine College-Ausbildung mit dem Tür-zu-Tür-Verkauf von hochwertigen Messern und Küchenzubehör finanziert! Es fiel mir nie schwer, Menschen für die Dingen zu begeistern, von denen ich selbst überzeugt war. Im Wort „Enthusiasm“ steckt das Akronym „IASM“, also „I Am Sold Myself“ drin. Das, wovon ich selbst überzeugt und begeistert bin, kann ich wie warme Semmeln verkaufen!

Challenge: Selbstständigkeit im Ausland aufbauen

Ich habe meine jetzige Selbstständigkeit begonnen, als ich 25 Jahre alt war. Als ich im Jahr 2000 aus den USA als Austauschstudentin nach Deutschland kam, hatte ich Stipendiumsgeld - und erst mein Studi-Leben voll ausgekostet. Ein Jahr später fragte meine Universität, ob ich mein ursprüngliches Studienjahr auf zwei Jahre verlängern wollte, da sich niemand nach mir beworben hatte. Ich durfte mein Stipendium aber nicht zweimal bekommen und brauchte plötzlich eine Möglichkeit, Geld in einem fremden Land zu verdienen.

Es dauerte nicht lange, bis sich mir die Gelegenheit bot, das zu tun, was die meisten englischen Muttersprachler tun, wenn sie zum ersten Mal nach Deutschland kommen: Ich habe meine eigene Sprache unterrichtet. Zunächst arbeitete ich für fremde Sprachschulen und Volkshochschulen, aber ich merkte bald, dass ich wesentlich mehr Geld verdienen konnte, wenn ich meine eigenen Kunden akquirierte und ihnen meine Dienste direkt anbot. Mein Deutsch war zwar noch SEHR ausbaufähig, aber als „geborene Verkäuferin“ mit einer XXL-Portion Charme und Energie konnte ich mir bald eigene Verträge sichern und endlich gutes Geld mit Sprachtrainings verdienen. Bis 2008 arbeitete ich hauptberuflich als Seminartrainerin für mehrere multinationale Unternehmen und hatte ein Team aus drei Trainern, die für mich Kurse leiteten. Die Finanzkrise und die bevorstehende Geburt meines ersten Kindes im Jahr 2009 bedeuteten das Ende meines ersten Abenteuers als Selbstständige in einer Fremdsprache. Schon bald begann ich aber, mich nach neuen beruflichen Herausforderungen umzusehen.

Mehrwert statt Perfektion

Der größte Erfolg meiner jetzigen Selbstständigkeit kam, als ich einige Jahre später als Trainerin für interkulturelle Kommunikation arbeitete. Ich wurde gebeten, "ins kalte Wasser zu springen", und mein Seminar "Doing Business with Americans" für den Vorstand eines neuen Unternehmens zu leiten... auf Deutsch! Ich hatte große Angst, entschied mich aber, es trotzdem zu versuchen. Ich übersetzte alle meine Unterlagen, beschloss aber bewusst, meine Fehler im Deutschen NICHT zu korrigieren. Als ich mit meiner Präsentation begann, sagte ich den Teilnehmern, dass ich die Folien absichtlich nicht korrigiert hatte und dass ich ihnen damit zeigen wollte, dass es nicht um PERFEKTION geht, sondern darum, den Menschen, mit denen sie arbeiten, einen MEHRWERT zu bieten. Ich konnte hören, wie ihre Herzen schmolzen! Durch diese mutige Entscheidung haben sie mir sechs weitere Trainings angeboten! Das war der wichtigste Moment in meiner Karriere als Selbstständige, denn ich gab mir endlich die Erlaubnis, das zu tun, was mir am Herzen lag, und mich nicht vom Gefühl des lähmenden Perfektionismus versklaven zu lassen.

Von innen nach außen wachsen

Ich habe in den letzten Jahren gelernt, meine Glaubenssätze bewusst zu reflektieren - und in den folgenden Bereichen bin ich am meisten gewachsen:

Erstens, habe ich früher viel zu wenig an die Kraft von Gegensätzen geglaubt, vor allem an die Stärken meines Mannes. Er ist ein begnadeter kritischer Denker und denkt alles zwei- und dreimal durch, bevor er handelt. Lange habe ich diese Eigenschaft als Bremsklotz für meine verrückten Träume gesehen, bis ich irgendwann verstanden habe, dass wir zwei gleichberechtigte, aber total unterschiedliche Funktionen haben. Ich bin ein Drache, der hoch hinausfliegen möchte, und er ist meine Schnur, die Richtung und Orientierung bietet. Ohne die „positive Spannung“ in dieser Beziehung wäre ich schon lange irgendwo „in den Ästen hängengeblieben.“ Mit ihm zusammen darf ich emporsteigen und mein Potenzial erst recht entfalten.

Zweitens habe ich mich immer für die Psychologie interessiert, aber als eine High-School-Lehrerin einst behauptete, ich wäre für therapeutische Berufe nicht geeignet, weil ich viel zu gern reden würde, habe ich andere Wege eingeschlagen und bin Verkäuferin und Trainerin geworden. Erst Jahre später als angehender Business Coach hat meine Ausbilderin meine ausgezeichnete Fähigkeit, „zwischen den Zeilen zu lesen“, gelobt und mich ermutigt, diesen Glaubenssatz über Bord zu werfen. Die Eigenschaften „Rampensau“ und „Coach“ müssen sich nicht zwangsläufig ausschließen, und ich spürte auf einmal eine große Freiheit, beide Seiten von mir beruflich auszubauen.

Wenn ich zurückblicke, gibt es eine Erfahrung, die ich keinesfalls missen möchte: Als ich ausgewandert bin und mein Geschäft in Deutschland aufgebaut habe, hatte ich wenige Menschen in meinem Leben, die mir Mut gemacht haben. Ich musste mir oft „gut zureden,“ weiterzumachen und bei Schwierigkeiten nicht aufzugeben. Ich kann mich sehr gut in Menschen hineinversetzen, die sich allein mit ihren Träumen fühlen, und ohne diese Erfahrung der Einsamkeit am Anfang hätte ich das nicht so gut gekonnt. Ich möchte so viele Menschen wie möglich mit Mut und Optimismus ausstatten, an ihre „verrückten Träumen“ weiter zu glauben und sie in die Tat umzusetzen!

Wie funktioniert das mit "sich selbst Mut machen?"

Ich habe mir immer wieder Mut gemacht, indem ich mir selbst die Wertschätzung entgegengebracht habe, die ich anderen Menschen schenke, wenn ich sie coache. Ich finde es wichtig, mir selbst schnell verzeihen zu können, wenn ich Mist baue. Ich weiß, was ich kann, und ich weiß, wer ich bin… Nicht perfekt, aber trotzdem wertvoll und liebenswürdig, auch wenn ich auf dem Weg meine Fehler mache.  Vielleicht bin ich mit einer großen und herrlichen Portion Vergesslichkeit gesegnet, aber irgendwie denke ich nicht zu lange an meine Misserfolge. Das Leben ist zu kurz, um ständig in den Rückspiegel zu schauen! Lieber blicke ich nach vorne auf das Ende meines Lebens. Menschen werden die Geschichten erzählen, von dem, was sie sich zugetraut haben, und schon längst vergessen haben, was sie verpatzt haben. Ich möchte, dass die Geschichten auf meiner Beerdigung richtig klasse sein werden, und damit dies geschieht, lebe ich mutig, HIER UND JETZT!

Stärker als zuvor

Ich hatte endlich die Zeit, mich mit der Technik auseinanderzusetzen, und habe neue Wege geschaffen, überregionale Netzwerke und Kunden aufzubauen. Meine eigenen Hemmschwellen sind gefallen und ich habe gelernt, herzliche und vertrauensvolle Beziehungen im virtuellen Raum zu kreieren… Das hätte ich vor der Krise nicht gekonnt. Ich blicke hoffnungsvoll in die Zukunft, denn ich weiß, dass ich in den letzten zwei Jahren als Mensch enorm gewachsen bin. Ich traue mir noch mehr zu, weiß, dass ich auf dem Lernweg bleiben darf und dass meine Stärken im Sachen Ermutigung und Begeisterung in Deutschland dringend gebraucht werden. Ich freue mich sehr auf die Herausforderungen, die vor mir liegen und sage mir voller Überzeugung: „Mädel, das schaffst du!“.

Mehr von Keren erfährst du auch im VGSD Story Podcast.

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