Die meisten Freelancer sind zufrieden und würden sich wieder selbstständig machen. Doch die Akquise wird schwieriger, die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage verschlechtert sich. Experten sind sich einig: Die politischen Rahmenbedingungen müssen sich verbessern.
Die beiden Studien "Freelancer-Kompass 2025" und "Freelancer-Studie 2025" haben die Situation von Freelancern im vergangenen Jahr unter die Lupe genommen. Für den Freelancer-Kompass der Plattform freelancermap wurden zwischen dem 13. Januar und dem 28. Februar dieses Jahres 3.210 Selbstständige befragt. In der Freelancer-Studie der Plattform freelance.de beantworteten von 28. Januar bis 2. März 2.851 Teilnehmende die Fragen. Beide Studien lassen auch mehrere Expert/innen zum Thema selbstständige Arbeit zu Wort kommen, darunter in beiden Fällen VGSD-Vorstand Andreas Lutz.
Freelancer-Welt ist männlich geprägt
Die Freelancer-Welt ist stark männlich geprägt: Im Freelancer-Kompass antworteten 84 Prozent Männer und 16 Prozent Frauen, in der Freelancer-Studie war das Verhältnis 78 zu 22 Prozent. Der größte Anteil entfiel dabei auf den Bereich IT mit 44 Prozent. Hier zeigt sich gleich ein besonders interessantes Ergebnis der Freelancer-Studie: In der IT-Branche überflügeln Frauen bei den Stundensätzen die Männer. Der durchschnittliche Stundensatz liegt hier bei 108,78 Euro für Frauen und 99,73 Euro für Männer. In allen anderen Branchen ist der Stundensatz bei Frauen niedriger als bei Männern. Insgesamt ergibt sich ein Schnitt über die Geschlechter und alle Branchen hinweg von 100,55 Euro – 94,94 Euro bei den Frauen und 102,29 Euro bei den Männern.
Der Freelancer-Kompass misst einen durchschnittlichen Stundensatz von 104 Euro, mit einem Wert von 105 Euro bei den Männern und 102 Euro bei den Frauen. Die Branchen sind dort differenzierter aufgeschlüsselt, gerade "IT" verteilt sich auf mehrere verschiedene. Spitzenreiter ist hier das Fachgebiet "Beratung und Management" mit 120 Euro Stundensatz, gefolgt von "SAP" mit 117 Euro. Am Ende der Skala liegt "Grafik, Content, Medien" mit 82 Euro.
86 Prozent würden sich wieder selbstständig machen
Mit ihrem Einkommen sind die Freelancer überwiegend zufrieden – 66 Prozent im Freelancer-Kompass, 53 Prozent in der Freelancer-Studie (18 Prozent "sehr zufrieden", 35 Prozent "eher zufrieden"). Dieser Wert ist aber zurückgegangen: In der Freelancer-Studie 2024 waren noch 61 Prozent zufrieden, 2023 waren es sogar 70 Prozent. Der Freelancer-Kompass fragt zusätzlich zur Einkommenszufriedenheit noch nach der Zufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage. Weniger als die Hälfte betrachtete diese in diesem Jahr als "gut" oder "sehr gut", nämlich 45 Prozent (12 Prozent "sehr gut", 33 Prozent "gut"). 2024 hatten noch 53 Prozent ihre wirtschaftliche Lage als "gut" oder "sehr gut" empfunden. Dennoch gaben 86 Prozent an, sie würden sich wieder selbstständig machen.
Die schwierigere Lage zeigt sich auch in der Freelancer-Studie bei der Frage nach der Prognose: 63 Prozent erwarten für 2025 eine sehr schwere oder eher schwere Auftragslage – gegenüber 48 Prozent im Jahr 2024 und 23 Prozent 2023. Das Jahr 2024 ist für 39 Prozent schlechter als erwartet verlaufen, für 21 Prozent besser als erwartet und für 40 Prozent wie erwartet.
Beide Studien beschäftigten sich auch mit dem Einsatz von KI. Die Befragten des Freelancer-Kompasses gaben zu 77 Prozent an, KI-Tools zu nutzen. Davon nutzen 82 Prozent diese für Texterstellung, 48 Prozent für Codes, 36 Prozent für die Kommunikation mit Kunden und 33 Prozent zur Bildgenerierung. 43 Prozent planen, ihre Fähigkeiten im Umgang mit KI weiter zu verbessern. In der Freelancer-Studie gaben 59 Prozent an, KI-Tools zu nutzen, 13 Prozent planten die Nutzung. Bei den Nutzern kommt bei 51 Prozent die KI täglich zum Einsatz, bei 36 Prozent wöchentlich. Als Einsatzbereiche werden am häufigsten genannt: Informationssuche (73 Prozent), Brainstorming (61 Prozent), automatisierte Text-, Bild- und Videoerstellung (49 Prozent) und die Verbesserung von Entscheidungsprozessen (30 Prozent).
Herausforderungen für Selbstständige
Als größte Herausforderungen in der Selbstständigkeit sehen der Freelancer-Studie zufolge 61 Prozent die Projektakquise, 47 Prozent die hohe Steuerbelastung und 45 Prozent Unsicherheit und Abhängigkeit von der Wirtschaftslage. Rechtliche Fragen wie Scheinselbstständigkeit nannten 39 Prozent als größte Herausforderung. Im Freelancer-Kompass benannten mit 66 Prozent Scheinselbstständigkeit als wichtigsten strukturellen Nachteil für Freelancer gegenüber Angestellten. Entsprechend war die häufigste Antwort auf die Frage: "Was sollte der Staat für Selbstständige tun?" mit 68 Prozent "Scheinselbstständigkeit abschaffen", neben der ebenso häufig gegebenen Antwort "Bürokratie reduzieren".
Beide Studien haben zahlreiche Stimmen von Expert/innen aus der Freelancer-Welt eingeholt. VGSD-Vorstand Andreas Lutz hat sich bei beiden eingebracht. Vor allem im Freelancer-Kompass macht Andreas deutlich, wie wichtig Unterstützung aus der Politik für Selbstständige ist – nicht um Selbstständigen einen Gefallen zu tun, sondern aus eigenem Interesse des Staates heraus: "Würde Deutschland eine ähnlich hohe Quote an selbstständigen Wissensarbeitern wie Großbritannien (5,6 Prozent) oder Südkorea (9,6 Prozent) erreichen, könnte das Bruttoinlandsprodukt jährlich um bis zu 58 Milliarden Euro steigen – kumuliert sogar um 243 Milliarden Euro", zitiert er das Ergebnis einer Studie des ifo-Instituts. " Diese Zahlen verdeutlichen, dass eine stärkere Förderung der Selbstständigkeit nicht nur ein individuelles, sondern ein gesamtwirtschaftliches Interesse sein sollte."
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