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Die geplanten neuen Regelungen zur Scheinselbstständigkeit und ihre Begründung

Gestern wurde der Gesetzesentwurf „gegen den Missbrauch von Werkverträgen“ ans Kanzleramt versendet, am frühen Abend berichete bereits Spiegel online darüber. Seit heute vormittag liegt er nun auch uns und anderen Verbänden vor.

Nach der Vorabstimmung mit Ministerien und Ländern soll der Gesetzesentwurf vom Bundestag beschlossen werden und zum 1.1.2017 in Kraft treten

Bevor wir die geplanten Neuregelungen kommentieren, wollen wir zunächst den Gesetzestext und dessen Begründung durch das Ministerium für Euch in lesbarer und verständlicher Form aufbereiten, denn der eigentliche Referentenentwurf umfasst 33 Seiten und ist - wie die meisten Gesetzesentwürfe - nicht ganz einfach lesbar.

Wir beschränken uns dabei auf die Regelungen zur Scheinselbstständigkeit. In einem getrennten Beitrag werden wir einen Überblick über das gesamte Gesetzesvorhaben „gegen den Missbrauch von Werkverträgen“ geben.

Die Abgrenzung von Schein- gegenüber echter Selbstständigkeit soll mittels eines neuen Paragraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt werden. Dieser folgt auf § 611 BGB „Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag“. Arbeitsverträge sind eine Variante von Dienstverträgen. Dienstverträge können auch eine selbstständige Tätigkeit regeln.)

Wir geben den zusätzlichen § 611a zunächst in Gänze wieder und dann noch einmal mit den zugehörigen Begründungen des Ministeriums.

Geplanter neuer Gesetzestext

(Hervorhebungen durch uns)

§ 611a
 BGB - Vertragstypische Pflichten beim Arbeitsvertrag

(1) Handelt es sich bei den aufgrund eines Vertrages zugesagten Leistungen um Arbeitsleistungen, liegt ein Arbeitsvertrag vor. Arbeitsleistungen erbringt, wer Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche Durchführung maßgebend.

(2) Für die Feststellung, ob jemand in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt, ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Für diese Gesamtbetrachtung ist insbesondere maßgeblich, ob jemand

a. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen,

b. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,

c. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt,

d. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind,

e. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,

f. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen,

g. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind,

h. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet.

(3) Das Bestehen eines Arbeitsvertrages wird widerleglich vermutet, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch insoweit das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat.“

Gesetzesentwurf mit Begründung des Ministeriums

Hinweise:

  • Der Gesetzestext ist im folgenden fett gesetzt.
  • die Begründung des Ministerium haben wir insbesondere um Verweise auf Gerichtsurteile gekürzt, die den Text sonst sehr schwer lesbar machen.
  • Hervorhebungen in den Begründungen durch uns sind kursiv gesetzt.

  • Unsere Anmerkungen und Kommentare sind kursiv und zusätzlich eingerückt gesetzt.

§ 611a
 BGB - Vertragstypische Pflichten beim Arbeitsvertrag

Die Vorschrift regelt die Abgrenzung des Arbeitsvertrages von anderen Vertragsgestaltungen, insbesondere Werkvertrag oder selbständigem Dienstvertrag. Hierzu werden die Voraussetzungen des Arbeitsvertrages benannt. Die wesentlichen von der Rechtsprechung für die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses entwickelten Kriterien werden gesetzlich niedergelegt.

Soweit andere Rechtsvorschriften eine abweichende Definition des Arbeitsvertrages, des Arbeitsverhältnisses oder des Arbeitnehmers vorsehen, um einen engeren oder weiteren Geltungsbereich dieser Rechtsvorschriften festzulegen, bleiben diese unberührt.

(Absatz 1 Satz 1) Handelt es sich bei den aufgrund eines Vertrages zugesagten Leistungen um Arbeitsleistungen, liegt ein Arbeitsvertrag vor.

... enthält anknüpfend an § 611 BGB die besonderen Voraussetzungen des Arbeitsvertrages als Unterfall des Dienstvertrages. Ein Arbeitsvertrag liegt vor, wenn jemand aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages Dienste in persönlicher Abhängigkeit (Arbeitsleistungen) zusagt.

(Absatz 1 Satz 2) Arbeitsleistungen erbringt, wer Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die in Satz 2 abgebildet wird, werden Dienste in persönlicher Abhängigkeit geleistet, wenn der Leistende in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt. Diese Kriterien dienen damit der Abgrenzung des Arbeitsvertrages von anderen Vertragsformen, insbesondere von einem Vertrag mit einem Selbstständigen.

Wer in die Arbeitsorganisation seines Vertragspartners eingegliedert ist und Weisungen unterliegt, ist Arbeitnehmer. Wer aufgrund des Vertrages mit dem Arbeitnehmer berechtigt ist, ihn in seine eigene Arbeitsorganisation einzugliedern und ihm Weisungen zu erteilen, ist sein Arbeitgeber. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sich einem Dritten gegenüber zur Erstellung von Werken oder zur Erbringung von Dienstleistungen in den Räumen des Dritten verpflichtet hat und seine Arbeitnehmer dabei als Erfüllungsgehilfen einsetzt.

Hiervon ist die Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden, bei der ein Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer, nicht jedoch zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer besteht. Der Leiharbeitnehmer ist nach ständiger Rechtsprechung während der Überlassung in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert und unterliegt auch dessen Weisungen; diese Rechtslage wird durch dieses Gesetz nicht geändert.

Anmerkung: Schon bisher heißt es in § 7 (1) SGB IV: "Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers." Bisher sprach man also von Anhaltspunkten, jetzt sind die beiden Merkmale Teil der Definition.

(Absatz 1 Satz 3) Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche Durchführung maßgebend.

... stellt klar, dass es für die Feststellung eines Arbeitsvertrages auf die getroffenen Vereinbarungen, also auf den Vertrag, und auf dessen praktische Durchführung ankommt. Widersprechen sich der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung, ist die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses zur Einordnung als Arbeitsvertrag maßgebend. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

(Absatz 2) Für die Feststellung, ob jemand in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt, ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Für diese Gesamtbetrachtung ist insbesondere maßgeblich, ob jemand

In Absatz 2 werden die von der Rechtsprechung für die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses herangezogenen Kriterien der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und der Weisungsgebundenheit inhaltlich weiter konkretisiert. Zur Ausfüllung dieser allgemeinen Begriffe werden die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien gesetzlich niedergelegt. Die Kriterien werden damit für die Praxis, insbesondere für die Prüftätigkeit der Behörden, transparent in einer subsumtionsfähigen Rechtsnorm wiedergegeben. Die Regelung des § 84 Absatz 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB), nach der selbstständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, bleibt unberührt.

In Satz 1 wird die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgegriffen, der zufolge die Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von sonstigen Formen der Beschäftigung im Wege einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist. Durch eine solche wertende Gesamtbetrachtung kann den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung getragen werden. Es müssen also nicht alle oder eine bestimmte Anzahl von Kriterien erfüllt sein. Weder die Erfüllung eines einzelnen Kriteriums, noch die Erfüllung mehrerer Kriterien führt automatisch zur Annahme eines Arbeitsvertrages. Auch kann den Kriterien je nach Fallgestaltung unterschiedliches Gewicht zukommen. Im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung kommt es immer auf das Gesamtgepräge der Tätigkeit an.

Der Katalog greift die von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien auf, ohne diese abschließend zu benennen.

Anmerkung: Das Prinzip der "wertenden Gesamtbetrachtung" bleibt also erhalten. Erst durch ein Statusfeststellungsverfahren bzw. Gerichtsurteil kann also Rechtssicherheit hergestellt werden, da die Gewichtung der Kriterien unklar ist. Der Auftraggeber kann sich bei Vorliegen auch nur eines Kriteriums also nicht sicher sein, ob es sich um eine echte Selbstständigkeit handelt oder nicht.

a. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen,

Nach § 84 Absatz 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Im Umkehrschluss daraus spricht es für persönliche Abhängigkeit, wenn eine Person nicht frei darin ist, ihre Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten. Dabei stellt die Rechtsprechung neben der Bindung an Weisungen bezüglich der Arbeitszeit - dazu kann etwa die Aufnahme in Dienstpläne oder die Verpflichtung zu Dienstbereitschaft gehören - und der geschuldeten Leistung auch darauf ab, ob der Beschäftigte Vorgaben hinsichtlich des Ortes der Leistungserbringung unterliegt.

Anmerkung: Wenn, wie in einem Fall von Christa Weidner, bereits die Vereinbarung von Zeit, Ort und Vortragsthema mit einem Trainer von der DRV als Weisung verstanden wird, wird schon dieses Kriterium für viele Selbstständige schwer erfüllbar sein. Man denke an IT-Experten, die in Projekten mitarbeiten oder an Honorarärzte oder freie Physiotherapeuten, die Lastspitzen abdecken.

b. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,

Die Pflicht, die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen zu erbringen, stellt eine Vorgabe hinsichtlich des Arbeitsortes dar. Diese Vorgabe ist ein Merkmal für die Weisungsgebundenheit des Leistenden. Außerdem spricht der Umstand, die Leistung in den Räumen eines anderen erbringen zu müssen, - ausgenommen in den Fällen der Telearbeit oder mobilen Arbeit -, auch für die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. Für die Abgrenzung von Arbeitsvertrag und Werkvertrag ist dieses Kriterium allerdings nicht allein ausschlaggebend; denn auch für viele Werkverträge ist es typisch, dass der Auftragnehmer in den Räumen eines anderen tätig wird. Deshalb gilt hier besonders, dass im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung die weiteren Kriterien geprüft werden müssen.

Anmerkung: Man denke hier z.B. an IT-Selbstständige, Interim-Manager, Untenrehmensberater allgemein...

c. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt,

Auch die Nutzung von Arbeitsmitteln, die von einem anderen gestellt werden, ist ein Kriterium für die Eingliederung in den Betrieb des anderen. Dieser Aspekt findet seinen Niederschlag auch in der Empfehlung Nr. 198 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO). Demnach umfasst der Begriff der (Arbeits-)mittel die Werkzeuge, Materialien und Maschinen, die in einem Arbeitsverhältnis regelmäßig von der Person gestellt werden, für die die Leistung erbracht wird. Hingegen spricht es für einen Werkvertrag, wenn der Leistende das Werk mit eigenem Werkzeug und Materialien erstellt.

Anmerkung: Gerade im IT-Bereich ist es aus Sicherheitsgründen regelmäßig nicht möglich, eigene Computer zu verwenden. Beispielhaft weitere Gründe für die Nutzung fremder Arbeitsmittel aus dem IT-Bereich: Die Hardware, auf der entwickelt wird, ist sehr teuer. Spezielle Software muss aufwändig installiert werden. Wartungs- oder Installationsarbeiten sind gerade Gegenstand der zu erbringenden Leistung.

d. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind,

Ein weiteres Kriterium für die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und Weisungsgebundenheit ist die Vorgabe, die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen zu erbringen, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind. Dies kommt u. a. dadurch zum Ausdruck, dass die Personen in derselben Arbeitseinheit (z. B. Kolonne) unter einheitlicher Leitung arbeiten.

Zusammenarbeit bedeutet, dass der Leistende seine Leistung „Hand in Hand“ unter enger Abstimmung mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind. Nicht gemeint sind hier gelegentliche Abstimmungen im Rahmen von Werkvertragsarbeiten. Die Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des anderen ist ein Ausdruck der Integration in eine fremde Arbeitsorganisation. Damit wird auch das Merkmal der „Integration des Beschäftigten in die Organisation des Unternehmens“ aufgegriffen, welches die IAO in Empfehlung Nr. 198 für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses heranzieht.

Anmerkung: Bislang war nur die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Auftraggebers ein Indiz für Scheinselbstständigkeit, künftig also möglicherweise auch die Zusammenarbeit mit anderen freien Mitarbeitern im Rahmen eines Projekts.

e. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,

Entsprechend der Rechtsprechung zeichnet sich selbstständige Tätigkeit unter anderem durch die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit aus, für eine Vielzahl von potentiellen Auftraggebern tätig werden zu können. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Tätigkeit nur oder überwiegend für einen Auftraggeber ein Indiz dafür ist, dass sich der Leistende an diesen gebunden hat und daher von diesem abhängig ist. Dies spricht gegen die Selbst- ständigkeit des Leistenden. Mit diesem Merkmal wird auch die Empfehlung Nr. 198 der IAO aufgegriffen. Danach ist ein Indikator für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses die Tatsache, dass die Arbeit „ausschließlich oder hauptsächlich für eine andere Person verrichtet wird“.

Da es sich hierbei jedoch nur um ein einzelnes Kriterium handelt, das im Rahmen der ge- botenen Gesamtbetrachtung heranzuziehen ist, schließt es die Möglichkeit nicht aus, dass der Leistende gleichwohl als Selbstständiger anzusehen ist, auch wenn nur einen Auftrag- geber hat. So ist es für bestimmte Berufe auch bei selbstständiger Tätigkeit typisch, die Leistung für einen Auftraggeber zu erbringen (z.B. selbstständige Handels- oder Versicherungsvertreter).

Ebenso ist es möglich, dass eine Person für mehrere Arbeitgeber als Arbeitnehmer tätig ist. Deshalb ist auch der Umkehrschluss nicht zulässig, dass die Arbeitnehmereigenschaft immer zu verneinen ist, wenn jemand für mehrere tätig ist.

Anmerkung: Bisher sprach man in solchen Fällen von einer arbeitnehmerähnlichen Selbstständigkeit. Die Selbstständigkeit an und für sich wurde nicht in Frage gestellt.

f. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen,

Wenn ein Leistender zur Erbringung der geschuldeten Leistung in eine fremde betriebliche Arbeitsorganisation eingebunden ist, spricht dies für eine abhängige Tätigkeit. Demgemäß spricht es für die Arbeitnehmereigenschaft des Leistenden, wenn er zur Erbringung der geschuldeten Leistung keine eigene betriebliche Organisation unterhält. Dazu kann z.B. auch geprüft werden, ob typische Merkmale unternehmerischen Handelns erkennbar sind, wie etwa eigenständige Entscheidungen über Warenbezug, Erwerb von Arbeitsmitteln, Einstellung und Einsatz von Personal, Einsatz von Kapital und Maschinen oder eigenständige Werbemaßnahmen.

Anmerkung:  Soloselbstständige und Wissensarbeiter, die einen großen Teil der Selbstständigen ausmachen, beziehen keine Waren, benötigen weder großes Kapital noch Maschinen usw. Sie dürften dieses Kriterium deshalb nicht erfüllen - wie schon an der  Entscheidungspraxis der DRV in den letzten Jahren erkennbar ist.

g. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind,

Dieses Merkmal dient der Abgrenzung zum Werkvertrag. Während durch Werkvertrag der Unternehmer die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges schuldet, schuldet der Dienstverpflichtete eine bestimmte Dienstleistung als solche. Wird diese in persönlicher Abhängigkeit erbracht, handelt es sich um Arbeitsleistung. Daraus folgt: Werden Leistungen erbracht, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines abgrenzbaren Arbeitsergebnisses gerichtet sind, spricht dies gegen das Vorliegen eines Werkvertrages.

Anmerkung: Es geht hier mehr um die Unterscheidung zwischen Werk- und Dienstvertrag denn um ein Kriterium für Arbeitsverträge. Damit besteht die Gefahr, dass selbstständige Dienstverträge künftig als Arbeitsvertrag gewertet werden.

h. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet.

Der Frage, ob der Leistende für das Ergebnis tatsächlich Gewähr leistet, wird in der neueren Rechtsprechung zunehmende Bedeutung beigemessen. Es ist typisch für einen Werkvertrag, dass der Auftragnehmer tatsächlich Gewährleistungspflichten übernimmt. Hingegen besteht bei einem Dienstvertrag, dessen Unterfall der Arbeitsvertrag ist, keine Gewährleistungspflicht. Demgemäß spricht es für das Vorliegen eines Dienstvertrages bzw. bei persönlicher Abhängigkeit für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages, wenn Gewährleistungspflichten nicht übernommen oder in der Praxis nicht in Anspruch genommen werden.

Anmerkung: Auch die Übernahme von Gewährleistung ist eher ein Unterscheidungsmerkmal zwischen Werk- und Dienstvertrag, denn Kriterium für einen Arbeitsvertrag. Trotzdem wird sie hier aufgeführt verbunden mit der Gefahr, dass  selbstständige Dienstverträge künftig als Arbeitsvertrag gewertet werden.

(3) Das Bestehen eines Arbeitsvertrages wird widerleglich vermutet, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch insoweit das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat.“

Absatz 3 legt fest, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses widerleglich vermutet wird, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat. Aus der Feststellung, dass kein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, folgt keine gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sprechende Vermutung.

Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass bei Bestehen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses in der Regel auch ein Arbeitsverhältnis vorliegt.

Die von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit entwickelten Kriterien zur Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses entsprechen im Wesentlichen den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Abgrenzungskriterien zur Prüfung, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Die Vermutungsregelung hilft so, Doppelprüfungen zu vermeiden. Die widerlegliche Vermutung greift unabhängig davon, ob die Statusentscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund bestandskräftig ist oder nicht.

Anmerkung: Es soll also erneut eine Vermutungsregelung eingeführt werden. Stellt die DRV bei einem Statusfeststellungsverfahren fest, dass es sich um abhängige Beschäftigung handelt, so besteht ab diesem Moment ein Arbeitsverhältnis. Dagegen kann man dann Rechtsmittel einlegen. Eine solche Vermutungsregelung gab es bereits zuvor, wurde aber nach kürzester Zeit abgeschafft.

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