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Interview mit Jörn Freynick "Meine Erfahrungen als Selbstständiger fließen in meine Arbeit ein"

Seit November verstärkt Jörn Freynick das VGSD-Team als Leiter Politik. Im Interview erklärt er, weshalb er zum VGSD kam, was er davor gemacht hat und welche Anliegen er mit seiner Arbeit voranbringen will.

Jörn Freynick, seit November 2023 Leiter Politik beim VGSD

Du bist 1982 in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn geboren. Wann wurde dir klar, dass du dich politisch engagieren möchtest? 

Jörn Freynick: Ich bin im eher ländlich geprägten Bornheim zwischen Köln und Bonn aufgewachsen und in der Nachbarstadt Brühl zur Schule gegangen. Besonders die schlechte ÖPNV-Verbindung zur Schule mit überfüllten und unpünktlichen Straßenbahnen war ein Auslöser für meine politische Arbeit. Mit einer großen Unterschriftenaktion haben wir im Freundeskreis damals die Politik auf die Problematik aufmerksam gemacht, und ich bin gemeinsam mit einem Freund in die FDP eingetreten. Im Laufe der Zeit haben wir gemerkt: Gemeinsam kann man mehr erreichen.

Du wohnst bis heute in Bornheim, zwischen Bonn und Köln am Rhein. Du warst dort unter anderem als stellvertretender Bürgermeister aktiv. Welche wichtigen Erfahrungen hast du als Kommunalpolitiker gemacht? 

Ich durfte an vielen spannenden, besonderen und oft auch emotionalen Anlässen teilnehmen. Der Besuch bei einer Bornheimer Bürgerin an ihrem 104. Geburtstag hat mich sehr berührt. Sie konnte auf ein erfülltes und glückliches Leben zurückblicken und war eng mit ihren Enkeln und Urenkeln verbunden. Die Kommunalpolitik ist nah an den Menschen dran und geprägt vom Interesse an Menschen und dem „sich dahinter Klemmen“, wenn es um Verbesserungen und Lösungen geht.

2017 bis 2022 warst du Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen. Wo lagen in Düsseldorf deine Schwerpunkte? 

Ich durfte an drei verschiedenen Themen arbeiten: Ich war Sprecher im Wirtschaftsausschuss für Landesplanung und konnte in dieser Funktion die Entwicklungsmöglichkeiten der nordrhein-westfälischen Wirtschaft verbessern. Das Bundesland war damals auf den letzten Plätzen beim Wirtschaftswachstum. Dann konnte ich in einer Enquetekommission zur Digitalen Transformation der Arbeitswelt über Themen wie EU-Plattformarbeit oder auch Statusfeststellungsverfahren mit Experten gemeinsame Empfehlungen an die politischen Stakeholder erarbeiten. Darüber hinaus habe ich als Sprecher im Familienausschuss LGBTI*- Menschen bei ihren politischen Anliegen unterstützt.

Warum hast du die Politik verlassen und arbeitest seitdem im Verbandsumfeld? Ist zu einem späteren Zeitpunkt eine Rückkehr in die Politik denkbar?

Als politisch interessierter Mensch wollte ich nach meinem Ausscheiden aus dem Landtag in diesem Umfeld bleiben. Die Erfahrungen und Kontakte meiner Arbeit im Landtag wollte ich unbedingt auch weiter nutzen – ich habe mich der Themen mit großer Überzeugung und Leidenschaft angenommen. So etwas kann man nicht am Ausgang des Plenarsaals abgeben. Daher setze ich mich weiterhin für Wirtschaftsthemen im Allgemeinen ein und für ein besseres Verständnis der Politik für Selbstständige. Auch wenn ich die ehrenvolle Aufgabe als Abgeordneter gerne übernommen habe, fühle ich mich in meiner neuen Rolle sehr wohl. Eine Rückkehr in den Landtag kann ich mir nicht vorstellen.

Du warst Abgeordneter der FDP, Verbände wie der BVMW und der VGSD sind parteipolitisch unabhängig. Welche Rolle spielt deine Parteizughörigkeit bei deiner (Verbands-)Arbeit?

Zuerst einmal arbeite ich überparteilich und halte das für eine absolute Notwendigkeit, um Gesprächsbereitschaft und Vertrauen in meiner Arbeit entgegen gebracht zu bekommen. Da gehört jede Position von jeder einzelnen Partei sachlich nüchtern bewertet. Meine Parteizugehörigkeit, aber auch mein Wirken als Abgeordneter, sind dennoch wichtige Bestandteile meines politischen Netzwerks, welches sich über Parteigrenzen hinaus erstreckt. Sicherlich passt es sehr gut, dass Gründer und Selbstständige innerhalb der FDP mit ihren Themen und Ansinnen eine große Rolle spielen. 

Du wirst für den VGSD vor allem in Berlin arbeiten. Welche Verbindung hast du nach Berlin und wie bist du dort vernetzt?

Die politische Musik spielt am lautesten in Berlin. Das habe ich vor allem während meiner damaligen Tätigkeit als Wahlkreismitarbeiter und persönlicher Referent von verschiedenen Bundestagsabgeordneten erfahren und zuletzt während meiner Zeit beim BVMW. Dadurch sind zahlreiche Kontakte zu MdBs, Staatssekretären und Ministern entstanden, zu denen wir auch heute Kontakt suchen, aber auch zu vielen Verbänden, die dem VGSD eigentlich alle mehr oder weniger nahestehen.

Politik und auch die Arbeit für Verbände ist ein zeitaufwändiges Unterfangen, mit vielen Reisen und oft auch Abendveranstaltungen verbunden, zugleich hast du drei Kinder. Wie kriegst du das unter einen Hut?

Die Entscheidung in Berlin zu arbeiten habe ich mit meiner Familie gemeinsam getroffen, und das zu tun wäre ohne die Unterstützung meiner Frau nicht möglich. Auch wenn wir unter der Woche weniger Zeit zusammen haben, kosten wir die Zeit, die wir am Wochenende miteinander verbringen, voll und ganz aus. Zudem ist der VGSD ein moderner und digitaler Verband, so dass sich manche Arbeit auch gut aus dem Homeoffice erledigen lässt.

Du hast die letzten eineinhalb Jahre für den Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) die Mittelstandsallianz geleitet, in der wir selbst auch längere Zeit Mitglied waren. Welche wichtigen Erfahrungen hast du dort gemacht und welche Kontakte geknüpft? 

Als Leiter Mittelstandsallianz habe ich mir einen guten Überblick über die Themen der mittelständischen Wirtschaft verschaffen können, sowie Kontakte zu den Partnerverbänden. Im Grunde genommen geht es doch immer wieder darum, an welchen Stellen der Staat sich einmischt und welche Probleme er lösen kann und bei welchen Problemen der Staat überfordert ist. Es lohnt sich in jeder Hinsicht, Verstärkung bei den Anliegen der Verbände zu suchen und gemeinsam, koordiniert an die Politik heranzutreten.

Der VGSD ist ja eine Nummer kleiner als der BVMW. Was motiviert dich, gerade für unseren Verband zu arbeiten? 

Zum einen will der VGSD ja auch wachsen und größer werden, und gleichzeitig ist Größe allein auch nicht ausschlaggebend für den Erfolg. Denn es kommt auf die Qualität der Inhalte und der gelebten Werte im Verband an, mit denen man das Fundament der politischen Arbeit aufbaut. Dabei spielen die Mitglieder die wichtigste Rolle, deren Anliegen durch den Verband effizient und wirksam kanalisiert werden. Darüber hinaus kommt es auf das Netzwerk und noch mehr auf die Partner an, mit denen sich der VGSD gemeinsam abstimmt. 

Welche Erfahrungen hast du selbst als Selbstständiger gemacht? Du warst im Bereich Vertrieb und Weiterbildung tätig, bist gelernter Mediengestalter, inwiefern ist das für deine jetzige Tätigkeit wichtig? 

Ich bin sehr dankbar für die Erfahrungen als Selbstständiger und habe diese in meine politische Arbeit als Abgeordneter, als Verbandsvertreter oder auch als Parteimitglied immer einfließen lassen. Für mich war es damals eine innere Stimme, die mir die Zuversicht und auch das Durchhaltevermögen für den Schritt in die Selbstständigkeit gegeben hat. Das ist natürlich nicht nur Vergnügen gewesen, denn auch ich habe einmal ein Statusfeststellungsverfahren durchlaufen - zwar mit Erfolg, aber auch mit großer Anstrengung. Es ist kein schönes Gefühl, wenn man von den Behörden durchleuchtet wird.

Welche politischen Anliegen möchtest du beim VGSD voranbringen und auf welche Weise? 

Wir brauchen dringend eine echte Reform des Statusfeststellungsverfahrens und müssen uns bei der geplanten Altersvorsorgepflicht einbringen. Es kann nicht sein, dass Selbstständige durch unverhältnismäßig hohe Abgaben bei der Sozialversicherung schlechter gestellt werden als vergleichbare Arbeitnehmer. Kein Wunder, dass es jedes Jahr weniger Gründungen gibt und weniger Menschen sich für die Selbstständigkeit entscheiden. Das zu ändern, ist aber für unser Land als attraktiver Wirtschaftsstandort entscheidend, denn damit wird der Wohlstand von morgen erwirtschaftet. „Steter Tropfen höhlt den Stein“ - so wollen wir uns in Berlin durch verstärkte Präsenz und noch engeren Kontakt zu den Entscheidern für die Anliegen der Mitglieder einsetzen.

Wie können unsere engagierten Mitglieder dich/euch in eurer Arbeit unterstützen und wie möchtest du sie einbinden?

Der Austausch mit unseren Mitgliedern ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit, damit ich die Probleme und Anliegen aufnehmen kann und sie in Berlin bei den richtigen Stellen und Gelegenheiten ansprechen kann. Authentische Beispiele aus dem realen Leben überzeugen auch meine Ansprechpartner am besten und verdeutlichen unser Anliegen – dazu wird es auch Treffen zwischen Mitgliedern und Politikern in Berlin geben. Ich bin ja auch Rheinländer und vielleicht auch deshalb offen für Neues und komme gerne mit Menschen in Kontakt.

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