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Renten-1x1 Je länger die Rentenbezugsdauer, um so mehr geraten die Renten unter Druck

Weil wir immer länger leben und auch immer länger Rente beziehen, ist das Rentennivau unter Druck geraten, denn die Beitragseinnahmen (und Bundeszuschüsse) müssen unter immer mehr Rentnern aufgeteilt werden. Ohne die Bereitschaft, länger zu arbeiten, wird dieser Druck auf das Rentenniveau immer größer werden. Wir berichten über die neuesten Zahlen zur Entwicklung der Rentenbezugsdauer und eine Studie, die die Frage beantwortet, wie lange wir arbeiten müssten, um das heutige Rentenniveau zu halten.

Drei Erwerbstätige auf einen Rentner: Bei einem Rentnerquotienten von 0,34 geht die Rechnung noch halbwegs auf. Aber so bleibt es nicht.

Rentenbezugsdauer steigt im Schnitt jedes Jahr um zwei Monate

Wir leben immer länger, entsprechend beziehen wir immer länger Rente. Gegenüber 1960 hat sich der Rentenbezug bei Frauen mehr als verdoppelt, von 10,6 auf 21,7 Jahre. Männer konnten damals 9,6 Jahre das Rentnerleben genießen, heute sind es 17,5 Jahre. Im Schnitt hat sich die Rentenbezugsdauer in den letzten 55 Jahren um 2,42 Monate bei Frauen und um 1,72 Monate bei Männer verlängert – und zwar jedes Jahr.

Jahr Rentenbezug Männer Zuwachs p.a. Rentenbezug Frauen Zuwachs p.a.
1960 9,6 Jahre 10,6 Jahre
1970 10,3 0,84 Monate 12,7 2,52 Monate
1980 11 0,84 13,8 1,32
1990 13,9 3,48 17,2 4,08
2001 13,8 -0,11 18,9 1,85
2010 16,2 3,20 20,9 2,67
2015 17,5 3,12 21,7 1,92
Zuwachs über Gesamtzeitraum 1,72 2,42

Quelle: Deutsche Rentenversicherung, zitiert nach FAZ

Wenn man diese Zahlen betrachtet, kann es nicht verwundern, dass die Deutsche Rentenversicherung Probleme hat. Denn durch die längere Lebensdauer gibt es immer mehr Rentner. Ihre Zahl stieg von 7,9 Millionen in 1960 auf 20,2 Millionen in 2014. Hinzu kommt, dass die Zahl der Beitragszahler in diesem Zeitraum durch die niedrige Geburtenquote abgenommen hat.

Die Zahl der Über-67-Jährigen wird bis 2030 noch einmal um etwa ein Drittel zunehmen, weil die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre in Rente gehen, also in großer Zahl vom Beitragszahler- zum Leistungsempfängerlager wechseln.

Und das Renteneintrittsalter?

Bei individueller Betrachtung ist jedem klar: „Wenn ich länger lebe, muss ich mehr ansparen oder länger arbeiten.“ Für die Gesellschaft als Ganzes ist dieser einfache Zusammenhang aber schwer zu akzeptieren, mancher möchte am liebsten die Regeln der Mathematik außer Kraft setzen, um die Erfolge früherer Jahre – wie die Rente mit 65 – zu bewahren.

Tatsächlich war die Senkung des Renteneintrittsalters auf 65 eine große soziale Errungenschaft. Während die Geburtsjahrgänge von 1819 bis 1851 laut Wikipedia noch bis 70 arbeiten mussten, galt seitdem bis zum Geburtsjahrgang 1946 - fast 100 Jahre lang - die Regelaltersgrenze von 65 Jahren.

Im Rahmen der Hartz-Reformen hat man beschlossen, das Renteneintrittsalter auf 67 zu erhöhen – gestreckt über einen Zeitraum von 20 Jahren, zwischen 2011 und 2031:

Geburtsjahr Regelaltersgrenze ... wird erreicht im Jahr
1946 und früher 65 Jahre 2011 und früher
1947 65 Jahre + 1 Monat 2012
... ... (jeweils + 1 Monat)
1957 65 Jahre + 11 Monate 2023
1958 66 Jahre 2024
1959 66 Jahre + 2 Monate 2025
... (jeweils + 2 Monate)
1963 66 Jahre + 10 Monate 2030
1964 ff. 67 Jahre 2031 ff.

Rechnet man das oben festgestellte Wachstum der Rentenbezugsdauer auf 20 Jahre hoch, so würde in diesem Zeitraum die Rentenbezugsdauer von Männern um 2,9 Jahre und von Frauen um 4,0 Jahre zunehmen. Rechnet man die Erhöhung des Renteneintrittsalters um zwei Jahre dagegen, würde Männern also grob gesagt 1/3 der zusätzlichen Lebenserwartung, Frauen die Hälfte der zusätzlichen Lebenserwartung als zusätzliche Rentenjahre verbleiben. Trotz der beschlossenen Verlängerung der Lebensarbeitszeit wird die Rentenbezugsdauer also auch weiterhin steigen – insbesondere bei Frauen.

Durch politische Eingriffe bzw. Korrekturen wie die „Rente mit 63“ erhöht sich die Rentenbezugsdauer für einige sogar zusätzlich.

Wie lange müssten wir länger arbeiten, um das Rentenniveau zu halten?

Die Auswirkungen der längeren Rentenbezugsdauer werden noch dadurch verschärft, dass es aufgrund der niedrigen Geburtenraten und nicht ausreichender qualifzierter Zuwanderung immer weniger Beitragszahler gibt. Deshalb wurde im Rahmen der Hartz-Reformen ein Nachhaltigkeitsfaktor in die Rentenanpassungsformel eingebaut. Er sorgt dafür, dass das Rentenniveau langsamer steigt, wenn die Politik nicht genug tut, um die demographische Herausforderung zu lösen.

Susanna Kochskämper vom Institut der deuschen Wirtschaft in Köln hat sich die Frage gestellt, wie viel länger wir arbeiten müssten, um das Rentenniveau zu stabilisieren – wenn man auf Beitragserhöhungen, höhere Steuerzuschüsse und auch die Einbeziehung von Selbstständigen verzichten wollte. Im günstigsten Szenario würde es ausreichen, die oben in der Tabelle beschriebene Erhöhung der Altersgrenze fortzuschreiben, 2039 läge man dann bei 68 Jahren.

„Die Annahme, dass ein (...) Rentnerquotient von 0,5 bezogen auf die Gesamtbevölkerung zu einem konstanten Sicherungsniveau und konstanten Beitragssätzen erreichbar ist, ist jedoch zu optimistisch. So müsste unter anderem die Frühverrentung sowie die Verrentung aufgrund von Erwerbsminderung drastisch zurückgehen und es müssten sehr viel mehr Personen jenseits der Regelaltersgrenze arbeiten, um ein tatsächliches durchschnittliches Renteneintrittsalter von 67 bzw. 68 Jahren zu realisieren.“

Wahrscheinlicher ist ein Szenario, das von einem Renterquotienten von max. 0,45 ausgeht (45 Rentner auf 100 Erwerbstätige). Dann müsste das Regelalter bereits 2036 auf 69 Jahre und 2045 auf 70 Jahre erhöht werden.

Wollte man den Rentnerquotienten von 0,34 (ein Renter auf drei Erwerbstätige) , wie er 2013 vorlag, beibehalten, wären noch deutlich schnellere Erhöhungen der Altersgrenze nötig. Bis 2031 müsste das Regelalter dann bereits bei 69 statt der geplanten 67 Jahre liegen.

Faktisches Renteneintrittsalter von großer Bedeutung

Kochskämper weist darauf hin, dass das durchschnittliche Renteneintrittsalter nach wie vor weit unter 65 bzw. 67 Jahren liegt, 2015 nämlich bei nur 61,3 Jahren.

„Würden mehr Menschen bis zur Regelaltersgrenze arbeiten, könnte sich das Größenverhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern auch verbessern, ohne dass die Regelaltersgrenze zunächst angehoben werden muss."

Die Frage ist hier natürlich, ob Frühpensionierungen freiwillig sind oder vom Arbeitgeber bzw. der Arbeitsgentur initiiert werden. Maßnahmen, mit denen es gelingt, das faktische Renteneintrittsalter zu erhöhen, kommt auf jeden Fall eine große Bedetuung zu.

Fazit

Die Autorin zieht folgendes Fazit: „Ein stabiles Rentenniveau bei gleichbleibendem Renteneintrittsalter lässt sich nur zu Lasten der künftigen Erwerbstätigen erreichen. Rente mit 67, ein stabiles Rentenniveau und beides bei gleichbleibenden Beitragssätzen – das ist politisches Wunschdenken, dem die Demographie einen Strich durch die Rechnung machen wird.“

Es braucht also einen Mix aus langfristig angelegten Maßnahmen. Auf die Erhöhung des Renteneintrittsalters wird man dabei nicht verzichten können, auch wenn man sicherlich auf Menschen, die Jahrzehnte lang körperlich hart gearbeitet haben, Rücksicht nehmen muss.

Und die Politik?

Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak hat in der Bild-Zeitung gefordert, das Thema längere Lebensarbeitszeit nicht länger zu tabuisieren und im Interesse der jüngeren Generation von den Unionsparteien eine entsprechende Festlegung gefordert, wozu es aber soweit erkennbar nicht gekommen ist. Über die Rente mit 67 hinaus müsse eine Automatik eingeführt werden, die dafür sorgt, dass ein Drittel der längeren Lebenserwartung zu längerer Arbeitszeit wird.

Gewerkschaften, SPD und Linkspartei lehnen eine Verlängerung des Renteneintrittsalters kategorisch ab.

Statt dessen möchte man die Selbstständigen zur Kasse bitten...

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