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Versicherungsfall Arbeitslosengeld I für freiwillig versicherte Selbstständige

Selbstständige können sich seit Anfang 2006 freiwillig gegen Arbeitslosigkeit versichern. Ob sich der vergleichsweise günstige Versicherungsbeitrag von rund 20 Euro im Monat lohnt, hängt aber nicht nur von der Höhe des theoretisch möglichen Arbeitslosengelds ab. Mindestens ebenso wichtig ist die Frage: Ab wann gelte ich überhaupt als arbeitslos und wie weise ich das notfalls nach?

Voraussetzung für eine freiwillige Arbeitslosenversicherung ist ein Rechtsanspruch auf ALG I

Keine Verpflichtung das Gewerbe abzumelden

Bevor Arbeitslosengeld I (ALG I) bewilligt wird, verlangen manche Arbeitsagenturen von arbeitslosen Unternehmern den Nachweis, dass sie ihr Gewerbe abgemeldet haben. Dabei wollen diese meist das mühsam aufgebaute Geschäft nicht ganz aufgeben, sondern zumindest nebenberuflich fortführen. Lass dich also bloß nicht ins Bockshorn jagen: Von einer generellen Pflicht zur Gewerbeabmeldung (oder Vorlage eines vergleichbaren Nachweises der Betriebsschließung) vor einem Antrag auf ALG I kann keine Rede sein!

Voraussetzung für die Arbeitslosmeldung ist zunächst einmal ein Restanspruch auf ALG I aus einer vorherigen Beschäftigung und / oder ein neuer Anspruch aus einer freiwilligen Mitgliedschaft in der Arbeitslosenversicherung während der Selbstständigkeit. Die genauen Bedingungen für die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung kannst du unter der Überschrift "Geringe Beiträge - hohe Ansprüche" nachlesen. Dort erfährst du auch, wie hoch dein Arbeitslosengeldanspruch im Fall der Fälle ist. Der richtet sich nämlich nicht nach den erzielten Gewinnen, sondern in aller Regel nach der Qualifikation der Versicherten. ZZZ

Versichert - aber keine Leistung?

Soweit, so gut - nur: Ein bestehendes "Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag" sagt noch nichts darüber aus, ab wann Unternehmer und Freiberufler bei Auftragsflaute als arbeitslos gelten und wie sie das nachweisen. Die gute Nachricht: Grundsätzlich gibt es in Bezug auf den Arbeitslosenstatus zwischen Angestellten und Selbstständigen keinen Unterschied. Arbeitslos ist laut Paragraf 119 SGB III, wer in keinem Beschäftigungsverhältnis steht, sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht.

Das Gesetz spricht an dieser Stelle nur von "Arbeitnehmern" - eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständigen Tätigkeiten findet nicht statt. Um Beschäftigungslosigkeit handelt es sich, solange die Summe sämtlicher Arbeits- und Tätigkeitszeiten insgesamt 15 Wochenstunden nicht überschreitet. Mit anderen Worten: Selbstständige, die...

  • weniger als 15 Wochenstunden für ihren Betrieb arbeiten (und keinen anderen selbstständigen Tätigkeiten oder abhängigen Beschäftigungen nachgehen),
  • sich nachweislich bemühen, ihre Beschäftigungslosigkeit zu überwinden,
  • der Arbeitsagentur bzw. dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und
  • sich termingerecht als arbeitssuchend (nach Möglichkeit drei Monate vor Eintreten der Arbeitslosigkeit) bzw. arbeitslos gemeldet haben (spätestens am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit),

gelten grundsätzlich als arbeitslos und haben Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Eventuelle Einkünfte aus selbstständigen (Neben-)Tätigkeiten müssen die Versicherten der Arbeitsagentur selbstverständlich mitteilen. Sie werden dann mit den laufenden Leistungen verrechnet, wobei ein Freibetrag in Höhe von 165 Euro besteht. Aufgrund des unbestritten größeren Gestaltungsspielraums von Selbstständigen wird deren "Arbeitsbereitschaft" und die wöchentliche Arbeitszeit besonders eingehend geprüft.

Achtung: Bezieher des Gründungszuschusses können wegen des 15-Stundenlimits von vornherein nicht arbeitslos werden. Denn die Förderung wird nur solange gezahlt, wie du hauptberuflich selbstständig bist. Bei weniger als 15 Wochenstunden liegt keine Hauptberuflichkeit mehr vor. Die Arbeitsagentur stellt die Zahlung des Zuschusses dann umgehend ein.

Dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, wer bereit und in der Lage ist, Terminen zeit- und ortsnah nachzukommen, an Qualifizierungs- und Eingliederungsmaßnahmen teilzunehmen, Eingliederungsvereinbarungen abzuschließen, sich auf zumutbare Stellenangebote zu bewerben und bei Zusagen falls erforderlich auch die Selbstständigkeit aufzugeben.

Was gehört zur Arbeitszeit?

Dreh- und Angelpunkt der Beurteilung, ob ein Selbstständiger als arbeitslos gilt oder nicht,  ist die Gesamtwochenarbeitszeit. Laut Durchführungsanweisung der Bundesagentur zum § 119 SGB III (PDF, 394 KB) müssen während der maximal zulässigen 15 Stunden nicht nur die laufenden Aufträge erledigt sein, sondern auch sämtliche Vor- und Nacharbeiten, alle kaufmännischen Tätigkeiten (z. B. Werbung, Buchführung) sowie eventuelle Warte- und / oder Betriebsöffnungszeiten. Wer zum Beispiel ein Ladengeschäft mit den üblichen Öffnungszeiten betreibt, kann daher per Definition nicht arbeitslos werden. Ähnliches gilt für viele Handwerker und Dienstleister, die ihren Kunden versprechen, während bestimmter Zeiten erreichbar zu sein.

Die 15-Stundengrenze muss normalerweise in jeder einzelnen Woche unterschritten werden. "Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände" kann jedoch ein "wöchentlicher Durchschnittswert für die voraussichtliche Gesamtzeit der Beschäftigungslosigkeit zugrunde gelegt" werden.

Generell in Zweifel gezogen wird das Vorliegen einer Arbeitslosigkeit zudem immer dann, wenn ein Selbstständiger gleichzeitig Arbeitgeber ist. Die dem zugrunde liegende Überlegung ist nicht ganz von der Hand zu weisen: Wer Mitarbeiter beschäftigt, hat normalerweise keine Zeit, diese Aufgaben selbst zu erledigen, weil er seinerseits mehr als 15 Stunden pro Woche arbeitet. Falls das im Einzelfall nicht zutrifft (z. B. weil es sich um eine reine Kapitalbeteiligung handelt oder weil der Arbeitnehmer Aufgaben erledigt, zu denen der Unternehmer nicht in der Lage ist, z. B. Buchführungsarbeiten), muss das vom Antragsteller nachgewiesen werden.

Wichtig: Falls dein Antrag auf Arbeitslosengeld wegen Fehlens einer Gewerbeabmeldung abgelehnt wird, obwohl du alle für deine Selbstständigkeit erforderlichen Tätigkeiten in weniger als 15 Wochenstunden erledigst, solltest du unbedingt Widerspruch einlegen: Im Zweifel holt die Arbeitsagentur bei der IHK oder Handwerkskammer ein Gutachten über die Gepflogenheiten in deiner Branche ein.

Freiberufler und andere "Tagelöhner"

Einmal mehr auf der relativ sicheren Seite bist du als Freiberufler und bei vergleichbaren selbstständigen Tätigkeiten: In den Durchführungsanweisungen der Bundesagentur zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung (PDF, 769 KB) heißt es unter Nr. 28a.10 nämlich ausdrücklich:

"Bei bestimmten Tätigkeiten (insbes. Freiberufler) ist tageweises Arbeiten üblich. In den dazwischen liegenden Zeiten kann, ggf. tageweise, Arbeitslosengeld bezogen werden."

Erlaubt: arbeitslos & selbstständig

Wenn du plausibel machen kannst, dass du weniger als 15 Wochenstunden auf deine Selbstständigkeit verwendest, musst du deine Einnahmen-Überschuss-Rechnung regelmäßig gegenüber der Arbeitsagentur offenlegen. Nebeneinkünfte werden bis auf ein "Taschengeld" in Höhe von 165 Euro auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Dabei gelten übrigens nach wie vor die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts. Die umstrittene "Arme-Leute-Buchführung" der Anfang 2008 in Kraft getretenen ALG-II-Verordnung betrifft nur selbstständige Hartz-IV-Empfänger ohne Anspruch auf ALG I.

Versicherungsende durch Versicherungsfall

Ganz gleich, ob du als Gewerbetreibender oder Freiberufler arbeitslos wirst: Durch den Bezug von Arbeitslosengeld endet die freiwillige Weiterversicherung. Sobald du deine hauptberufliche Selbstständigkeit wieder aufnimmst und dich weiterhin gegen Arbeitslosigkeit versichern willst, musst du daher einen erneuten Antrag auf freiwillige Weiterversicherung (PDF, 267 KB) stellen.

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