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Lesetipp Fluktuierende Jahreseinkommen Warum Selbstständige deutlich mehr Steuern zahlen müssen als Angestellte

Das Beispiel eines VGSD-Mitglieds zeigt: Wer in manchen Jahren gut, in anderen schlechter verdient, wird steuerlich viel stärker belastet als ein Angestellter mit gleich hohem, aber konstantem Durchschnittseinkommen. 

Schwer zu tragen: Die Steuerbelastung ist für Selbstständige über mehrere Jahre zum Teil doppelt so groß wie für Angestellte.

Markus Hinterwanger wollte es zunächst selbst nicht glauben: "Dass Selbstständige im Schnitt meist mehr Steuern zahlen müssen als Angestellte, war mir schon immer klar", sagt er, "aber das Ausmaß der Ungleichbehandlung hat mich dann doch umgehauen". 

Markus arbeitet seit Jahrzehnten freiberuflich als Innenarchitekt und ist ein sehr gewissenhafter Unternehmer. Seit Beginn seiner Selbstständigkeit im Jahr 1989 führt er konsequent Buch über seine Ein- und Ausgaben. Und über die gezahlten Steuern.  

Die Grafik unten, die Markus selbst erstellt hat, veranschaulicht, dass sein Einkommen in den vergangenen mehr als 30 Jahren stark schwankte. Mal verdiente er in einem Jahr über 140.000 Euro (vor Steuern), mal waren es nur knapp über 30.000 Euro. Für Markus ist das nichts Ungewöhnliches, sondern ein Merkmal von Selbstständigkeit. "In einem Jahr hast du einen großen Auftraggeber an der Hand, im nächsten verlierst du ihn wieder", erklärt er. Dazu kommen auch mal private Rückschläge wie eine Scheidung oder eine längere Nachlassauflösung verbunden mit einem Standortwechsel. 

Das berufliche Auf und Ab eines Selbstständigen: Ein- und Ausgaben, Gewinne, Schulden - alles gewissenhaft erfasst seit 1989.

In fünf Jahren musste Markus mehr als doppelt so viele Steuern zahlen als ein Angestellter

Während der Corona-Pandemie brach Markus' Einkommen, wie bei vielen anderen auch, massiv ein - und er begann erstmals genauer nachzurechnen, was das für seine Steuerlast bedeutet. Zur Veranschaulichung zeigt uns Markus (Tabelle unten) detailliert seine Ein- und Ausgaben, und die daraus resultierende Einkommensteuer für die Jahre 2018 – 2022. Zum Beispiel war 2019 für ihn wirtschaftlich recht erfolgreich; sein zu versteuerndes Einkommen betrug 84.823 Euro. 2021 und 2022 schrieb er jedoch rote Zahlen und machte einen Verlust von insgesamt 36.023 Euro. Er musste einen Kredit aufnehmen. 

Selbstständige vs. Angestellte (Zahlenbeispiel Markus Hinterwanger)

Bildet man aus Markus´ Gewinnen und Verlusten der Jahre 2018 bis 2022 den Durchschnitt, kommt man auf einen jährlichen Betrag in Höhe von 28.376 Euro. Jetzt zeigt sich die ganze Ungerechtigkeit bei der Besteuerung: Während ein Angestellter mit dem exakt gleichen Einkommen über fünf Jahre nämlich "nur" 24.777 Euro Einkommensteuer zahlen muss, sind es bei Markus 52.303 Euro! Er musste also als Selbstständiger aufgrund seiner fluktuierenden Jahreseinkommen 29.866 Euro mehr Steuern zahlen, Sozialbeiträge und Kirchensteuer noch gar nicht mitgerechnet. 

Wie kann das sein?

"Die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten sind für Einzelunternehmer wie mich sehr gering", sagt Markus. Im Gegensatz zu einer GmbH macht er für seine Steuererklärung eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Damit bleiben ihm nur zwei Möglichkeiten: Verlustvortrag oder Verlustrücktrag. Im ersten Fall kann der Verlust eines Steuerjahres mit den positiven Einkünften des Folgejahres verrechnet werden. Dadurch verringert sich die Steuerlast. Beim Verlustrücktrag funktioniert es ähnlich, nur dass man hier seinen Verlust aus dem aktuellen Steuerjahr mit den Gewinnen aus dem Vorjahr verrechnet.

Das Problem: Je stärker die Einkünfte schwanken, desto weniger helfen diese beiden Möglichkeiten Selbstständigen wie Markus. Er fordert deshalb eine stärkere Glättung der Einkommenssteuersätze für Selbstständige und eine Angleichung der überjährigen Besteuerung an das Niveau von Angestellten. "Sonst", warnt Markus, "lohnt sich das unternehmerische Risiko und der Schritt in die Selbstständigkeit nicht mehr. Und es ist kein Wunder, dass die Zahl der Existenzgründungen in Deutschland immer weiter zurückgeht." 

Anmerkung der Redaktion: Markus Hinterwanger ist ein Pseudonym. Aus nachvollziehbaren Gründen wollte unser Mitglied seine jahrelangen Ein- und Ausgaben nicht mit Klarnamen veröffentlichen. Sein richtiger Name ist dem VGSD bekannt. 

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