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Wieviel verdient eigentlich eine selbstständige Social Media-PR-Managerin? Christina, 58: "In meiner Branche beherrschen Dumpingpreise den Markt"

Christina S. erzielt bei einer Durchschnittsarbeitszeit von 30 Stunden etwa 20.000 Euro Jahresumsatz. Einen großen Teil ihrer Arbeitszeit investiert sie etwa in geduldiges Nachfassen beim Kunden, was sie nicht in Rechnung stellen kann.

In der Serie "Wieviel verdient eigentlich ein ... ?“ stellen wir Selbstständige vor, die offen, aber anonym über ihren Stundenlohn, ihren Jahresumsatz – aber auch über die Zeit reden, die sie unbezahlt in ihr Unternehmen stecken. Heute berichtet Christina S. (Name geändert), Social Media-PR-Managerin:

Jüngere werden häufig bevorzugt

"Ich heiße Christina, bin 58, lebe in Baden-Württemberg und habe mich 2016 nach einem Aufbaustudium als Social Media-PR-Managerin selbstständig gemacht. Vorher habe ich als Journalistin gearbeitet. Ich bin einerseits gern in meinem Beruf tätig, denn es gibt ständig Neues auszuprobieren, fast jeder hat mit Social Media Kontakt - und man kann viel darüber bewegen. Was es mir aber schwer macht: dass in meiner Branche Dumpingpreise den Markt beherrschen und jüngere Anbieter oder Amateure teilweise bevorzugt werden. Plattformen für Freelancer funktionieren mit einem vernünftigen Stundenhonorar für mich seit Jahren nicht. Viele Firmen wollen am liebsten festangestellte Mitarbeiter vor Ort, auch wenn sie in die Ausschreibung hybrid oder remote schreiben, und sind nicht offen für Freelancer.

Es dauert, bis sich Kunden entscheiden

Meine Kunden stammen aus den verschiedensten Branchen, es handelt sich dabei um Einzelpersonen, Unternehmen, öffentliche Institutionen – wobei ich aktuell am meisten für NGOs arbeite, also Nichtregierungsorganisationen. Ich berate vom Aufbau der Social-Media-Auftritte der Kunden über Contenterstellung, Social Media Recruiting hin zu Online-Anzeigen wie Google Ads. Obendrein halte ich Vorträge und gebe Workshops und Webinare.

An meine Aufträge komme ich über meine eigene Akquise wie Mailings, jedoch auch über meine Netzwerke und Vorträge. Bisher hat sich über Empfehlungen leider noch zu selten etwas ergeben. Seit Corona habe ich den Eindruck, dass die Entscheider nicht mehr mit ihrer Arbeit hinterherkommen und die Zeitspanne zwischen Angebotserstellung und Auftrag wesentlich länger als vor Corona dauert. Das wirkt sich negativ auf mein Einkommen aus.

Vier bis sieben Kunden zeitgleich

In der Regel arbeite ich zeitgleich für vier bis sieben Kunden – von meinem eigenen Büro aus. Mit den Kunden spreche ich mich in der Regel online ab. Mit manchen begann ich persönlich, später arbeiten wir dann online zusammen.

Es macht mir viel Spaß, ihnen weiterzuhelfen und sie auf ihren Social Media-Kanälen in ihren Zielen voranzubringen. Manche Themen werden im Social-Media-Bereich noch zu wenig gesehen, etwa das Recruiting über Social Media, das wird bei vielen Unternehmen noch sehr halbherzig betrieben. Dann haben sie keinen Erfolg damit. Dabei halte ich es für sehr wichtig, aufgrund des gravierenden Nachwuchsmangels mit voller Kraft einzusteigen. Ich bleibe dran.  

Weniger Umsatz seit der Pandemie

Seit der Pandemie erziele ich viel zu wenig Jahresumsatz aus der Selbstständigkeit: etwa 20.000 Euro. Ich habe auch noch eine weitere Einnahmequelle, ich vermiete unregelmäßig eine Ferienwohnung. Mit der Vermietung mache ich etwa 30 Prozent meines Gesamtumsatzes.  Weil ich nicht mehr verdiene, muss ich keine Einkommensteuer bezahlen.

Zu Beginn meiner Selbstständigkeit, 2016, habe ich für einen Stundensatz von 50 Euro gearbeitet. Inzwischen stelle ich in der Regel 80 Euro pro Stunde in Rechnung, bei Stammkunden nur 70 Euro. Wenn ich einen Workshop gebe, berechne ich 100 bis 120 Euro pro Stunde, je nach Anforderungen, Vorbereitungszeit und Teilnehmerzahl. Auch hier erlebe ich, dass Akademien und Netzwerkorganisationen nicht bereit sind, mehr zu zahlen.

Lohndumping durch nicht ausgebildete Kollegen

Die Einnahmen dürften sich im typischen Rahmen für meine Branche bewegen; die niedrigen Preise, die nicht ausgebildete Kolleginnen und Kollegen im Social-Media-Bereich verlangen, sorgen dafür, dass keiner einen der Arbeit angemessenen Stundensatz in Rechnung stellen kann. Im Schwäbischen wird das „Sparen“ manchmal übertrieben. So höre ich, dass jemand erzählte:  Ich kennen jemanden, der jemanden kennt, dessen Sohn/Tochter das auch neben ihrer Schule/Beruf für wenig Geld (Schwarzarbeit?) auch machen kann. Wenn sich dann keine Erfolge einstellen, wird auf Social Media geschimpft anstatt zu überlegen, ob man es richtig aufgesetzt und benutzt hat.

10 bis 15 Wochenstunden können nicht in Rechnung gestellt werden

So passiert es, dass mein Einkommen nicht zu meiner Qualifikation und meinem Aufwand als Akademikerin passt: Ich arbeite durchschnittlich 30 Stunden pro Woche. 10 bis 15 Stunden davon kann ich nicht in Rechnung stellen, sie stecken in Akquise, in eigener Öffentlichkeitsarbeit, Buchhaltung, Handwerkerterminen, eigener Fortbildung, im Erstellen von Angeboten und im Nachfassen – etc.  Natürlich wäre es mir lieber, ich könnte einen höheren Anteil meiner Wochenstunden in Rechnung stellen und müsste etwa weniger Zeit in geduldiges Nachfragen investieren. Tatsächlich aber ist das nötig, da sich viele Entscheidungen in Unternehmen über Monate ziehen und viele Entscheider auf mich ausgebrannt wirken. Die Auswirkungen der letzten Jahre sind für uns alle spürbar, besonders für die Selbstständigen. 

Umorientierung? Möglich!

Bis vor kurzem konnte ich regelmäßig 400 Euro pro Monat zurücklegen, aktuell sind es nur noch 150 Euro. Die größten Ausgaben habe ich für Miete, Heizöl, Strom, Versicherungen, Benzin, Reparatur- und Umbaumaßnahmen in der Ferienwohnung. Ich spüre sehr, dass die Lebenshaltungskosten gestiegen sind. So auch die Kosten für die Ausbildung meiner Kinder.

Zufrieden mit meiner Tätigkeit bin ich daher nur zum Teil. Ich orientiere mich folglich gerade etwas um und kann mir vorstellen, in naher Zukunft ein anderes berufliches Standbein in einer anderen Branche aufzubauen, und meine Selbstständigkeit erst mal nur noch nebenberuflich weiter zu führen."

Erzähl uns, wie viel du verdienst!

Und: Jetzt bist du dran! Für unsere Beitragsreihe wollen wir genau wissen, wie viel du als Selbstständige/r erwirtschaftest, wieviel du dafür arbeitest, wieviele Stunden in deiner Selbstständigkeit unbezahlt sind und was dir schließlich bleibt. Hast du Lust, uns darüber zu erzählen? Wir würden uns freuen! Hier erfährst du mehr darüber: Neue Reihe: Was verdient eigentlich ein...?

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