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Experten diskutierten das „Unternehmerrisiko Scheinselbstständigkeit“

Unser Partnerverband ISDV hat Ende Februar gemeinsam mit dem Wirtschaftsrat Deutschland zu einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Unternehmerrisiko Scheinselbstständigkeit“ eingeladen. Wir dokumentieren die wichtigsten Statements und Ergebnisse.

In Offenbach diskutierten Katrin Seyfarth, Marcus Pohl, Christa Weidner, Matthias Zimmer, Ulrike Grams, Marco Libudda und Jörg Blau (von links).

Das Thema stieß auf reges Interesse: Unter den fast 100 BesucherInnen waren zahlreiche Rechtsanwälte, Consultants, Steuerberater – und viele mittelständische Unternehmer. Alexander Wilhelm vom Wirtschaftsrat eröffnete die Runde. Im Anschluss stimmte Marcus Pohl, erster Vorsitzender der ISDV, die Besucher auf das Thema ein. Er stellte die Veranstaltungsbranche und deren gewachsene Strukturen vor. Dabei machte er deutlich, wo die Probleme der Branche bezüglich des Themas Scheinselbstständigkeit liegen.

"DRV erfindet Argumente"

Marcus prangerte die Vorgehensweise der Deutschen Rentenversicherung (DRV) an, aber auch die Gesetzgebung: „Die Erneuerung des § 611a hilft nur ein wenig. Er manifestiert zum Beispiel, dass Sachzwänge kein Kriterium für eine Scheinselbständigkeit sind. Doch das hält die DRV nicht davon ab, weitere Argumente zu erfinden. Die Liste der fünf Kriterien ist nicht endlich, sie wird im tatsächlichen Verfahren um beliebige Kriterien erweitert“, so sein Vorwurf.

Klare Kriterien vs. Grauzonen? Matthias Zimmer und Ulrike Grams im Dialog.

Der Vortrag von Christa Weidner, IT-Expertin aus München, machte drastisch klar, wie das „System Scheinselbstständigkeit“ arbeitet. Christa hat fünf Verfahren durchlaufen. Es hat sie ihre Existenz gekostet – und kaum war sie wieder aufgestanden, trat auch die DRV wieder auf den Plan. „Die Politik und die deutsche Rentenversicherung müssen eine eindeutige Rechtsgrundlage schaffen und so den Unternehmen und Selbstständigen Rechtssicherheit geben“, appellierte Christa.

Die anschließende Podiumsdiskussion wurde von Moderatorin Katrin Seyfarth geleitet. Mit ihr auf dem Podium saßen neben Christa Weidner und Marcus Pohl Ulrike Grams, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Marco Libudda, Director People & Organisation, PricewaterhouseCoopers (PWC) AG, Jörg Blau, 2. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft in Hessen tätiger Notärzte (AGHN) e.V. und als Politikvertreter der CDU-Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Matthias Zimmer. Zimmer ist stellvertretender Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales.

Löst Sonderregelung für Notärzte das Problem nicht?

Die Diskussion verlief kontrovers, blieb aber zielgerichtet. Die Notärzte befinden sich durch eine Neuerung in der Gesetzgebung, die zum Zeitpunkt der Veranstaltung gerade zehn Tage alt war, in einer „möglicherweise sicheren Position“. Es gibt einen Befreiungstatbestand für Scheinselbstständigkeit von Notärzten. „Jedoch sind grundlegende Fragen noch lange nicht geklärt und der Befreiungstatbestand kratzt nur an der Oberfläche“, kritisierte Jörg Blau. Er sieht noch nicht, dass das Problem damit gelöst sei. Marco Libudda von PWC erklärte: „Die Kriterien der Deutschen Rentenversicherung müssen messbar und greifbar sein, um Unsicherheiten abzuschaffen.“

Matthias Zimmer sah sich bisweilen unter Feuer, da die DRV ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt hatte. Er konnte natürlich nicht für die DRV sprechen. Die Grundproblematik stelle sich für ihn klar dar und das sei aber auch das schwerste Stück der Debatte: „Einerseits wird Rechtssicherheit verlangt, was nur durch klare Kriterien zu erreichen ist. Gleichzeitig wird jedoch verlangt, den Selbstständigen in seiner Gesamtheit zu sehen, was wiederum zu Graubereichen führt.“

Anwältin Ulrike Grams beschrieb die Grauzonen. Diese fänden sich in dem Bereich, der weder von den beauftragenden Unternehmen noch von der DRV erfasst werden könn. „Es muss schnell eine Zwischenlösung für alle Branchen gefunden werden, die vor allem entkriminalisierend wirkt.“ sagte Grams. „Die Unternehmer können aufgrund der Gesetzeslage ins Gefängnis kommen – und das nicht erst als letztes Mittel.“

CDU-Politiker will bundesweit einheitliche DRV-Entscheidungen

Matthias Zimmer nannte zusammenfassend fünf Punkte, die er aus der Diskussionsrunde mitnahm.

  1. „Ich wurde freundlicher behandelt als bei einer ähnlichen Veranstaltung bei der IG Metall.“
  2. „Es ist gut, dass zumindest in Teilen Lösungen für die Notärzte und auch die Syndikus-Anwälte gefunden worden sind.“
  3. „Den Gedanken der Entkriminalisierung finde ich spannend.“
  4. „Wir werden mit der DRV sprechen, ob es interne Kriterien geben kann, damit die DRV zumindest flächendeckend gleich entscheidet.“
  5. „Ich nehme das Angebot von Herrn Pohl gerne an und bemühe mich, zur nächsten Sitzung mit der DRV auch Sie einladen zu können.“

Wenn es zu einem Treffen der ISDV mit der DRV kommt, werden wir natürlich weiter berichten.

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