Die Bundestagswahl und ihr Ergebnis sorgten bei den Selbstständigen im Februar und März für Hoffnungen. Der Koalitionsvertrag hat sie dagegen enttäuscht, wohl auch, weil es an einem erkennbaren Plan der neuen Bundesregierung für Solo- und Kleinstunternehmen fehlt.
Nach einer Erholung im Februar und März brach das Geschäftsklima bei Solo- und Kleinstunternehmen im April stark ein. Der Jimdo-ifo Geschäftsklimaindex fiel um ganze 8 Punkte auf minus 23,8. Damit vergrößerte sich der Abstand zwischen Selbstständigen und Gesamtwirtschaft erheblich – noch nie zuvor seit Beginn der Messungen war der Unterschied beim Klima so groß. Das Geschäftsklima berechnet sich aus den Einschätzungen der Befragten über ihre Geschäftslage und ihre Erwartungen.
Schere zwischen Selbstständigen und Gesamtwirtschaft geht wieder auseinander
Sowohl die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage (minus 19,4 Punkte nach minus 12,7 im März) als auch die Erwartungen für die kommenden Monate (minus 28,1 nach minus 18,9) trübten sich deutlich ein. Auch die wahrgenommene Unsicherheit nahm spürbar zu. Besonders betroffen war das verarbeitende Gewerbe – vermutlich aufgrund von Trumps Zollpolitik – sowie der Einzelhandel. Aber auch im Dienstleistungssektor ist der Klimaindikator leicht gesunken.
In der Gesamtwirtschaft hingegen besserte sich die Stimmung leicht (Geschäftsklima: minus 10,1 Punkte). Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Lage nur noch stellenweise als ungünstig. Gleichzeitig trübten sich die Erwartungen ein und auch hier nahm die Unsicherheit zu. „Die deutsche Wirtschaft stellt sich auf Turbulenzen ein“, sagt Katrin Demmelhuber vom ifo Institut.
Aufbruchstimmung nach Bundestagswahlen schnell verflogen
„Die Aufbruchsstimmung nach Bundestagswahl und Finanzpaket ist bei vielen Selbstständigen schnell verflogen“, sagt Matthias Henze, CEO und Mitgründer von Jimdo. „Strukturelle Probleme bleiben ungelöst,. Große Unternehmen drosseln aufgrund der gesamtpolitischen und -wirtschaftlichen Lage entsprechend ihre Budgets – und das bekommen die Kleinen zu spüren: Viele kämpfen weiter mit fehlenden Aufträgen.“ Laut dem aktuellen Index ist fast jede/r zweite Selbstständige im zweiten Quartal von Auftragsmangel betroffen (48,4 Prozent).
VGSD: Es fehlt der Bundesregierung an einem Plan für die kleinen Unternehmen
Gerade vor dem Hintergrund der schwierigen Lage in wichtigen Branchen fordern viele Selbstständige nun deutliche Signale von der Politik. Der VGSD zeigt sich enttäuscht über den Koalitionsvertrag: „Die neue Regierung plant höhere Verschuldung, niedrigere Energiepreise, hohe Abschreibungen sowie branchenspezifische Steuervorteile und Subventionen – davon profitieren vor allem große Unternehmen. Für Solo- und Kleinstunternehmen fehlt jedoch ein erkennbarer Plan. Diese Diskrepanz spiegelt sich auch im turbulenten Verlauf des Index wider“, so Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des VGSD. "Die Bundesregierung sollte dringend eine Selbstständigen-Strategie entwickeln und mit ihr das Signal geben, dass es auch für die kleinen Unternehmen Verbesserungen geben wird."
Branchentrends: Gastgewerbe, Reisebranche und Immobilienunternehmen optimistischer
Im Dienstleistungssektor hat sich das Geschäftsklima im zweiten Quartal spürbar verschlechtert: Sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen wurden negativer bewertet. Während sich einzelne Branchen wie das Gastgewerbe, die Reisebranche und das Grundstücks- und Wohnungswesen etwas erholten, trübte sich die Stimmung im Einzelhandel deutlich ein – mit dem niedrigsten Stand seit Oktober 2022, rückläufigen Umsätzen und wachsender Unzufriedenheit.
Als Vereinsmitglied kannst du in der folgenden Präsentation für jede Branche die Entwicklung von Klima, Lage und Erwartungen über die letzten 24 Monate verfolgen. Für diesen Zeitraum findest du auch die Entwicklung der Preiserwartungen, der Umsätze, des Auftragsbestands, der wahrgenommenen Unsicherheit sowie der Kreditnachfrage und als wie restriktiv die in den letzten drei Monaten geführten Kreditgespräche wahrgenommen wurden.
Ergebnisse im Detail (23 Grafiken):
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