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Markus Schaible für den VGSD im hessischen Landtag Erfahrungsbericht: Meine erste Anhörung als Sachverständiger

Unser Frankfurter Regionalgruppensprecher Markus Schaible berichtet über seine erste Anhörung als Sachverständiger: Wie es dazu im zweiten Anlauf kam, wer schriftlich Stellung nehmen kann und wie die Anhörung abläuft. Mit Tipps für andere politisch Interessierte und auch den Verband selbst.

Ein besonderer Ausflug für Markus Schaible: Zum Auftritt als Sachverständiger im hessischen Landtag

Immer wieder wird der VGSD zu Anhörungen auf Bundes- oder auch Landesebene eingeladen. Das ist für uns eine Gelegenheit, um unseren Positionen Gehör zu verschaffen. Für Anhörungen auf Landesebene haben wir aber seitens der hauptamtlichen Mitarbeiter leider oft nicht die Kapazität, persönlich vor Ort zu sein. 

Wie bereits berichtet, hat unser Regionalgruppensprecher Markus Schaible uns am 14. Juni 2023 erstmals bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des hessischen Landtags vertreten. Zuvor hatte Hendrik Schäfer bereits den VGSD zwei Mal als Sachverständiger im nordrhein-westfälischen Landtag vertreten.

Markus berichtet, wie es zu der Anhörung kam und was er dabei für Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt hat:

Die erste Einladung

Im Oktober 2022 hat mich unser Vorstand Andreas Lutz zum ersten Mal nach meiner Meinung zu einer Gesetzesinitiative im hessischen Landtag, zu der unser Verband gehört werden sollte, gefragt. Damals ging es um eine Initiative der SPD (die in Wiesbaden in der Opposition ist), das hessische Mittelstandsfördergesetz zu ändern. Wir hatten uns dazu ausgetauscht und Andreas bot mir an, im darauffolgenden Monat für unseren Verband an der Anhörung teilzunehmen. 

Leider war ich jedoch zum Zeitpunkt der Anhörung auf einem Projekt im Ausland tätig, so dass ich absagen musste. Was ich damals nicht wusste: eine schriftliche Stellungnahme wäre auch ohne Teilnahme an der Anhörung möglich gewesen.

Der zweite Anlauf

Im April 2023 bekam ich meine zweite Chance. Kurz nach meinem erfolgreichen Projektabschluss fragte Andreas erneut an, ob ich „Zeit und Lust“ hätte „eine kurze schriftliche Stellungnahme zu schreiben und im Landtag in Wiesbaden dazu 5 Minuten zu sprechen und Fragen zu beantworten?“

Welche Ehre und Vertrauen! Ich habe sofort zugesagt. 

Wieder ging es um einen Gesetzesantrag der SPD, die die Digitalisierung von Unternehmen fördern wollte. Aber nur für tarifgebundene Unternehmen. Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen waren nicht mitgedacht: Wie soll ein/e Selbstständige/r ohne Mitarbeitende nachweisen, dass er/sie diese nach Tarif bezahlen würde, wenn er doch gar keine hat? Und ist, um eine Tarifbindung nachzuweisen, nicht eine gewisse Mitarbeiterzahl nötig und die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband? 

Die Stellungnahme

Doch wie schreibt man eine Stellungnahme zu einem Gesetzesentwurf?

Bereits beim Lesen des Gesetzesentwurf und den vom Landtag zur Verfügung gestellten Unterlagen und Informationen habe ich mir meine Gedanken und Stichpunkte notiert. Von Andreas bekam ich mehrere frühere Stellungnahmen, anhand derer ich eine erste Vorstellung entwickelte. Dazu hatte ich auch von Vera Dietrich Positionspapiere gesehen. 

Doch vor den Inhalten stellte sich die Frage der Form. Soll es ein Brief sein oder ein einfaches Word-Dokument? Ich entschied mich für letzteres. Natürlich musste das VGSD-Logo drauf. Da gibt es aber verschiedene Varianten. Also wieder geguckt, wie haben es andere vor mir gemacht. Vera hatte das Logo mit dem ausgeschriebenen Vereinsnamen verwendet. Links oben hat mir aber nicht gefallen, so dass ich es in der Kopfzeile mittig eingefügt habe.

Erste Erkenntnis: Wir brauchen für die Außendarstellung einheitliche Formatvorlagen.

Anders als bei bisherigen Stellungnahmen hielt ich es für sinnvoll unseren Verband im einleitenden Teil der Stellungnahme vorzustellen, da es unsere erste Stellungnahme für dieses Gremium ist. Ein Telefonat mit unserer Redakteurin Nina ergab, ein vorgefertigter Textbaustein für Stellungnahmen steht (noch) nicht zur Verfügung. Sie nannte mir verschiedene Stellen auf der VGSD-Webseite aus der ich mir einen solchen Baustein bastelte. Schließlich sollten die Politiker verstehen „Wer wir sind“ und warum wir uns in dem Gesetzesentwurf nicht wiederfinden.

Da der zu kommentierende Entwurf aus gerade mal acht Paragrafen besteht, war es leicht sich daran entlang zu hangeln. Zügig füllten sich zwei Seiten Stellungnahme. Da ich großen Respekt vor der Aufgabe hatte, habe ich ausreichend Zeit eingeplant und war schneller fertig als gedacht. Umso mehr Zeit für die interne Abstimmung mit Andreas und Felix. Doch hoppla. Eine Abwesenheitsnachricht von Andreas. Er ist bis zu Deadline in Urlaub. Umso überraschter war ich als ich ein paar Stunden später eine Antwort von Andreas aus seinem wohlverdienten Urlaub bekam. Er war zufrieden mit dem Entwurf und hat seine Anpassungen und Anmerkungen direkt ins Dokument eingepflegt, so dass ich das im Änderungsmodus nur annehmen musste (das Logo ist jetzt rechts oben). Nach einem weiteren Telefonat mit Felix war die Abstimmung zügig abgeschlossen und die Stellungnahme noch vor Deadline abgabefähig.

Logischerweise sollte sie nicht von meinem Geschäftsaccount, sondern von einer VGSD-Mailadresse verschickt werden. Habe ich ja für die Rhein-Main Gruppe. Aber wie steht es mit der Signatur?

Eine Rückfrage bei Maxi, die die Regionalgruppe betreut, ergab: es gibt seitens des Verbandes keine Vorgabe für den Aufbau der Signatur der Regionalgruppen, aber ich könne mich ja an ihrer Signatur orientieren, was ich tat.

Mit der Einreichung unserer Stellungnahme war der erste große Block gemeistert und ich erst mal erleichtert.

Unser Statement

Gemäß unserer Einladung sollte jeder Verband im Rahmen der Anhörung fünf Minuten Zeit für ein Eingangsstatement bekommen, bevor Ausschussmitglieder Fragen an die Anzuhörenden richten können. Um mir einen ersten Eindruck zu verschaffen, habe ich mir über die Webseite des Hessischen Landtags den Ausschuss, seine Mitglieder (23 Personen) und die bereits veröffentlichten Stellungnahmen angesehen. Ebenfalls interessant war für mich das Protokoll der Anhörung der Sitzung im November, bei der wir nicht vertreten waren.

Die Erkenntnis, dass der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir an den Sitzungen teilnimmt, flößte mir gleich noch mehr Respekt ein.

Schnell waren Anrede und Erläuterung unseres Verbands als Einstieg in das Statement aufgeschrieben. Die Lektüre der 35 Seiten Verbandsstellungnahmen war sehr interessant. Gleich als erstes war die unaufgeforderte Stellungnahme des hessischen Rechnungshofs mit Ausführungen zu Sondervermögen und Einhaltung der Schuldenbremse. Kommunale Verbände und die Gewerkschaften äußerten sich positiv, während Unternehmerverbände den Entwurf kritisch bis ablehnend gegenüberstanden.

Der letzte Feinschliff

Um eine bessere Vorstellung zu bekommen, was mich erwarten würde, nahm ich dankbar das Angebot des Landtags für telefonische Rückfragen an. Die zuständige Referentin Frau Schnier erläuterte mir das Procedere von der Ankunft beim Landtag, den Sitzungssaal (Getränke sind für Anzuhörende kostenfrei, während die Abgeordneten sie bezahlen müssen!), die Technik und den Ablauf der Sitzung.

Wertvoll war auch der Hinweis, dass der Vorsitzende des Ausschusses unter Umständen die Redezeit auf drei Minuten verkürzen könne und dass ich davon ausgehen sollte, dass die Abgeordneten zu 99 Prozent die Verbandsstellungnahmen gelesen haben. 

Somit war mir klar, ich muss mich auf drei Punkte und ein Fazit fokussieren. Wenn die Zeit knapp wird, einfach die Einleitung mit Anrede und Vorstellung weglassen. Das Statement war dann erst am Tag vor der Anhörung fertig. Schnell noch an Andreas und Felix gemailt, um ihr Feedback einzuholen. Dann mit der Stoppuhr die Rede laut vorgetragen um zu sehen, ob sich das flüssig spricht und ob ich damit im Zeitrahmen bleibe. Letzteres passte mit ca. vier Minuten 20 Sekunden gut und der Text bekam seinen Feinschliff. Dann kam abends der Anruf von Andreas mit wertvollen Tipps aus seinen bisherigen Erfahrungen bei Anhörungen. „Das kannst Du weglassen“. „Hier noch zwei, drei Sätze mehr“. Ich habe fleißig mitgeschrieben und den Text nochmal angepasst (und wieder geprobt).

Die Anhörung

Ausreichend Zeitpuffer eingeplant und im dunkelblauen Anzug gewandet, brach ich in die Landeshauptstadt nach Wiesbaden auf. Um mir die Taschendurchleuchtung beim Sicherheitscheck zu sparen, hatte ich nur eine Schreibmappe dabei. Am Empfang der Tausch des Personalausweises gegen den Besucherausweis. Gemeinsam mit der Vertreterin des Hessischen Städte- und Gemeindebunds wurde ich von einem Sicherheitsmann durch Innenhof und Tiefgarage bis zum Aufzug zum Sitzungssaal geleitet. Hatte ich mich nach den Ausführungen von Frau Schnier auf den Plenarsaal eingestellt, war es dann doch ein anderer Raum. Drei lange Tischreihen vor einem querstehenden Tisch, an dem der Ausschussvorsitzende, die Protokollantinnen und (später) der Wirtschaftsminister saßen.

Die mittlere Reihe war für die Anzuhörenden. Die linke war mit den Abgeordneten der schwarz-grünen Regierungskoalition und die rechte mit den Oppositionsvertretern besetzt.

Der Vorsitzende begrüßte die Anwesenden und wies darauf hin, dass der Wirtschaftsminister noch komme. Die Anzuhörenden teilte er zwei Zeitblöcken zu und verkündete die gekürzte Redezeit von drei Minuten. Gut, dass ich mich darauf eingerichtet hatte!

Markus Schaible am 14. Juni im hessischen Landtag

Der erste Block bestand aus dem Vertreter des hessischen Rechnungshofs und der Dame vom Städte- und Gemeindebund. Im zweiten Block dann die Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertreter. Hier wurden Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), DGB Hessen-Thüringen, DGB Saarland – Rheinland-Pfalz, IG Metall Bezirksleitung Mitte und last but not least ich für den VGSD gehört. Zu meinem Statement geht es hier.

Nach den Statements gab es zwei Fragerunden. Die meisten Fragen kamen interessanterweise von der SPD, die den Gesetzesentwurf eingebracht hatte, und befeuerten weitere Gewerkschaftsstatements. Nachdem die Fragen verschiedener Abgeordneter gesammelt wurden (die Verbändevertreter sollten sich diese selbst notieren), bekamen die Anzuhörenden der Reihe nach das Wort erteilt. Da ich in der ersten Runde keine Fragen für unseren Verband vernommen hatte, war ich davon überrascht, das Wort erteilt zu bekommen, was ich auch sagte. Prompt wurde ich in der zweiten Runde beim Stichwort „Standortgarantie“ mit einem Halbsatz von Kaya Kinkel (Die Grünen) ins Spiel gebracht. Andreas Lichert (AfD) richtete dann die direkte Frage an mich: „Welche Frage hätten Sie sich von diesem Ausschuss gewünscht?“

Die Dame vom DGB verwies beim Stichwort Standortgarantie darauf, dass auch Kleinstunternehmen ab fünf Mitarbeitern einen Betriebsrat wählen könnten. In meiner Antwort verwies ich auf den Trend zur Remote-Arbeit, der durch Corona noch verstärkt wurde, unsere räumliche Flexibilität als Wissensarbeiter und stufte die Betriebsratsbildung ab fünf Mitarbeitern als praxisfern ein.

Als Wunschfrage formulierte ich spontan: „Wie können wir die Fähigkeiten und das Know-how der Selbstständigen effizient einbinden?“ und beantwortete sogleich: „Indem man uns wahrnimmt, sich mit uns austauscht und uns bei Gesetzesvorhaben mitdenkt“.

In der Pause nach der Anhörung (es folgte 30 Minuten später eine weitere) nutzte ich die Gelegenheit Herrn Dr. Christmann vom VhU, der die Gesetzesinitiative klar ablehnte, kennenzulernen und unseren Verband kurz vorzustellen. Ein Follow-up-Termin in Frankfurt wurde angedacht.

Was habe ich gelernt und welche Anregungen kann ich anderen für ihre Arbeit mitgeben?

  • Der Verband sollte allen, die für ihn als Sachverständige tätig werden, einheitliche Vorlagen und Layouts zur Verfügung stellen.
  • Stellungnahmen sind immer möglich, auch ohne Einladung oder Teilnahme an der Anhörung!
  • Sei darauf vorbereitet, dass die vorgesehene Redezeit gekürzt wird, und überlege schon vorab, was Du weglassen kannst. 
  • Prüfe, (anhand der veröffentlichten Stellungnahmen) wo Gleichgesinnte zu finden sind und nutze die Chancen zu Vernetzung und Austausch.

Es war mir eine Ehre, unseren Verband vertreten zu dürfen, und ich würde es jederzeit wieder tun. Vielen Dank für das in mich gesetzte Vertrauen!

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