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Aktivrente auch für Selbstständige: Wir sind keine Erwerbstätigen zweiter Klasse! Petition mitzeichnen und teilen!
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Lesetipp Pressemitteilung Bundeskabinett entscheidet über Aktivrente – VGSD fordert Einbeziehung von Selbstständigen

Heute trifft sich das Bundeskabinett und wird unter anderem über den letzte Woche erst vorgelegten Gesetzesentwurf zur Aktivrente entscheiden. In dieser Pressemitteilung geben wir einen Überblick über die zeitliche Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens.

Bis zu 919 Euro Steuerersparnis pro Monat für Angestellte im Alter, 0 Euro Steuerersparnis für Selbstständige

Das Vorhaben ist äußerst umstritten. Angestellte, die die Regelaltersgrenze (66 Jahre und vier Monate) überschreiten, sollen künftig 2.000 Euro pro Monat steuerfrei dazu verdienen können. Damit ist ein extrem hoher Steuervorteil von bis zu 919 Euro pro Monat* verbunden.

In sich widersprüchliche Begründung für Ausschluss von Selbstständigen

Das ist ein erheblicher Vorteil nicht nur gegenüber jüngeren Erwerbstätigen, sondern auch gegenüber gleichaltrigen Rentner/innen, die sich im Alter selbstständig betätigen wollen. Selbstständige sind ausdrücklich von der Aktivrente ausgeschlossen und müssen weiterhin die vollen Steuern bezahlen. Die Bundesregierung begründet dies damit, dass sie nur "aktive Arbeit" fördern wolle, dass Selbstständige ohnehin häufig länger arbeiten würden, von daher keine Anreize benötigten und Angestellte auch im Alter pflichtweise in die Sozialversicherungssysteme einzahlten.

Trotzdem schließt die Regierung auch Selbstständige von der Aktivrente aus, die nach §2 SGB VI schon seit Beginn ihres Berufslebens rentenversicherungspflichtig sind. Insbesondere das am Gesetzesentwurf maßgeblich beteiligte Bundesarbeitsministerium hat Selbstständige zudem jahrelang als von Altersarmut bedroht dargestellt, um sie nun im Rahmen der Aktivrente von der steuerlichen Vergünstigung auszuschließen und finanziell zusätzlich schlechter zu stellen.

Kosten pro zusätzlichem Arbeitnehmer höher als deren Einkommen

Die Bundesregierung geht von 25.000 zusätzlichen Anstellungsverhältnissen durch die Aktivrente aus bei geschätzten Steuerausfällen von 890 Millionen Euro pro Jahr. Die Kosten pro Kopf von 35.600 Euro liegen also deutlich höher als das steuerfrei gestellte Einkommen. Das liegt daran, dass auf jeden durch die Aktivrente zusätzlich arbeitenden Rentner zwölf weitere kommen, die dies schon jetzt tun und ebenfalls von dem Steuerprivileg profitieren werden.

Die tatsächlichen Kosten könnten noch weitaus höher liegen, denn der VGSD erwartet, dass viele Selbstständige aus Verärgerung über die Ungleichbehandlung ihre Selbstständigkeit vorzeitig beenden bzw. Angestellte und Beamte ihre häufig nach Renteneintritt geplanten Gründungen unterlassen.

"Nie wurden Selbstständige massiver und offensichtlicher diskriminiert"

"Der geplante Ausschluss von der Aktivrente reiht sich ein in eine Vielzahl von Schlechterbehandlungen von Selbstständigen im Steuer- und Sozialrecht. Nie aber wurden Selbstständige auf massivere und offensichtlichere Weise diskriminiert und nie wurde dies zynischer und widersprüchlicher begründet," sagt VGSD-Vorstandsvorsitzender Andreas Lutz.

"Wir sehen eine eklatante Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, also von Artikel 3 Grundgesetz. Darüber hinaus ist der Ausschluss der Selbstständigen wirtschaftspolitisch kontraproduktiv, denn er demotiviert einen Großteil derer, die im Alter selbstständig arbeiten wollten." Der VGSD hat unter openpetition.de/aktivrente eine Online-Petition eingereicht, um den Betroffenen eine Stimme zu geben und diese politische Fehlentscheidung zu verhindern.

Zeitliche Entwicklung / Hintergrund

  • Am 16. September hatte der Koalitionsausschuss getagt und Bundeskanzler Friedrich Merz in Berlin dessen Einigung auf die Einführung der Aktivrente zum 1.1.2026 bekannt gegeben.
  • Zeitgleich wurde ein erster Gesetzesentwurf geleakt und sorgte für große öffentliche Aufmerksamkeit, weil anders als im zugrundeliegenden Eckpunktepapier der CDU/CSU zur Aktivrente Selbstständige ausgeschlossen wurden. Das Unverständnis der Betroffenen zeigt sich u.a. daran, dass die VGSD-Pressemitteilung "Aktivrente nur für Arbeitnehmer – Schlag ins Gesicht der Selbstständigen" rund 250 Mal kommentiert wurde.
  • Der geleakte Gesetzesentwurf wurde daraufhin vom federführenden Bundesfinanzministerium zurückgezogen und mit Verweis hierauf von politischer Seite jegliche Auskünfte zum Vorhaben verweigert.
  • Am Donnerstag letzter Woche (9.10.25) hat das Finanzministerium den – nur leicht veränderten – Referentenentwurf offiziell an führende Verbände gesendet und ihnen eine Frist bis 14 Uhr am Folgetag eingeräumt, um zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen – also innerhalb von rund 24 Stunden. Die wichtigste Neuerung gegenüber dem geleakten Entwurf besteht darin, dass auf eine Anwendung des Progressionsvorbehalts verzichtet wird. Das erhöht den steuerlichen Vorteil für angestellte Rentner/innen mit hohem Einkommen weiter von 504 auf bis zu 919 Euro pro Monat!
  • Der VGSD hat im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) eine Stellungnahme zur Aktivrente entwickelt, die trotz der kurzen Frist von insgesamt 27 Berufs- und Selbstständigenverbänden mitgezeichnet wurde. Sie enthält die wichtigsten Argumente, die gegen einen Ausschluss von Selbstständigen aus der Aktivrente sprechen.
  • Am Donnerstag, 14.10.2025 um 16:30 Uhr hat der VGSD unter nun auch eine Onlinepetition mit dem Titel "Aktivrente auch für Selbstständige: Wir sind keine Erwerbstätigen zweiter Klasse!" initiiert, die innerhalb der ersten Stunde bereits mehr als 1.000 Mal mitgezeichnet wurde. Zahlreiche weitere Verbände, unter anderem auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) haben bereits ihren Protest gegen den Ausschluss von Selbstständigen angekündigt.

Bitte zeichne jetzt unsere Petition mit und teile sie in deinem Netzwerk:

openpetition.de/aktivrente

Danke für deine Unterstützung!

Der VGSD behält sich vor, im Fall eines Inkrafttretens der Aktivrente unter Ausschluss von Selbstständigen gemeinsam mit einem breiten Bündnis von Verbänden rechtlich gegen das Gesetz vorzugehen. VGSD-Vorstand Andreas Lutz: "Das würde jedoch dazu führen, dass Selbstständige bis zu einer gerichtlichen Entscheidung viele Jahre benachteiligt würden – und zu einem weiteren massiven Rückgang der Zahl der Selbstständigen führen. Genau das wollen wir verhindern und fordern deshalb eine faire Ausgestaltung der Aktivrente von Anfang an – für Angestellte und Selbstständige gleichermaßen."

*) Wie kann ein Steuervorteil von bis zu 919 Euro pro Monat zustande kommen?

Die Berechnung haben wir mit dem Lohn- und Einkommensteurrechner des Bundesministeriums der Finanzen (Annahme: alleinstehend) durchgeführt. Durch den Verzicht auf den Progressionsvorbehalt sparen künftige "Aktivrentner" nicht nur die Einkommensteuer, die sie auf 35.940 Euro (= 24.000 Euro + 11.940 Euro steuerfreies Existenzminimum) bezahlen müssten, sondern den Grenzsteuersatz, den sie auf 24.000 Euro zusätzliches Einkommen bei vorhandenen anderen Einkünften, zum Beispiel Renten und anderen steuerpflichtigen Alterseinkünften zahlen müssten. Die Steuerersparnis steigt dadurch von 504 Euro/Monat auf bis zu 919 Euro. Gerne erläutern wir Ihnen die Berechnung bei Interesse auch im persönlichen Gespräch.

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