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Altmaier und Scholz stellen Hilfsprogramm für Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen vor

Heute mittag haben Finanzminister Scholz und Wirtschaftsminister Altmaier die Hilfsprogramme für Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen vorgestellt.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier bei der Pressekonferenz

Erfreulich:

Das Programm für Solo-Selbstständige wurde gegenüber dem letzte Woche kommunizierten Programm mit zunächst 40 auf 50 Milliarden Euro aufgestockt. Auch hat man sich unsere Kritik (und die anderer Verbände) zu Herzen genommen und auf einen Kreditanteil verzichtet:

Die Soforthilfen werden offenbar komplett als Zuschuss ausgezahlt. Zunächst war diskutiert worden, 75 Prozent in Form von Darlehen auszuzahlen. Auch sind sie jetzt offenbar nicht zweckgebunden nur für die Gewerbemiete, so dass nun mit dem Vermieter auch über ein Aussetzen der Miete verhandelt werden kann, um auch andere laufende Ausgaben decken zu können.

Nicht so erfreulich:

Die Zahlungen sind pauschaler Natur, für Unternehmen mit Mitarbeitern bzw. hoher Miete könnten sie zu knapp bemessen sein.

Die Sicherung der Lebenshaltungskosten soll zudem über die Grundsicherung ("Hartz IV") erfolgen, was viele Selbstständige als Demütigung wahrnehmen werden. Arbeitnehmer erhalten demgegenüber das einkommensabhängig und damit deutlich großzügiger ausgestattete Kurzarbeitergeld, das zudem vom Arbeitgeber oft noch aufgestockt wird.

Bei beiden Instrumenten (Zuschüsse und Grundsicherung) stellt sich zudem die Frage, welche Prüfungen und Anrechnungen im Nachhinein erfolgen. Wenn im Nachhinein dann doch alle Ersparnisse inklusive der Altersvorsorge des Selbstständigen aufzubrauchen wären oder eine komplizierte Einkommensanrechnung stattfinden würde, wären beide Instrumente wenig attraktiv. Hier kommt es auf die Details an.

Hier die beschlossenen Programme im Überblick: 1) Zuschüsse zu Betriebskosten

  • Wirtschaftsminister Altmaier hat von einem in dieser Form beispiellosen Schutzschirm für kleine Unternehmen und Selbstständige gesprochen. Die finanziellen Hilfen hätten einen Umfang von bis zu 50 Milliarden Euro. Das Hilfspaket schließt jetzt allerdings neben neben Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmen (bis zehn Mitarbeiter) auch Kleinunternehmen (bis 50 Mitarbeiter) ein. Altmaier betonte die Rolle von uns kleinen Selbstständigen für Lebensqualität und Funktionsfähigkeit des Alltags – und nannte die Zahl von zehn Millionen Beschäftigten, die einen Arbeitsplatz in Klein- und Kleinstunternehmen hätten.
  • Für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten wurden Einmalzahlungen von bis zu 9.000 Euro angekündigt, mit denen die nächsten drei Monate abgesichert werden sollen.
  • Für Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern beträgt die Einmalzahlung bis zu 15.000 Euro, für Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern bis zu 30.000 Euro.
  • Wir verstehen die Förderung so, dass sie Zuschüsse der Länder einschließt, also zum Beispiel die 5.000 Euro Soforthilfe, die in Bayern ausgezahlt wurde.
  • Die Förderung ist gedacht, um bei akuten Liquiditätsengpässen die laufenden Betriebskosten zu decken (Mieten, Kreditzinsen für Betriebsräume, Leasingraten u.ä.). Es müssen Kosten dieser Art im 3-Monats-Zeitraum oder ein Umsatzrückgang in entsprechender Höhe nachgewiesen werden. Weitere Details werden deutlich, wenn die entsprechenden Formulare online sind (spätestens Mittwoch Abend).
  • In den Eckpunkten zur Förderung heißt es: "Sofern der Vermieter die Miete um mindestens 20% reduziert, kann der ggf. nicht ausgeschöpfte Zuschuss auch für zwei weitere Monate eingesetzt werden." Es lohnt sich also, mit dem Vermieter zu verhandeln. Wir sind stolz auf diese Regelung, denn bei den Verhandlungen am Mittwoch im BMAS hatte Andreas Lutz darauf hingewiesen, dass Anreize bestehen sollten, mit dem Gewerbevermieter über die Miete zu verhandeln, weil dieser auch ein starkes Interesse am "Überleben" seines Mieters hat.
  • Die selbstständigen Tätigkeit muss das Haupteinkommen darstellen oder mindestens zu einem Drittel des Nettoeinkommens des Haushalts beitragen. (Wenn der Ehepartner also deutlich besser verdient, kann das dazu führen, dass der bzw. die Selbstständige auf den laufenden Betriebskosten "sitzen bleibt". Im Extremfall ist der Ehepartner aber ebenfalls auf Kurzarbeitergeld oder Hilfen angewiesen, vielleicht sind die Einnahmen des Selbstständigen auch nur deshalb niedrig gewesen, weil sich das Unternehmen noch in Gründung befindet – die Betriebskosten können aber durchaus hoch sein.)
  • Liquiditätsengpässe oder Umsatzeinbrüche, die bereits vor dem 11. März 2020 entstanden sind, sind nicht förderfähig. Allerdings sind z.B. in der Veranstaltungswirtschaft oder im Trainingsbereich viele Veranstaltungen schon deutlich vor diesem Termin abgesagt worden!
  • Die Auszahlungen sollen rasch stattfinden, da die Mietzahlungen ja zumeist zum ersten des Monats fällig wären.
  • Wann und wie sie ausgezahlt werden, hängt vom jeweiligen Bundesland ab, in dem du deinen Firmensitz hast. In Baden-Württemberg z.B. kann man ab Mittwoch Abend bzw. Donnerstag über ein Onlineportal die Förderung beantragen. Die Prüfung der Aufträge erfolgt dann durch Industrie- und Handels-, Handwerks- und andere Kammern (auch für Unternehmen, die nicht kammerpflichtig sind). Ausgezahlt werden sie von der L-Bank. In Bayern werden sie wie die Soforthilfen des Landes wohl über die Bezirksregierungen und die Landeshauptstadt München geprüft und ausgezahlt werden.

    Wir hätten uns eine Auszahlung über die Finanzämter gewünscht, aber die genannten Organisationen scheinen schneller handlungsfähig zu sein.

  • Die Zuschüsse sind bei Erfüllen der Förderbedingungen nicht rückzahlbar. Allerdings handelt es sich um "steuerbare Zuschüsse", sie zählen also wie andere Umsätzen auch als Betriebseinnahmen und sind (Einkommen-) steuerpflichtig.
  • Mit den Zahlungen sollen die Selbstständigen selbst, indirekt aber auch deren Vermieter und Banken geschützt werden.
  • Altmaier verwies darauf, dass die Vermieter oft ebenfalls Selbstständige sind, die auf die Mietzahlungen dringend angewiesen seien, um ihrerseits die Zinsen für den Immobilienkredit zu bezahlen.
  • Schwer aufstoßen dürfte diesen, dass aufgrund einer vom Justizministerium vorangetriebenen Regelung Mietern nicht gekündigt werden darf, wenn sie aufgrund der Krise ihre Miete innerhalb der nächsten sechs Monate nicht bezahlen. Die Mieter schulden unabhängig davon ihre Miete, allerdings könnte dies Anreize setzen, die Miete erst mit größerer Verzögerung zu bezahlen.

2) Grundsicherung ohne Vermögensprüfung

  • Wenn die Einnahmen nicht für die Lebenshaltungskosten und die soziale Absicherung ausreichen, soll Grundsicherung (Hartz IV) und Wohngeld bezahlt werden. Die Grundsicherung beträgt für Alleinstehende 432 Euro/Monat, für Paare 778 Euro, für Kinder abhängig vom Alter 250 bis 345 Euro. Die Miete soll ohne Prüfung der Angemessenheit zunächst im vollen Umfang übernommen werden. Eine Vermögensprüfung soll für mehrere (wahrscheinlich sechs) Monate für Selbstständige (aber auch Angestellte) ausgesetzt werden.
  • Die Krankenversicherung würde in vollem Umfang finanziert. Vermutlich wird also übergangsweise auch die private Krankenversicherung (in vollem Umfang?) übernommen.
  • Zur Einkommensanrechnung wurde nichts gesagt. Für gewöhnlich wird das Einkommen (Gewinn) zu 80 bis 90 Prozent mit der Grundsicherung verrechnet. Dabei geht man nicht von einer Ermittlung des Gewinns wie beim Finanzamt aus, sondern muss für die Arbeitsagentur bzw. den Jobcenter nach strengeren Kriterien eine eigene Überschussrechnung erstellen, was sehr zeitaufwändig ist und oft zu unliebsamen Überraschungen führt. Hier werden wir die Regelung ganz genau unter die Lupe nehmen.
  • Die Vergabe erfolge über die Bundesagentur für Arbeit, also die Arbeitsagenturen. Sie werde dabei durch Mitarbeiter des Zoll personell verstärkt.

Hier kannst du dir die Pressekonferenz selbst anschauen, YouTube

3) KfW-Kredite über die Hausbank

  • Kredite: Bei dem bereits vorletzte Woche angekündigten  Sonderkreditprogramm, das via KfW-Förderbank und die Hausbanken vergeben wird, wurde der Haftungsanteil der KfW von 80 auf 90 Prozent erhöht. Entsprechend müssen die Hausbanken nur 10 statt 20 Prozent des Ausfallrisikos tragen. Auf kritische Rückfragen, ob dies reiche, antwortete Minister Scholz, man habe hierzu bis zuletzt mit der EU-Kommission verhandelt und das rechtlich Mögliche zu 150 Prozent ausgeschöpft. Das sei ein ganz großes Verhandlungsergebnis und solle bitte als Erfolg verbucht werden.
  • Trotzdem: Nur ein relativ kleiner Teil der Solo-Selbstständigen wird diese Kredite in Anspruch nehmen wollen bzw. erhalten.

4) Der Vollständigkeit halber: Eigenkapital für größere Unternehmen

  • Der Vollständigkeit halber wollen wir noch erwähnen, dass auch ein Fonds im Umfang von 400 Milliarden Euro bereit gestellt wird, um sich mit Eigenkapital an Unternehmen zu beteiligen, die großer Bedeutung für Arbeitsplätze und Wirtschaft haben. Mit den Programmen wollte man so wenig wie möglich in die Märkte eingreifen. Andererseits sollten die Unternehmen aber auch nicht zu Spottpreisen von Hedgefonds auf- und weitergekauft werden. "Make no mistake about it" sagte der Wirtschaftsminister an die "Heuschrecken" gerichtet, man sei entschlossen, diese Unternehmen zu schützen.
  • Er kündigte zudem an, man werde die weitere Entwicklung beobachten und auf die sich verändernde Situation entsprechend reagieren.

VGSD-Vorstand Andreas Lutz wird  zeitnah in einer Videokonferenz die Hilfen erläutern und sagen, was du jetzt tun kannst.

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