Zum Inhalt springen
Auf die letzten Plätze fertig los - Jetzt dein Ticket für Frankfurt sichern! Jetzt Platz sichern
Mitglied werden

Experte zum neuen Statusfeststellungsverfahren "Schneller wird es nicht"

Rechtsanwalt Dr. Benno Grunewald aus Bremen warnt vor einem vorschnellen Antrag auf Statusfeststellung

Seit 1. April gelten neue Vorschriften zur Klärung der Frage von Scheinselbstständigkeit, die vor allem das Verfahren betreffen. Damit soll die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) früher, schneller und einfacher entscheiden können (wir berichteten). Doch wie gut klappt das? Wie wirken sich die neuen Vorschriften aus?

Für Rechtsanwalt Dr. Benno Grunewald aus Bremen ist die Reform kein großer Wurf. Mit seiner über 20-jährigen Erfahrung in diesem Bereich könne er sich an keinen Mandanten erinnern, der sich nicht gewünscht hätte, das von ihm initiierte Statusfeststellungsverfahren am liebsten nie begonnen zu haben. „Ich bezweifle sehr stark, dass es zu einer Beschleunigung des Verfahrens kommt“, sagt der Experte. Langwierige Widerspruchsverfahren oder Gerichtsprozesse würden dadurch nicht überflüssig. Prognose- und Gruppenfeststellungen werden wohl wenig Nachfrage erzeugen. Unklar ist laut Grunewald, wie die DRV fortan Mehr-Personen-Verhältnisse beurteilt.

Der VGSD veröffentlicht die Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. Benno Grunewald.

___________________________________

Stellungnahme von Dr. Benno Grunewald:
„Mehr Chancen, mehr Risiken, mehr Ärger?“

Meine Erfahrungen belegen fast jeden Tag aufs Neue, dass die Deutsche Rentenversicherung bei der Prüfung von Auftragsverhältnissen mit Selbständigen nur ein einziges Ziel verfolgt: Neue Beitragszahler zu generieren, um die Rentenkasse zu füllen. Von einer objektiven Prüfung und einer Gesamtabwägung der gegen und für die Selbständigkeit sprechenden Kriterien kann in der Regel nicht die Rede sein. Und sollten der Deutschen Rentenversicherung konkrete Argumente fehlen, verfährt sie gerne nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht“.
 
Nun gelten für das Statusfeststellungsverfahren seit dem 1. April neue bzw. ergänzende Regelungen und die sind – leider – trotz des Datums kein Aprilscherz.

Neue Regelungen auf den Schleichweg

Der formale Vorgang der Änderungen des Statusfeststellungsverfahrens erfolgte durch den Gesetzgeber eher „undercover“. Die neuen Regelungen finden sich in Artikel 2 c des „Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze“ vom 16.07.2021. „Honni soit qui mal y pense“ - ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Die Änderungen oder Ergänzungen betreffen folgende Aspekte:

  • Keine Prüfung und Feststellung der Sozialversicherungspflicht, sondern des Erwerbsstatus
  • Möglichkeit einer mündlichen Anhörung im Widerspruchsverfahren
  • Statusfeststellung als Prognoseentscheidung
  • Möglichkeit der Gruppenfeststellung
  • Mögliche Einbeziehung des Endkunden in das Feststellungsverfahren

Prüfung des Erwerbsstatus

Nach oben

Bislang war die Deutsche Rentenversicherung aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht berechtigt, im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens eine abhängige Beschäftigung festzustellen. Vielmehr durfte die Deutsche Rentenversicherung lediglich die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung prüfen und ggf. feststellen.

Nunmehr ist die Deutsche Rentenversicherung durch die neuen Regelungen gesetzlich berechtigt, gerade diesen „Erwerbsstatus“ festzustellen. Dies bedeutet, dass vollkommen unabhängig von der Frage, ob Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bzw. dem Recht auf Arbeitsförderung besteht, nur der Status „selbständig“ oder „nicht selbständig“ geprüft und ggf. festgestellt wird.

Seitens des Gesetzgebers wird dies damit begründet, dass der Deutschen Rentenversicherung damit Aufwände für die Erhebung der für eine Versicherungspflicht notwendigen Informationen (Höhe der Vergütung, Umfang der Tätigkeit etc.) erspart bleiben und somit das Verfahren „verschlankt“ und damit auch verkürzt wird.

Kommentar

Ich bezweifle sehr stark, dass diese Änderung zu einer Beschleunigung des Verfahrens führt, zumal ich den Aufwand der Ermittlung der nun nicht mehr notwendigen Daten für nicht besonders groß halte. So, wie die Deutsche Rentenversicherung nach meiner Erfahrung die Statusfeststellungsverfahren betreibt, wird es auch unter Berücksichtigung der neuen Vorschriften in der Regel zu Widerspruchsverfahren gegen negative Bescheide kommen, die allein schon mal ein Jahr dauern können. Und da sich auch die Widerspruchsausschüsse Gegenargumenten, die für die Selbständigkeit sprechen, meist nicht anschließen mögen, wird dies auch weiterhin ebenso regelmäßig Sozialgerichtsverfahren nach sich ziehen. Und diese dauern erfahrungsgemäß zwischen einem und drei bis fünf Jahre. Allerdings kann sich dies auch noch länger hinziehen – so läuft beispielsweise momentan in diesem Zusammenhang ein von mir betreutes Verfahren nunmehr über zehn Jahre und ist immer noch nicht abgeschlossen.

Das neue mündliche Anhörungsrecht

Nach oben

Eine ebenfalls neue Regelung ist die Möglichkeit der mündlichen Anhörung im Widerspruchsverfahren. Der Gesetzgeber begründet dies wie folgt: „Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund finden nicht selten deshalb wenig Akzeptanz, weil bei den Betroffenen der Eindruck besteht, dass keine Würdigung der individuellen Gegebenheiten, sondern eine pauschale Beurteilung erfolgte und die Art der Tätigkeit, beispielsweise im Kontext von Projektarbeit oder agilen Arbeitsformen, nicht zutreffend erfasst worden sei“.

Diese Aussage trifft - das muss man dem Gesetzgeber lassen den Nagel auf den Kopf! Nach meinen Erfahrungen in diesem Bereich, haben die betroffenen Auftraggeber und Auftragnehmer allerdings nicht nur den „Eindruck“ einer pauschalen Beurteilung seitens der Deutsche Rentenversicherung, sondern ist dies tatsächlich die Realität.

Die Schreiben bzw. Bescheide der Deutschen Rentenversicherung strotzen in der Regel nur so von Textbausteinen, die munter zusammengewürfelt und lediglich um einige individuellen Angaben im jeweiligen Einzelfall ergänzt werden. Dies geht teilweise so weit, dass in den vorgestanzten Texten Namen auftauchen, die mit dem betreffenden Fall überhaupt nichts zu tun haben, also schlicht per „copy und paste“ aus einem anderen Schreiben ungeprüft übernommen worden sind.

Viele Fragen offen

Nichtsdestotrotz ist die neue Möglichkeit eine mündlichen Stellungnahme eigentlich grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings stellen sich in diesem Zusammenhang gleich zahlreiche Fragen: Es ergibt sich aus der Regelung nur, dass die mündliche Anhörung auf Antrag der Beteiligten nach Einreichung einer Widerspruchsbegründung erfolgen kann, jedoch nicht, wann der Antrag zu stellen ist. Wollen also die Beteiligten „auf Nummer Sicher“ gehen, dass sie ihre Argumente und Sicht der Dinge der Deutschen Rentenversicherung auch mündlich erläutern können, müsste man ihnen anraten, stets einen Antrag auf mündliche Anhörung zu stellen.

Damit erhöht sich der Aufwand sowohl für die Beteiligten als auch für die Deutsche Rentenversicherung erheblich. Nicht nur würde es dann wahrscheinlich in (fast) jedem Statusfeststellungsverfahren einen mündlichen Termin geben, sondern dieser müsste auch - wohl in der Regel von der Deutschen Rentenversicherung organisiert und durchgeführt werden. Schließlich wäre ein derartiger Termin zu protokollieren, da im Fall der Ablehnung des Widerspruchs diese Anhörung für das dann häufig folgende sozialgerichtliche Verfahren relevant sein dürfte.

Wer hört an?

Weiterhin ist vollkommen unklar, wer konkret diese Anhörung durchführen soll: Der Bescheid, der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist, wurde einem Sachbearbeiter der Deutschen Rentenversicherung bzw. deren Clearingstelle erstellt. Über den Widerspruch entscheidet dann einer der 256 Widerspruchsausschüsse der Clearingstelle, der mit drei Personen (je ein Vertreter der Deutschen Rentenversicherung, der Versicherten und der Arbeitgeber) besetzt ist.

Im Gesetzestext heißt es dazu: „Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll."

Dies könnte bedeuten, dass zum Termin der Endkunde, der Auftraggeber des Selbständigen und der Selbständige selbst sowie die drei Mitglieder des Widerspruchsausschusses und möglicherweise noch ergänzt um den Sachbearbeiter, der den Bescheid erstellt hat, insgesamt also sechs bis sieben Personen hinzuziehen wären. Lassen sich zudem Endkunde, Auftraggeber und Selbständiger jeweils anwaltlich vertreten, käme damit die Runde auf bis zu zehn Personen!

Gute Idee, doch wer zahlt?

Vollkommen offen ist ferner, wer welche Kosten eines erfolgreichen Anhörungsverfahrens trägt. Wird nämlich der mit dem Widerspruch angefochtene Bescheid aufgehoben, trägt die Deutsche Rentenversicherung die Kosten, was sich bislang auf eine Gebühr für den im ausschließlich schriftlichen Verfahren tätigen Rechtsanwalts beschränkte. Sollte der Rechtsanwalt nunmehr jedoch einen Anhörungstermin bei der Deutschen Rentenversicherung wahrnehmen, entstehen zum einen in der Regel Reisekosten und möglicherweise weitere Gebühren wie beispielsweise eine so genannte Terminsgebühr wie sie auch bei Gerichtsterminen anfällt. Und da sich alle Beteiligten von einem Rechtsanwalt vertreten lassen können, würde sich diese Kosten entsprechend potenzieren.

Außerdem ist eine mündliche Anhörung erst im Widerspruchsverfahren vorgesehen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Deutsche Rentenversicherung ihre die Selbständigkeit ablehnende Haltung in ihrem Bescheid, gegen den sich der Widerspruch dann richtet, bereits festgeschrieben, so dass sich ohnehin die Sinnhaftigkeit einer (nachträglichen) mündlichen Anhörung stellt.

Kommentar

Sofern die Möglichkeit der mündliche Anhörung genutzt wird, hat dies mit großer Wahrscheinlichkeit zur Folge, dass die vom Gesetzgeber angestrebte Beschleunigung des Statusfeststellungsverfahrens wieder zunichte gemacht wird. Unabhängig davon habe ich erhebliche Zweifel, dass sich die Deutsche Rentenversicherung in einer mündlichen Anhörung vom Gegenteil ihrer Auffassung überzeugen lässt. Aufgrund meiner zahlreichen sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Deutsche Rentenversicherung und damit verbundenen mündlichen Verhandlungen würde ich die „Erfolgsquote“ dafür bei (höchstens) 5 % bis 15 % einschätzen.

Statusfeststellung als Prognoseentscheidung

Nach oben

Diese neue Regelung erlaubt, das Statusfeststellungsverfahren bereits vor Aufnahme der Tätigkeit einleiten zu können. Der Deutschen Rentenversicherung muss, neben den vertraglichen Vereinbarungen, eine exakte Schilderung der geplanten Tätigkeit vorgelegt werden. Kommt es später zu wesentlichen Änderungen, kann die Deutsche Rentenversicherung die ursprünglich positive Entscheidung wieder aufheben.

Kommentar

Meines Erachtens dürfte diese Regelung praktisch wenig genutzt werden. Es besteht ein hohes Risiko, dass eine ehemals positive Entscheidung von der Deutsche Rentenversicherung wieder „kassiert“ wird, wenn der betreffende Auftrag anders als ursprünglich geplant verläuft und sich damit auch die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit des Selbständigen ändern.

Möglichkeit einer der Gruppenfeststellung

Nach oben

Gemeint ist damit, dass die Deutsche Rentenversicherung auf (zusätzlichen) Antrag des Auftraggebers über einen bereits beurteilten Einzelfall hinaus auch zum Erwerbsstatus anderer Auftragnehmer dieses Auftraggebers eine gutachterliche Stellungnahme abgeben kann.

Relativ unglücklich - aber gewollt? ist in diesem Zusammenhang allerdings , dass der Gesetzeswortlaut und die Gesetzesbegründung deutlich voneinander abweichen. So heißt es im Gesetzestext, dass diese Gruppenfeststellung dann möglich sein soll, „wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche Vereinbarungen zu Grunde liegen“.

In der Begründung zu dieser Regelung schreibt der Gesetzgeber demgegenüber, dass die Verhältnisse zwar übereinstimmend sein müssen, jedoch „geringfügige Abweichungen, zum Beispiel hinsichtlich der Tätigkeit, der Höhe der Vergütung oder auch der Modalitäten grundsätzlich unschädlich seien und einer Übereinstimmung im Sinne der Vorschrift nicht entgegenstehen.“

Da zudem eine Gruppenfeststellung keine bindende Wirkung hat, ist damit auch keine erhöhte Rechtssicherheit verbunden, so dass sich der Sinn dieser Regelung letztlich nicht wirklich erschließt.

Kommentar

Auch die neue Möglichkeit einer Gruppenfeststellung wird praktisch wenig Relevanz haben. Sie käme bestenfalls bei einer positiven Entscheidung für einen Auftragnehmer im Einzelfall in Betracht, mit der Hoffnung, dass die Deutsche Rentenversicherung auch die anderen Auftragnehmer positiv, also als selbständig einstuft. Da dies aber nach meinen Erfahrungen erstens die Ausnahme darstellt und zweitens der Gruppenfeststellung keine rechtlichen Bedeutung zukommt, ist sie meines Erachtens wenig empfehlenswert und nutzbringend.

Im Übrigen - auch das ist neu - konnten bislang nur der unmittelbare Auftraggeber des Selbständigen und der Selbständige selbst einen Antrag auf Statusfeststellung stellen; nun ist dies auch dem Endkunden möglich. Somit kann zukünftig ein derartiges Verfahren auch ohne Zutun bzw. auch gegen den Willen des Auftraggebers bzw. des Selbständigen eingeleitet werden.

Problem: Ketten-Aufträge

Fraglich dürfte sein, wie die Deutsche Rentenversicherung in diesem Zusammenhang mit „Ketten-Aufträgen“ umgeht. In der Praxis kommt es bekanntlich nicht selten vor, dass die Firma F die Unternehmensberatung U nach einem selbständigen Experten E anfragt, die dann ihrerseits den Personaldienstleister P einschaltet. Findet P den gesuchten Experten, wird P sowohl mit U als auch mit E entsprechende vertragliche Vereinbarungen treffen, wobei E letztlich für F tätig wird.

Wird nunmehr P von der Deutschen Rentenversicherung geprüft, müsste diese feststellen, dass E über den Vertrag mit P für U tätig ist bzw. war. Sollte demnach U als Dritter im Sinne der neuen Regelung gelten, wäre den F aus dem Spiel! Sollte aber F als Dritter betrachtet werden, stellt sich die Frage, welcher Rolle U zukommt und welche sozialversicherungsrechtlichen Folgen damit verbunden sind.

Kommentar

Eine hochproblematische Regelung, die entgegen der Begründung des Gesetzgebers, keine „Klarheit“, sondern ganz im Gegenteil erhebliche Unsicherheiten und neue Risiken, insbesondere für den Endkunden, schafft.

Mögliche Einbeziehung des Endkunden in das Feststellungsverfahren

Nach oben

Im Rahmen der Neuregelung des Statusfeststellungsverfahrens wurde u.a. in § 7 a Abs. 2 SBG IV ein neuer Satz eingefügt, der wie folgt lautet:

„Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht.“

Ein Satz mit erheblicher „Sprengkraft“, der das Statusfeststellungsverfahren noch risikoreicher macht!

Bislang galt, dass der Endkunde, der den Selbständigen nicht direkt, sondern über einen Dritten, wie beispielsweise eine Unternehmensberatung oder einen Personaldienstleister beauftragte, keine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen fürchten musste. Die Deutsche Rentenversicherung wandte sich bislang stets ausschließlich an den Auftraggeber des Selbständigen, worunter dessen unmittelbarer Vertragspartner verstanden wird. Diese „Firewall“ besteht nunmehr nicht mehr!

Und ich gehe mit einer hohen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon aus, das Deutsche Rentenversicherung, die in der neuen Regelung genannten „Anhaltspunkte“ finden oder entsprechend konstruieren wird, um auch den Endkunden miteinzubeziehen! Denn nunmehr hat die Deutsche Rentenversicherung die Möglichkeit, auch den Endkunden zu Beitragsnachzahlungen heranzuziehen. Dadurch wird der Druck auf die Beteiligten erhöht und zudem ist zu befürchten, dass sich unter diesen Umständen Endkunde und beauftragte Unternehmensberatung häufiger zerstreiten werden.

Außerdem kommt damit die Frage der (unerlaubten) Arbeitnehmerüberlassung auf, die bislang im Zusammenhang mit dem Thema Scheinselbständigkeit in der Regel keine Rolle gespielt hat.

Fazit: Verfahren birgt mehr Risiken

Nach oben

Die neuen Regelungen machen das Statusfeststellungsverfahren sicherlich nicht attraktiver. Ob die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verschlankung und Beschleunigung erreicht wird, bleibt abzuwarten, erscheint aber zweifelhaft.

Wenig zweifelhaft ist allerdings, dass das neue Statusfeststellungsverfahren neue Risiken mit sich bringt. Zu der vom Gesetzgeber postulierten Klarheit und Rechtssicherheit werden die neuen Regelungen mit ziemlicher Sicherheit nicht führen. Es ist zudem nicht erkennbar bzw. zu erwarten, dass die Deutsche Rentenversicherung aufgrund der neuen Regelungen ihre Praxis ändern und zukünftig eine wirkliche Abwägung der Kriterien pro und contra Selbständigkeit durchführen wird.

In diesem Zusammenhang bleibt auch abzuwarten, ob die Deutsche Rentenversicherung versuchen wird, die neuen Möglichkeiten des Statusfeststellungsverfahrens auf Betriebsprüfungen zu übertragen. Nach heutigem Stand sind diese Neuerungen ausschließlich im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens anwendbar. Und sofern es keinen Antrag auf Durchführung des Verfahrens gibt, sollten sie daher auch nicht zur Anwendung kommen dürfen.

Empfehlungen: „Lassen Sie die Finger davon!“

Einerseits bestärken mich die neuen Regelungen in meiner Ablehnung des Statusfeststellungsverfahrens: Lassen Sie die Finger davon!

Andererseits ist mir klar, dass sich alle Beteiligten - Endkunde, Auftraggeber und Selbständiger Rechtssicherheit wünschen und auch ein Anrecht darauf haben. Ehrlicherweise muss man sich jedoch eingestehen, dass es eine absolute Rechtssicherheit in diesem Zusammenhang nicht gibt. Und diese ist auch mit einem Statusfeststellungsverfahren unter den neuen Bedingungen nicht erreichbar, zumal ein Statusfeststellungsverfahren sich ohnehin nur auf das jeweilige Auftragsverhältnis bezieht, also für jeden neuen Auftrag erneut beantragt werden müsste.

Was also tun?

Nach meiner langjährigen Erfahrung kann das Risiko Scheinselbständigkeit erheblich reduziert bzw. minimiert werden. Daher empfehle ich die Beauftragung von Selbständigen nicht – wie allgemein üblich über Verträge, sondern über Bestellung/Angebot und AGB zu realisieren, wobei die AGB selbstredend keine Inhalte haben dürfen, die der Deutsche Rentenversicherung Argumente gegen die Selbständigkeit liefert.

Weiterhin sind unbedingt die konkreten Umstände der Ausführung der Leistung zu beachten. Hier sollten bereits vor Beginn der Tätigkeit alle(!) Beteiligten entsprechend umfassend und individuell punktgenau beraten und auf mögliche kritische Aspekte hingewiesen werden. Hierzu habe ich u.a. ein Scoring-Modell entwickelt, womit schnell und anschaulich die wesentlichen für eine Prüfung relevanten Merkmale selbst bewertet werden können. Vorteil eines solchen Vorgehens ist vor allem, dass erkannte kritische Aspekte rechtzeitig entschärft werden können. Diese Maßnahmen erhöhen die Sicherheit aller Beteiligten erheblich und stellen zudem eine solide und belastbare Grundlage für eine mögliche Auseinandersetzung mit der Deutschen Rentenversicherung dar.

_________________________________

Das neue Statusfeststellungsverfahren im Experten-Check

Zwei Juristen, drei Meinungen? Die neuen Regeln sind komplex und werfen viele Fragen auf. In loser Reihenfolge äußern sich Praktiker zum neuen Verfahren. VGSD-Rechtsexperte Dr. Hartmut Paul sieht darin durchaus Vorteile, die es zu nutzen gilt. Seine Einschätzung im Experten-Talk - kostenlos für Mitglieder.

Welche Erfahrungen machst du mit der Deutschen Rentenversicherung seit 1. April? Welche Neuerung erscheint dir sinnvoll? Wir freuen uns über deinen Kommentar!

Neuester Hilfreichster Kontroversester
Kommentar schreiben
Abbrechen

Du möchtest Kommentare bearbeiten, voten und über Antworten benachrichtigt werden?

Jetzt kostenlos Community-Mitglied werden

Zum Seitenanfang

#

#
# #