Ein neuer Referentenentwurf bestätigt die Pläne der Regierung, Selbstständige bei der zum 01. Januar 2026 geplanten Aktivrente NICHT zu berücksichtigen: Eine offensichtliche Diskriminierung, die wir Selbstständigen nicht auf uns sitzen lassen werden. Der VGSD hat sich heute gemeinsam mit anderen Verbänden unter dem Dach der BAGSV (Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände) in einer Stellungnahme ans Finanzministerium gewandt. Wende auch du dich jetzt an deine Abgeordneten und setze dich für eine faire Aktivrente ein!
Aktivrente: Die wichtigsten Fakten auf einen Blick
Bei der Aktivrente handelt es sich um einen Steuerfreibetrag in Höhe von 2.000 Euro monatlich für Menschen, die über das Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze hinaus freiwillig länger arbeiten. Für alle Menschen? Nein, denn nutzbar sein soll dieser steuerliche Freibetrag nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei sozialversicherungspflichtigen Einnahmen aus nichtselbständiger Beschäftigung. Heißt: Wir Selbstständigen bleiben – Stand heute – außen vor.
Diese Pläne der Regierung für eine Aktivrente wurden vor wenigen Wochen zum ersten Mal bekannt. Nun bestätigt ein neuer “Referentenentwurf zum Gesetz zur steuerlichen Förderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rentenalter (Aktivrentengesetz)” von gestern (Donnerstag, 09. Oktober 2025), dass Selbstständige nicht von der Steuererleichterung profitieren sollen – trotz intensiver Proteste unter anderem durch uns als VGSD, unsere Mitglieder und Community und ein breites Medienecho.
Kein Progressionsvorbehalt vorgesehen
Hinzu kommt nun: Der sogenannte Progressionsvorbehalt soll bei der Inanspruchnahme der Aktivrente keine Anwendung finden. Was bedeutet das? Das deutsche Steuersystem ist progressiv: Je mehr du verdienst, desto höher ist dein Steuersatz. Der Progressionsvorbehalt ist eine Regelung, nach der bestimmte steuerfreie Einkünfte – wie Arbeitslosengeld I, Elterngeld, Kurzarbeitergeld oder Krankengeld – nicht direkt besteuert werden, aber den Steuersatz für das übrige, steuerpflichtige Einkommen erhöhen. Das soll sicherstellen, dass Personen nach ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden, wenn sie neben steuerfreien Ersatzleistungen weitere steuerpflichtige Einkünfte haben.
Beispielrechnung zum Progressionsvorbehalt
Gehen wir davon aus, du verdienst 30.000 Euro im Jahr (steuerpflichtig) und bekommst 5.000 Euro Krankengeld (steuerfrei).
Mit Progressionsvorbehalt gilt:
- Das Finanzamt rechnet: 30.000 + 5.000 = 35.000 Euro
- Es ermittelt den Steuersatz, der für 35.000 Euro gelten würde
- Diesen höheren Steuersatz wendet es dann auf deine 30.000 Euro an
- Du zahlst mehr Steuern, als wenn du nur 30.000 Euro verdient hättest
Ohne Progressionsvorbehalt würde gelten:
- Du zahlst Steuern nur auf die 30.000 Euro.
Widerspruch gegen die Steuergerechtigkeit
Der Verzicht auf den Progressionsvorbehalt bei der Aktivrente führt unter anderem dazu, dass Personen mit höherem Gesamteinkommen absolut stärker von der Steuerbefreiung profitieren. Auch die sogenannte horizontale Steuergerechtigkeit wird dadurch verletzt: Ein 66-jähriger Arbeitnehmer muss sein volles Gehalt versteuern, ein 67-jähriger Arbeitnehmer erhält bei gleicher Tätigkeit und gleichem Gehalt 2.000 Euro steuerfrei.
Selbstständigen bleibt nach den aktuellen Plänen also nicht nur die Möglichkeit verwehrt, nach Eintritt ins Rentenalter weiterzuarbeiten und dabei von der Aktivrente zu profitieren: Sie müssen im Gegenteil jeden Hinzuverdienst voll versteuern. Das führt zu einer höheren Steuerbelastung insgesamt. Wir als VGSD sehen darin einen Widerspruch gegen die fundamentalen Prinzipien der Steuergerechtigkeit.
Mit BAGSV: VGSD nimmt Stellung und führt intensive Gespräche
Wir als Verband haben den neuen Referentenentwurf gestern erhalten und hatten die Möglichkeit, innerhalb einer sehr knappen Frist bis heute (10. Oktober) 14 Uhr eine Stellungnahme beim Bundesministerium der Finanzen abzugeben. Diese Möglichkeit haben wir genutzt und uns gemeinsam mit 26 anderer Verbände unter dem Dach der BAGSV (Bundsarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände) ans Finanzministerium gewandt. Die Stellungnahme kannst du hier einsehen.
BAGSV-Stellungnahme zur Aktivrente vom 10. Oktober 2025
Stellungnahme downloaden (PDF)
Parallel führen wir intensive Fachgespräche mit Abgeordneten, zuletzt mit Prof. Dr. Matthias Hiller MdB (CDU), Jens Peick MdB (SPD), Sandra Stein MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und Professor Hiller, um ihnen die Perspektive von uns Selbstständigen näherzubringen und für eine faire Aktivrente einzutreten. Auch dabei treten wir teils gemeinsam mit anderen Verbänden der BAGSV auf, um unsere gemeinsamen Anliegen mit noch mehr Kraft voranzubringen. Weitere Aktionen werden folgen – über die aktuellen Entwicklungen halten wir dich auf unserer Website und im Newsletter auf dem Laufenden.
Viele Selbstständige arbeiten schon länger – und sollen deshalb leer ausgehen?
Überhaupt ist im aktuellen Referentenentwurf nur an wenigen Stellen von Selbstständigen die Rede. So ist dort zu lesen: “[...] arbeitet schon heute eine große Zahl von Selbständigen und Unternehmer nach dem Überschreiten der Regelaltersgrenze weiter. Dies zeigt, dass es aktuell keiner weiteren Anreize durch eine steuerliche Förderung bedarf, diesen Personenkreis zur Weiterarbeit zu bewegen. Im Hinblick auf die erheblichen Belastungen für die öffentlichen Haushalte, die sich durch eine Förderung in diesem Bereich ergeben würden, ist es notwendig, steuerliche Anreize gezielt da zu setzen, wo sie besonders erforderlich sind.”
“Selbstständige sollen also keine Förderung erhalten, weil sie bereits heute vielfach über das Rentenalter hinaus weiterarbeiten? Auf diese Weise wird die Aktivrente vielleicht zum Motivator für Angestellte – wirkt jedoch massiv demotivierend auf die leistungsbereite Gruppe der Selbstständigen”, so VGSD-Geschäftsführer Max Hilgarth.
Wirkung soll nach zwei Jahren evaluiert werden
Dem jüngsten Referentenentwurf zufolge soll die Wirkung der Aktivrente nach zwei Jahren auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert werden. Bis Ende 2029 soll festgestellt werden, ob durch die Aktivrente tatsächlich mehr Angestellte länger arbeiten – und auch, ob “durch eine weitere Einbeziehung von Selbständigen darüber hinaus zusätzliche Wachstumsimpulse erschlossen werden können”.
“Wir als VGSD sehen dieses Vorgehen kritisch, unter anderem aus den Erfahrungen bei der Reform des Statusfeststellungsverfahrens heraus”, sagt Geschäftsführer Max Hilgarth. “Auch dort wurden wir Selbstständigen vertröstet mit Blick auf eine spätere Evaluierung. Doch aktuell scheint es, dass diese nur aus dem Bericht einer Behörde ans Arbeitsministerium bestehen wird – ohne Expertenanhörung, ohne weitere Transparenz. Deshalb fordern wir, dass Selbstständige bei der Aktivrente von Anfang an einbezogen werden.”
Was du jetzt tun kannst: Werde laut – kontaktiere deine Abgeordneten!
Das Aktivrentengesetz soll schon zum 01. Januar 2026 in Kraft treten. Deshalb wende ich JETZT an die Abgeordneten deines Wahlkreises und fordere sie auf, sich aktiv gegen diese offensichtliche Diskriminierung einzusetzen – sie stimmen schließlich über das neue Gesetz ab. Geh mit ihnen ins Gespräch, wende dich per Brief oder per E-Mail an sie – jeder Kontakt, jeder Austausch hilft, um den Abgeordneten unsere Situation als Selbstständige näherzubringen.
Briefaktion für faire Aktivrente: Schreib deinen Abgeordneten!
Im Beitrag zur aktuellen Briefaktion erfährst du, wie du die Abgeordneten deines Wahlkreises kontaktieren kannst. Dort gibt's auch einen praktischen Musterbrief! Unsere Verbands- und Community-Mitglieder haben sich bereits in weit über 50 Briefen und E-Mails an ihre Abgeordneten gewandt. Nicht ohne Wirkung: Einige Abgeordnete haben sich zurückgemeldet und Verständnis für die Position von uns Selbstständigen zur Aktivrente gespiegelt.
Die Zeit drängt: Werde aktiv, wende dich an deine Abgeordneten und hilf uns, gemeinsam noch mehr Druck zu machen!
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