Bundeskanzler Friedrich Merz hat laut ntv in seiner Rede auf dem Maschinenbaugipfel des VDMA in Berlin heute Abend bekannt gegeben: "Wir haben uns vor wenigen Stunden darauf verständigt, die sogenannte Aktivrente zum 1. Januar 2026 einzuführen." Die Regelung soll – so Koalitionskreise – jedoch "zunächst" nur für Arbeitnehmer, also Angestellte und Beamte gelten. Selbstständige sollen ausgenommen bleiben.
"Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Selbstständigen", kommentiert Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD), die Einigung der Koalition. "Dies widerspricht klar dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes. Es ist verfassungsrechtlich bereits problematisch, wenn Menschen über der gesetzlichen Altersgrenze steuerlich anders behandelt werden sollen als Jüngere. Wenn Menschen gleichen Alters jedoch aufgrund ihrer Entscheidung für eine Selbstständigkeit im Alter so unterschiedlich besteuert werden, ist dies für mich eine klare Form der Diskriminierung und Einschränkung der freien Berufswahl."
Es geht um bis zu 6.097 Euro Steuerersparnis pro Jahr und Kopf
Bei der Aktivrente handelt es sich um einen Steuerfreibetrag in Höhe von 2.000 Euro monatlich. 24.000 Euro Einkommen aus nicht-selbstständiger Tätigkeit sollen also steuerfrei bleiben. Bis zuletzt war dabei zwischen Union und SPD strittig, ob dieser Freibetrag zusätzlich oder anstelle des Grundfreibetrags (12.084 Euro) gelten soll. In ersterem Fall entspricht dies bei getrennter Veranlagung pro Person einer Steuerersparnis von 6.097 Euro, in letzterem Fall von 2.662 Euro pro Jahr. (Quelle: Lohn- und Einkommensteuerrechner des Bundesfinanzministeriums)
Geeinigt hat sich die Koalition darauf, dass das Angebot erst ab Erreichen des gesetzlichen Rentenalters, zurzeit 66 Jahre und vier Monate, genutzt werden kann – nicht bei einem vorgezogenen Rentenbeginn. Man geht davon aus, dass jährlich rund 25.000 Arbeitnehmer die Aktivrente nutzen werden.
Selbstständige – von Altersarmut betroffen und steuerlich schlechter behandelt als z.B. Beamte?
"Seit Jahren behauptet die Regierung, Selbstständige seien von Altersarmut besonders gefährdet. Wenn sie aus diesem Grund – oder einfach aus Freude an ihrer Arbeit – im Rentenalter weiterarbeiten, will man sie nun steuerlich massiv benachteiligen – zusätzlich zu den höheren Krankenversicherungsbeiträgen, die sie in aller Regel im Vergleich zu Arbeitnehmern bezahlen müssen", sagt Andreas Lutz und fährt fort: "Zudem machen sich viele Angestellte und Beamte im Rentenalter selbstständig, um endlich nach ihren eigenen Vorstellungen arbeiten zu können. Sie alle werden demotiviert von einer solchen Regelung. Sind 25.000 zusätzliche Arbeitnehmer/innen das wert?"
Nach Einschätzung des VGSD wäre eine auf Arbeitnehmer beschränkte Aktivrente ein fatales Signal für alle Selbstständigen und Unternehmer/innen in Deutschland und würde zu einem erheblichen Vertrauensverlust in die Regierung Merz führen, die mit dem Versprechen angetreten war, für einen wirtschaftspolitischen Aufbruch zu sorgen. Lutz: "Wir sehen steuerliche Anreize, im Alter weiterzuarbeiten grundsätzlich als etwas Positives, aber es darf nicht noch mehr Diskriminierungen von Selbstständigen gegenüber anderen Erwerbsformen geben."
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