Seit einem halben Jahr wird bereits über die Energiepreispauschale (EPP) diskutiert. Jetzt ist es endlich soweit: Selbstständige, die vierteljährliche Einkommensteuervorauszahlungen leisten müssen, erhalten wohl in Kürze (Ende August, Anfang September) die entsprechenden Zahlungsaufforderungen. Und wenn seitens der zuständigen Bundesländer und deren Finanzämter alles klappt, sind diese um 300 Euro pro Kopf gekürzt. Nur der dann verbleibende Betrag ist bis zum 10.9.2022 ans Finanzamt zu überweisen.
Die 300 Euro darf man allerdings nur im Ausnahmefall komplett behalten, denn er ist zwar nicht sozialversicherungspflichtig, unterliegt aber der Einkommensteuer. Die anfallende Steuer wird dann im Rahmen des Einkommensteuerbescheids 2022 zusätzlich belastet. Am besten stellt man sich die Pauschale wie eine zusätzliche (steuerpflichtige) Einnahme in Höhe von 300 Euro vor.
Wer auch (oder nur) angestellt ist, bei dem zahlt der Arbeitgeber die EPP aus (bereits um die auf sie entfallende Lohnsteuer gekürzt). Auch Praktikanten, Werkstudenten, Minijobber und Elterngeld-Empfänger erhalten die EPP - nicht aber z.B. Rentner und Bezieher von Arbeitslosengeld. Begründung: Erwerbstätige müssten typischerweise mehr fahren und haben dadurch höhere Mehrkosten durch gestiegene Energiepreise.
Daran merkt man schon: Die Energiepreispauschale war ein Schnellschuss, um auf im Frühjahr auf die mit dem Krieg in der Ukraine gestiegenen Preise zu reagieren, ebenso wie die Senkung der Energiesteuern auf Treibstoffe und das Neun-Euro-Ticket. Inzwischen ist klar: Die durch den Krieg entstehenden Mehrkosten sind viel höher als 300 Euro, fallen über einen längeren Zeitraum an und verteuern nicht nur die Mobilität, sondern vor allem das Heizen. Es wird von daher vermutlich nicht das letzte Hilfeinstrument sein.
Du hast noch Fragen zur EPP? – Im nachfolgenden Update sowie auf "Frag den VGSD" unter dem Tag "Energiepreispauschale" haben wir Fragen von Mitgliedern beantwortet. Falls deine Frage noch nicht dabei ist, kannst du sie gerne dort stellen.
Inhaltsübersicht
- Antwortkatalog zur EPP: Was du jetzt zur Energiepreispauschale wissen musst
- Entlastung durch Energiepreispauschale und Co: Wer bis nächstes Jahr warten muss
- Wann kommt die Minderung der Einkommensteuer-Vorauszahlung?: Energiepreis-Pauschale für Selbstständige vermutlich erst im September
- Viele offene Fragen: 300 Euro Energiepauschale – profitieren auch Selbstständige?
Antwortkatalog zur EPP: Was du jetzt zur Energiepreispauschale wissen musst
Nach obenViele Fragen zur 300-Euro-Pauschale blieben bislang offen. Zur Klärung bietet das Bundesfinanzministerium nun einen FAQ-Katalog für die Energiepreispauschale auf seiner Website. Wir haben die wichtigsten Antworten für uns Selbstständige zusammengefasst. Was für uns Selbstständige gilt.
Als im März das Beschlusspapier zur Entlastung gegen die hohen Energiepreise vorgestellt wurde, waren viele Details noch unklar (wir berichteten). Viele von euch fragten sich: Fallen Sozialabgaben an? Wann genau fließt die Hilfsleistung? Wir fassten nach. Nun gibt es einen offiziellen Fragen-und Antworten-Katalog des Bundesfinanzministeriums, der in 50 Einzelfragen einen Großteil der Fragen - nicht immer verständlich - klärt. Das müssen wir Selbstständige jetzt wissen.
Die gute Nachricht vorweg: Die Energiepreispauschale (EPP) ist sozialversicherungsfrei. Was viele von uns befürchteten, ist nicht eingetreten. Steuerpflichtig ist sie aber indes.
Wie klappt die Auszahlung?
Selbstständige verrechnen die Pauschale einmalig mit der kommenden Einkommensteuer-Vorauszahlung für das dritte Quartal zum 10. September 2022.
Das gilt für Selbstständige, die Umsätze erzielen aus
- Selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG)
- Gewerbetrieb (§ 15 EstG) oder
- Land- und Fortwirtschaft (§ 13 EstG).
Achtung: Wer neben seiner Selbstständigkeit angestellt ist, bekommt die Pauschale nur vom Arbeitgeber ausbezahlt. Spezialfall Rente: Wer neben seiner Rente oder anderen Versorgungsbezügen selbstständig ist, bekommt die EPP erst über der Einkommenssteuererklärung für 2022 im kommenden Jahr, so das Ministerium in seinen FAQs.
Wer wenig verdient, wartet am längsten
Bis 2023 müssen auch Selbstständige warten, die keine Einkommenssteuer-Vorauszahlung leisten müssen. Die Pauschale wird erst bei der Steuererklärung 2022 im kommenden Jahr berücksichtigt.
Wer weniger als 300 Euro vorauszahlen muss, bekommt dieses Jahr nur einen Teilbetrag. Den Rest der Pauschale berücksichtigt das Finanzamt erst mit den Steuererklärung 2022 im kommenden Jahr.
Fragen zur Energiepreispauschale?
Ob auch Umsatz- oder Gewerbesteuer anfällt oder Paare doppelt profitieren, haben wir in unserem neuen Community-Tool "Frag den VGSD" hinterlegt. Dort findest du alle wichtigen Fragen und Antworten zur Energiepreispauschale:
Wie kriege ich die Energiepauschale als freischaffende Künstlerin ?
Energiepreispauschale bei Anstellung aber hauptberuflicher Selbständigkeit
Als Arbeitgeber Energiepreispauschale an Mitarbeiter bezahlt: Ist die vom Finanzamt erhaltene Kompensation eine Betriebseinnahme?
Erstattung prüfen!
Steuerexperten sind sich einig: Die Pauschale soll als automatisierte Rückerstattung aufs Konto kommen. Je nach Bundesland erhalten Selbstständige zuvor noch einen geänderten Vorauszahlungsbescheid für das dritte Quartal. Ein Extra-Antrag soll nicht nötig sein. Wenn doch, informieren wir!
Mehr Papierkram in 2023
Auch wenn im Vorfeld bislang kein Antrag nötig zu sein scheint, im kommenden Jahr will die Finanzverwaltung jedoch Papier sehen. So müssen alle, die die 300-Euro-Pauschale bekommen haben, das Steuerformular "Sonstige Einkünfte" nach § 22 Abs. 3 EStG ausfüllen.
Zusatzinfo: Wie läuft es für Angestellte?
Beschäftigte finden auf ihrer Lohnsteuerbescheinigung für September (ausnahmsweise Oktober) die Zahlung mit dem Buchstaben E. Dazu müssen sie am 1. September 2022 in einem Arbeitsverhältnis stehen und Steuerklassen 1 bis 5 haben oder pauschal besteuerten Arbeitslohn beziehen.
Mehr Informationen
- Die FAQs des Bundesfinanzministeriums zum Download als PDF
- FAQs als Onlineversion auf der BMF-Website
HUT
Entlastung durch Energiepreispauschale und Co: Wer bis nächstes Jahr warten muss
Nach obenDie Energiepreispauschale kommt: Ab 1. September können Selbstständige ihre vierteljährliche Einkommensteuer-Vorauszahlung einmalig mindern. Nur: Wer keine Vorauszahlung leistet, wartet auf den Entlastungseffekt wohl bis nächstes Jahr. Geringe Einnahmen, langes Warten?
Mit Bundestag und Bundesrat vergangene Woche hat das Steuerentlastungsgesetz 2022 seine wichtigste gesetzgeberische Hürde genommen. Es fehlt noch die Unterschrift des Bundespräsidenten und die Veröffentlichung. Darin ist neben vielen Entlastungspunkten (wir berichteten) auch die Energiepreispauschale von 300 Euro geregelt, die Selbstständige mit der Einkommensteuer-Vorauszahlung im September verrechnen können.
Warten auf ministerielle FAQs
Nicht geregelt ist aber, was für all diejenigen gilt, die keine Einkommensteuer vorauszahlen müssen - sei es, weil sie geringere Gewinne haben, sei es weil sie im Nebenerwerb selbstständig sind. Hier droht der Entlastungseffekt gänzlich zu verpuffen. Steuerexperten zufolge sollen sie die Pauschale erst mit der nächsten Steuererklärung geltend machen können - frühestens also ab Frühjahr 2023. Der entsprechende Paragraf 118 des Steuerentlastungsgesetzes schweigt hierzu.
Auch unklar ist, was passiert, wenn die Einkommensteuer-Vorauszahlung niedriger als 300 Euro ist. Bleibt der Restbetrag der Energiepreispauschale bestehen? Wie sichern sich Selbstständige dann diesen Restbetrag: via Kreuzchen mit der Einkommensteuererklärung 2022?
Fragen über Fragen, die auch Steuerexperten umtreiben und weiterer Klärung bedürfen. Fakt ist, dass die Energiepreispauschale steuerpflichtig sein wird, aber - so meldet der parlamentarische Nachrichtendienst - sozialabgabenfrei. Das genaue Procedere, Probleme bei der Geltendmachung sollen, sollen FAQs auf der Seite des BMF klären. Ob diese Klarheit oder gar eine Verbesserung bringen, bleibt abzuwarten. Wir bleiben dran!
HUT
Wann kommt die Minderung der Einkommensteuer-Vorauszahlung?: Energiepreis-Pauschale für Selbstständige vermutlich erst im September
Nach obenDass die angekündigte Energiepreis-Pauschale von 300 Euro kommen wird, ist sicher. Mit dem heute verabschiedeten Kabinettsentwurf will die Bundesregierung die Last hoher Energiekosten mildern. Das Gesetz soll wohl zum 1. Juni 2022 in Kraft treten. Bei den Bürgern ankommen wird das Geld wohl erst im September.
Geplant sind folgende Maßnahmen:
- Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro. Betroffen sind - wie im Beitrag unten ausführlich dargestellt - "alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen". Bei Selbstständigen soll die Einkommenssteuervorauszahlung entsprechend reduziert werden. Für die Mitte Juni fällige Vorauszahlung dürfte das Gesetz zu spät kommen, da die Zahlungsaufforderungen bereits im Mai versendet werden. Profitieren werden wir Selbstständigen von der Regelung vermutlich erst im Rahmen der darauf folgenden Vorauszahlung mit Fälligkeitsdatum 12.09.2022. Den Angestellten wird es wohl nicht besser ergehen, denn die Arbeitgeber haben angekündigt, dass die Abrechnung der Energiepauschale vermutlich erst mit dem Septembergehalt erfolgen kann.
- Kinderbonus 2022 in Höhe von 100 Euro. Wie das BMF mitteilt, werde dazu das Kindergeld im Juli 2022 um einen Einmalbetrag in Höhe von 100 Euro erhöht. Die Auszahlung soll zeitnah zu den Auszahlungsterminen des Kindergelds für den Monat Juli 2022 erfolgen. Der Kinderbonus 2022 wird automatisch von der zuständigen Familienkasse ausgezahlt. Er muss in der Regel nicht beantragt werden. Der Kinderbonus 2022 ist bei Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, d. h. davon profitieren z. B. auch Bezieher von SGB II-Leistungen."
- Befristete Senkung der Energiesteuersätze auf EU-Mindestmaß. So soll sich der Steuersatz für Benzin von Anfang Juni bis Ende August um 29,55 ct/Liter, für Dieselkraftstoff um 14,04 ct/Liter, für Erdgas (CNG/LNG) um 4,54 EUR/MWh (entspricht ca. 6,16 ct/kg) und für Flüssiggas (LPG) um 238,94 EUR/1.000 kg (entspricht ca. 12,66 ct/Liter) senken.
- 9-Euro-Ticket. Von Juni bis Ende August sollen Fahrgäste bundesweit für 9 Euro pro Monat im Nah- und Regionalverkehr fahren können.
Das Paket ist Teil eines Ergänzungshaushaltes von Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Höhe von insgesamt fast 40 Milliarden Euro. Insgesamt will die Bundesregierung damit in diesem Jahr 138,9 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Teuerste Einzelmaßnahme ist laut Spiegel Online die 300-Euro-Energiepreispauschale. Allein dafür veranschlagt das Finanzministerium Kosten von 10,4 Milliarden Euro.
Experten geht Entlastung nicht weit genug
Entsprechende Änderungen sollen vor allem in das Steuerentlastungsgesetz 2022 einfließen. Dieses Gesetz soll rückwirkend zum Jahresanfang in Kraft treten und soll eine Anhebung des Grundfreibetrags für 2022 von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 und eine höhere Entfernungspauschale für Fernpendler regeln. Bundestag und Bundesrat sollen den notwendigen gesetzlichen Änderungen am 19. und 20. Mai 2022 zustimmen, damit die beschlossenen Maßnahmen zügig in Kraft treten können.
In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag sparten die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft sowie Steuerrechtsexperten nicht mit Kritik an den geplanten Regelungen. Zwar begrüßten die Experten die Intention, Bürger und Bürgerinnen aufgrund der hohen Energiepreise entlasten. Die Vorschläge seien vielfach jedoch zu bürokratisch, zu zeitaufwendig und hinsichtlich der stark gestiegenen Inflationsrate und massiven Preissteigerungen im Energiebereich nicht ausreichend. Für Arbeitnehmer etwa stellten die Experten eine Auszahlung frühestens mit dem Septembergehalt in Aussicht. Wir berichten, wie es weitergeht. (HUT)
Mehr Infos: Expertenanhörung im Bundestag; Kabinettsentwurf
Viele offene Fragen: 300 Euro Energiepauschale – profitieren auch Selbstständige?
Nach obenDurch den Krieg in der Ukraine sind die Energiekosten explodiert: Manche Erhöhungen sind unmittelbar an den Zapfsäulen spürbar, andere werden sich durch höhere monatliche Vorauszahlungen oder Nachzahlungen erst verzögert im Geldbeutel bemerkbar machen.
Einige Selbstständige und Unternehmen sind aufgrund ihres Geschäftsmodells in besonderem Maße betroffen, zum Beispiel wenn sie im Bereich Transport und Logistik tätig sind oder mit Produkten zu tun haben, die mit hohem Energieeinsatz gefertigt werden. Und natürlich sind auch Selbstständige in höherem Maße als andere betroffen, die lange Wege ins Büro oder zu Kunden in Kauf nehmen oder ein separates Arbeitszimmer oder Büro unterhalten müssen.
Beschlusspapier der Ampel-Koalitionäre zu Energiepauschale & Co
Bereits vor einer Woche, am 23.03.22 hat die Bundesregierung im Koalitionsausschuss diverse Entlastungen und Hilfen für die Bürger beschlossen. Diese sind unter Punkt 5. des Beschlusspapieres beschrieben.
Besonders viele Fragen wirft die geplante Energiepauschale in Höhe von einmalig 300 Euro / Kopf auf, mit der die Regierung uns Bürger um geschätzt acht Milliarden Euro entlastet wird.
Im Beschlusspapier heißt es: "Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen (Steuerklassen 1-5) wird einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt." Sie soll unabhängig von den geltenden steuerlichen Regelungen wie der Pendlerpauschale „on top“ gewährt werden.
Arbeitnehmer sollen sie über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers erhalten. Ob schon im April oder später ist noch unklar.
"Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer. Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung" heißt es im Beschlusspapier weiter.
Bund der Steuerzahler: "Selbstständige erhalten keinen wirklichen Zuschuss"
Was bedeutet das genau? Breit in den Medien zitiert und für erhebliche Verunsicherung sorgen die Äußerungen von Reiner Holznagel, Präsident des Bundes des Steuerzahler: "Auch Rentner und Selbstständige erhalten keinen wirklichen Zuschuss". Dadurch entsteht der Eindruck, dass Selbstständige de facto keine Energiepauschale erhalten.
Tatsächlich ist es so, dass Rentner und Arbeitslose, weil nicht einkommensteuerpflichtig, keine Energiepauschale erhalten sollen, obwohl sich natürlich auch für sie die Energiekosten erhöhen. Auch wer einen (für den Arbeitnehmer steuerfreien) Minijob und ansonsten kein einkommensteuerpflichtiges Einkommen hat, soll offenbar bezüglich der Energiepauschale leer ausgehen.
Details müssen von Ministerien erst noch geklärt werden
Was Selbstständige und generell die weiteren Details der Regelung betrifft, sind noch viele Fragen offen, was auch daran liegt, dass sich im Koalitionsausschuss zwar die Parteien der Ampelkoalition auf Eckpunkte geeinigt haben, aber die zuständigen Ministerien erst noch die Details ausarbeiten müssen.
"Die Details werden nun zwischen den jeweils beteiligten und zuständigen Ministerien erarbeitet mit dem Ziel, die vorgesehenen Maßnahmen zügig umzusetzen. Zu Ihren konkreten Nachfragen u.a. bzgl. Minijobbern wenden Sie sich bitte an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales" antwortete uns das Bundesfinanzministerium (BMF) heute auf eine Liste von uns mit konkreten Fragen hin – und ließ damit auch alle anderen – in den Zuständigkeitsbereich des BMF fallenden – Fragen unbeantwortet. Wir sind deshalb direkt im Gespräch mit zuständigen Fachpolitikern und Beamten, mit dem Ziel, eine faire Regelung auch für Selbstständige sicherzustellen.
Um euren Informationsbedarf aber schon jetzt zu befriedigen, müssen wir die bestehenden Wissenslücken im Folgenden durch ein gewisses Maß an Spekulation füllen, wir können nur etwas über die wahrscheinliche Ausgestaltung sagen:
1) Auf welchem Weg erhalten Selbstständige die Energiepauschale?
"Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung" heißt es dazu im Beschlusspapier. Wahrscheinlich ist, dass die Einkommensteuer-Vorauszahlung um 300 Euro gemindert wird. Da die Energiepauschale (ebenso wie die Corona-Hilfen der letzten Jahre) steuerpflichtig ist, erhöht sie das steuerpflichtige Einkommen und führt dann beim Einkommensteuerbescheid zu entsprechend höheren Steuern. Von den 300 Euro bleibt also – wie bei Arbeitnehmern – am Ende ein um den persönlichen Steuersatz geminderter Betrag.
Mindestens theoretisch denkbare wäre auch, dass die Finanzbehörden die Vorauszahlungen neu berechnen und dabei von einem 300 Euro höheren Einkommen ausgehen, wodurch die Entlastung schon im Vorauszahlungsbescheid entsprechend geringer ausfiele. Dies bleibt abzuwarten. Das BMF konnte uns dazu noch keine Auskunft geben.
Tipp: Falls ihr die Vorauszahlungen per Dauerauftrag zahlt, solltet ihr diesen ggf. aussetzen.
2) Wie werden die 300 Euro im Rahmen von Einkommensteuererklärung und -bescheid berücksichtigt?
Wir gehen davon aus, dass das steuerpflichtige Einkommen 300 Euro höher angesetzt wird, sich entsprechend höhere Steuern errechnen und am Ende dann die 300 Euro abgezogen werden. Je nach persönlichem Steuersatz ergibt sich dann eine entsprechend geringere Steuerzahlung bzw. eine entsprechend höhere Erstattung.
Manche Mitglieder sind besorgt, dass die 300 Euro in der Einkommensteuererklärung nicht berücksichtigt werden, also einfach wieder zurückzuzahlen sind. Das halten wir für unvorstellbar, gehen aber natürlich der Sache nach. Das BMF konnte auch diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten.
3) Was, wenn ein Erwerbstätiger sowohl selbstständig als auch sozialversicherungspflichtig angestellt ist?
Auch hier können wir zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren. Wir vermuten, dass die Auszahlung dann über die Lohnabrechnung erfolgt (Ausnahme: Minijobber, siehe oben). Es ist noch unklar, ob die Finanzämter auch in diesem Fall die Einkommensteuervorauszahlung einmalig mildern oder das bei ihnen vorhandene Wissen, ob auch eine Tätigkeit als Angestellte/r vorliegt, berücksichtigen. Ebenso wie die Frage, was bei mehreren sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten geschieht, wird dies sicher bald geklärt werden. Spätestens im Rahmen des Einkommensteuerbescheids werden die Finanzämter sicherstellen, dass die Energiepauschale pro Person nur einmal gutgeschrieben wird.
4) Wie verhält es sich mit Selbstständigen, die keine Einkommensteuervorauszahlungen leisten müssen?
Auch dies ist noch offen. Denkbar wäre, dass die Gutschrift dann erst nachträglich im Rahmen des Einkommensteuerbescheids erfolgt, was natürlich reichlich spät wäre. Auch hierzu konnte uns das BMF noch keine Auskunft geben.
5) Fallen auf die 300 Euro Energiepreispauschale Sozialabgaben an, sind sie also sozialversicherungspflichtig?
Dies ist die vielleicht spannendste Frage. Reiner Holznagel vom Steuerzahlerbund ist bei seinen Modellrechnungen offenbar davon ausgegangen, dass dies nicht der Fall sein wird. Jens Spahn, früher selbst BMF-Staatssekretär geht in einer von ihm auf Twitter geteilten Berechnung davon aus, dass dies sehr wohl der Fall sein wird. Dann allerdings bliebe von der Energiepauschale nur noch sehr wenig übrig. Und Selbstständige mit Arbeitnehmern dürften sich dann doppelt ärgern, weil in diesem Fall auf das zusätzliche steuerpflichtige Einkommen auch Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung anfallen würden.
Wir hoffen, schon bald Genaueres zu erfahren und die obigen Fragen dann verbindlich beantworten zu können. Wir werden diesem Beitrag dann ein Update voranstellen. Klar ist schon jetzt: Im Verhältnis zur Höhe von einmalig 300 Euro – nach Abzug von Steuern vielleicht 200 Euro oder noch weniger – ist der Verwaltungsaufwand für die Energiepauschale erheblich.
Welche weiteren Maßnahmen sind geplant? - Für Autofahrer?
Allen Autofahrern kommt die geplante, auf drei Monate befristete Senkung der Energiesteuer (früher: Mineralölsteuer) auf Kraftstoffe zugute. Sie soll auf das nach EU-Recht zugelassene Mindestmaß gesenkt werden. Damit sinkt auch die Umsatzsteuer von 19% (die auch auf die Energiesteuer anfällt) der absoluten Höhe nach. Der Benzinpreis würde damit um 30 Cent sinken, Diesel um 14 Cent pro Liter – wenn die Mineralölkonzerne die Ersparnis weitergeben, dabei sollen die Kartellbehörden nachhelfen. Da Dieselfahrer schon bisher von einer niedrigeren Energiesteuer profitieren, fällt die Senkung bei ihnen geringer.
Öffentlicher Nahverkehr
Wer den öffentlichen Nahverkehr nutzt, soll – ebenfalls 90 Tage lang – von vergünstigten Tickets (pauschal 9 Euro/ Monat) profitieren. Die durch die geringeren Fahrkartenerlöse ansteigenden Defizite bei den Kommunen sollen vom Bund via Bundesländer ausgeglichen werden. Zurecht fragen die Bundesländer jedoch, warum man den Nahverkehr dann nicht gleich drei Monate lang komplett kostenlos macht. Das Thema ist noch nicht zu Ende diskutiert und wir hoffen, dass sich die Länder durchsetzen.
Kinder
Zusätzlich zu den 300 Euro Energiepauschale pro steuerpflichtig Erwerbstätigem sollen Familien mit Kindern einen einmaligen zusätzlichen Kinderbonus von 100 Euro pro Kind erhalten, der auf den Kinderfreibetrag angerechnet wird. Eine Verrechnung mit dem Kindergeld scheint nicht geplant zu sein.
Sozial-/Transferleistungs-Empfängerinnen
Für Empfänger/innen von Sozial-/Transferleistungen wurde bereits eine Einmalzahlung von 100 Euro pro Person beschlossen. Durch das Maßnahmenpaket des Koalitionsausschusses sollen noch einmal 100 Euro hinzukommen.
Weitere Änderungen
Des weiteren plant die Regierung oder hat schon beschlossen:
- Senkung der Stromkosten durch die vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage ab dem 1. Juli 2022
- Anhebung des Arbeitnehmerpausch-Betrages
- Anhebung des einkommensteuerfreien Grundfreibetrages von zurzeit 9.984 Euro
- Anhebung der Fernpendler-Pauschale
- Verdoppelung des Heizkostenzuschusses für Empfänger/innen von Wohngeld, BAföG, Bundesausbildungshilfe oder Ausbildungsgeld
Zu den Punkten 2. bis 4. findest du im Beitrag "Bund hilft energieintensiven Unternehmen mit Milliarden und bekämpft Inflation mit Steuererleichterungen" genauere Infos.
Ausdrücklich im Koalitionspapier genannt wird auch das so genannte "Klimageld": "Um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Weg für Direktzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, wird die Bundesregierung möglichst noch in diesem Jahr einen Auszahlungsweg über die Steuer-ID" hierfür entwickeln.
Wie stark bist du von Preiserhöhungen und Knappheit betroffen?
Inwieweit bist du von den Energiepreis-Erhöhungen betroffen oder musst du aufgrund von Lieferausfällen sogar Schlimmeres befürchten? Helfen dir die geplanten Maßnahmen des Bundes und fühlst du dich dabei gerecht behandelt?
Wir freuen uns über deinen Kommentar!
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