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Laxe Prüfung von Coronahilfe-Anträgen Welche Verantwortung trifft Olaf Scholz?

(Update vom 15.03.21) "Welche Schuld hat Scholz?" titelt die Bild-Zeitung heute. Galt in der Öffentlichekeit bislang Peter Altmaier als Verantwortlicher für zu laxe Kontrollen, die die jüngst festgestellten Betrugsfälle bei November-, Dezember- und Überbrückungshilfe  ermöglichten, so rückt nun der Bundesfinanzminister in den Mittelpunkt der Affäre.

Bundesminister der Finanzen und Vizekanzler Olaf Scholz;

Altmaier hatte seinen Ministerkollegen Scholz bereits Ende 2020 bei der Entwicklung der Novemberhilfe darum gebeten, dass auch bei über Steuerberater eingereichten Anträgen sicherheitshalber Kontoverbindung, Steuernummern und andere Angaben mit den Finanzämtern abgeglichen werden. Dass es dazu nicht kam, ermöglichte es Betrügern, sich als Steuerberater auszugeben und in den fingierten Anträgen ihre eigene Bankverbindung anzugeben.

Finanz- an Wirtschaftsministerium: Prüfung der Bankverbindung "entbehrlich"

Der Bild-Zeitung liegt ein Schreiben des Finanzministeriums vom 21.12.2020 vor, laut dem bei über "prüfende Dritte" eingereichten Anträgen die Überprüfung der Bankverbindung "entbehrlich" sei, ebenso der Abgleich von Angaben wie der Steuernummer. Das Finanzministerium hat also eine Prüfung der Anträge bzw. die dafür nötige Schnittstelle verweigert!

Der VGSD hatte schon im März 2020 bei einem Treffen mit Peter Altmaier, Hubertus Heil und Staatssekretär Wolfgang Schmidt (Bundesfinanzministerium) gefordert, dass die Auszahlung der Hilfen direkt über die Finanzverwaltung erfolgen sollte. Anlässlich erster Betrugsfällen bei der Soforthilfe hatten wir im Mai darauf hingewiesen, dass diese durch eine Zuständigkeit der Finanzämter hätten verhindert werden können.

Die Vergabe der Hilfen über die Finanzämter wäre zudem für die von Berufsverboten betroffenen Selbstständigen vermutlich nicht nur sehr viel schneller und unbürokratisch, sondern auch würdevoller gewesen als der von der Regierung erzwungene Gang zum Jobcenter, der meist mit einer Ablehnung auch von Hartz IV endete.

VGSD fordert Untersuchung der Hintergründe und Motive

Wir fordern nun, dass die Hintergründe und Motive dieser folgenschweren Fehlentscheidung genauer untersucht werden. Immer wieder wurde die Entscheidung, die Coronahilfen nicht über die Finanzämter zu vergeben, damit begründet, zur Vergabe der Hilfen über die Finanzämter hätte es einer Gesetzesänderung bedurft und die Finanzämter wären mit der Vergabe der Hilfen überfordert gewesen.

Angesichts der großen Zahl von Gesetzesänderungen in den letzten zwölf Monaten, den häufigen Änderungen am Steuerrecht und der für gewöhnlich schnellen und reibungslosen Reaktion der Steuerbehörden auf diese Änderungen können wir diese Argumente nicht nachvollziehen. Möglicherweise gab es einen ganz anderen Grund für die Entscheidung, nämlich der Wunsch, die Selbstständigen auf Hartz IV zu verweisen.

Sollte aber tatsächlich die mangelnde Digitalisierung der Finanzämter der Grund für die Entscheidung sein, so stellt sich auch hier die Frage nach der Verantwortlichkeit hierfür.

Betrüger gaben sich als Steuerberater aus: Altmaier stoppt vorübergehend Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfe

(Update vom 10.03.21) Wir haben den Text unten aktualisiert und ergänzt, u.a. um den Screenshot eines Tweets des BMWi und der Auskunft, dass die Neustarthilfe NICHT von dem Auszahlungsstopp betroffen ist.

Wirtschaftsministerium überweist Corona-Hilfen an Betrüger, die sich als Steuerberater ausgaben

(Beitrag vom 09.03.21) Eigentlich sollte die Einbindung von Steuerberatern und anderen "prüfenden Dritten" Betrug verhindern. Doch wie sich jetzt herausstellt, wurde sie zum Einfallstor für Kriminelle:

Nachdem es schon bei der Soforthilfe Fälle gab, bei denen sich Betrüger mit falscher (Unternehmer-)Identität Hilfen erschlichen, scheinen sie sich nun als prüfende Dritte ausgegeben und Anträge für tatsächlich existierende, aber unbeteiligte Unternehmen gestellt zu haben. Die Förderung wurde dann direkt auf die von den Betrügern angegebenen Konten überwiesen.

Bemerkt wurde das im Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag letzter Woche. Seit Freitag, 05.03.21, wurde deshalb keine Überbrückungshilfe und auch die November- und Dezemberhilfe nicht oder nur noch eingeschränkt ausbezahlt. Die Strafverfolgungsbehörden sind selbstverständlich alarmiert.

Auszahlung soll "in Kürze" wieder beginnen

Mehr Informationen als diese Kachel waren auf der Website des BMWi zunächst nicht zu finden

Die direkt, ohne Hilfe von Steuerberatern vergebene Neustarthilfe ist nicht betroffen, wie uns das Ministerium gerade explizit bestätigt hat.

Ob auch Direktanträge auf November- und Dezemberhilfe von dem Auszahlungsstopp verschont bleiben, klären wir noch.

Durch Zuständigkeit der Finanzämter hätte man Betrugsfälle von vorn herein verhindern können

Tweet des BMWi vom 10.03.21 auf Anfrage unseres Mitglieds Branko Trebsche

Die Betrugsfälle sind politisch brisant, da das Ministerium bereits zum zweiten Mal Opfer von Identitäts-Betrug wurde und die Auszahlung dringend benötigter Hilfen sich durch die Reaktion des Ministeriums auf die Geschehnisse weiter verzögern  könnte.

Heikel ist auch, dass der Betrug nach unserem Verständnis überhaupt nur deshalb zustande kommen kann, weil der zuständige Minister eine Abwicklung über die Finanzämter verweigert hat.

Das Ministerium versucht indes zu beruhigen: Laut Business Insider sagte eine Sprecherin des BMWi heute Abend, dass die Auszahlungen "in Kürze" wieder beginnen würden: "Die Bearbeitung und Auszahlung der November- und Dezemberhilfe im regulären Fachverfahren durch die Bewilligungsstellen der Länder findet weiterhin statt".

Auch die Tagesschau hat über die Vorfälle berichtet.

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